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„Alles ist möglich“

Corona: „Wohlbedacht e.V.“ unterstützt weiter Familien

Annette Arand (rechts), 1. Vorsitzende des Vereins "Wohlbedacht", zusammen mit Petra Dahlemann, die bei "Wohlbedacht" unter anderem für das Schulungsprogramm zuständig ist. (Bild: sb)

Die Pflege von Demenzerkrankten in Zeiten von Corona stellt die Familien vor viele Probleme. Davon weiß auch Annette Arand zu berichten, die mit ihrem Verein „Wohlbedacht“ unter anderem eine Beratungsstelle für seltene Demenzerkrankungen ins Leben gerufen hat. Bei „Wohlbedacht“ handele man nach einer Demenz-Charta, die der Verein selbst erstellt hat. „Wir haben uns in den ganzen Jahren, in denen wir mit Demenzkranken arbeiten, auf bestimmte Werte verständigt, die für unsere Arbeit prägend sind, aber auch natürlich für Menschen, die in Quarantänezeiten mit ihren Angehörigen zuhause waren, weil die Tagespflegen geschlossen waren“, erklärt die 1. Vorsitzende des Vereins. In der Demenz-Charta von „Wohlbedacht“ steht an erster Stelle der Satz: „Alles ist möglich“. Und auch die Selbstbestimmung der Demenzkranken und die Achtung vor ihrer Individualität sei wichtig.

„In unserer Beratungsstelle für seltene Demenzerkrankungen und auch, weil unsere Tagespflege Rosengarten nicht geschlossen war, haben wir während des Corona-Lockdowns sehr viel mitbekommen, was in den Familien passiert ist“, sagt Annette Arand. „Es ist uns ein Anliegen, in einer Zeit, in der keine Angehörigenschulungen stattfinden können und die meisten Versorgungeinrichtungen geschlossen sind, den Familien ein bisschen Hilfe zu geben, damit sie leichter miteinander umgehen können.“

„Viele Kommunikationsfehler“

Aus ihrer Erfahrung wisse sie, dass es meist zu sehr vielen Kommunikationsfehlern komme. „Für den Demenzkranken zählt das Gefühl, wichtig zu sein. Die Angehörigen müssen lernen, aus der Bevormundung herauszukommen“, sagt Annette Arand. Auch wenn dies oft schwierig sei. „Was auch oft passiert ist: viele Angehörige dachten, dass Demenzerkrankte während der Ausgangsbeschränkungen nicht vor die Tür gehen dürfen. Das war aber nicht so.“ Deshalb betone man in der Demenz-Charta auch immer wieder: „Die persönliche Freiheit steht vor der persönlichen Sicherheit.“ Annette Arand erklärt das so: „Angehörige tun im Grunde alles, um die Gefahren für die Demenzkranken zu minimieren. Das ist natürlich richtig, aber einsperren darf man deshalb trotzdem niemanden. Wenn Menschen sich in der eigenen Wohnung eingesperrt fühlen, ist die Gefahr für Streitigkeiten und Überforderung auf beiden Seiten sehr groß. Und das sollte nicht sein.“

Schwere Zeit

Annette Arand weiß, wie schwer die Zeit für die Familien während des Corona-Lockdowns war: „Oft sind ja auch noch die eigenen Kinder da gewesen, die man neben dem Demenzerkrankten betreuen muss – und dann kommt womöglich noch das Homeoffice. Das ist eine schwierige Herausforderung. Wir hatten das Zehnfache an Beratungsanfragen.“ Und dies sei nach wie vor so. „Es ist in den jetzigen Zeiten oft schwierig, einen passenden Rat zu geben, da die normalen Instrumente, etwa bei der Suche nach einer Tagespflege oder nach einem Heimplatz, nicht greifen.“

Aus Sicht von Annette Arand hätten die Tagespflegen in einem stärkeren Maße auch während des Corona-Lockdowns arbeiten müssen. „Wenn die Politik klar gesagt hätte, dass alle Notversorgungen bestehen bleiben müssen, wäre das für die Kollegen sicher möglich gewesen.“ Da es auch bei „Wohlbedacht“ einen Aufnahmestopp gegeben habe, habe man versucht, möglichst viel über das Telefon zu beraten und zu coachen. „Und natürlich war auch unserer 24-Stunden-Krisendienst im Einsatz – und ist es selbstverständlich immer noch.“ Es sei immer möglich, Wege zu finden, um Hilfsleistungen zu erbringen, meint Annette Arand. „Ich bin sehr stolz darauf, was unsere Teams in Coronazeiten geleistet haben – und auch auf die Angehörigen, die auf vieles verzichten mussten.“

Demenzhelfer-Schulungen

Aufgrund der aktuellen Situation plant „Wohlbedacht“ auch wieder eine Demenzhelfer-Schulung. Hierzu findet am Montag, 15. Juni, von 17 bis 18 Uhr ein Infoabend statt. Weitere Informationen gibt es unter Tel. (089) 818020930.


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