Günstig, effektiv, intergrativ
Onlinekurse für Flüchtlinge in der Stadtbibliothek Sendling
"Wir brauchen noch mehr Stühle", sagt Barbara Kreder, die Leiterin der Stadtteilbibliothek Sendling mit strahlendem Gesicht und ist schon wieder weg, um selbst mit anzupacken. Immer mehr Leute strömen in das Untergeschoss der Stadtbibliothek. Alle wollen zu der Informationsveranstaltung "Deutsch lernen am Computer", in der es um ein Lernzentrum für Flüchtlinge geht, die in der Sprache des Herkunftslandes an Laptops in der Bibliothek künftig die Möglichkeit haben sollen, Deutsch zu lernen. Eingeladen wurden interessierte Bürger, die einen Beitrag zur Integration leisten und den Lerntreff unterstützen möchten. Dass es davon sehr viele in Sendling gibt, zeigte sich nicht nur durch den Besucheransturm, sondern auch durch viele konkrete Fragen und Vorschläge, die im Laufe der Veranstaltung aus dem Publikum heraus an die Verantwortlichen herangetragen wurden.
Zwei Schüler hatten die Idee
Jonas Wallstein, 10. Klasse, und Leonard Scharfenberg, 11.Klasse, des Klenze-Gymnasiums, hatten die Idee, dass man alte Laptops sammeln könnte, um sie für die Flüchtlingshilfe, insbesondere fürs Deutschlernen einzusetzen. Sie konnten dafür nicht nur Mitschüler begeistern, sondern auch Jonas Vater, Martin Wallstein, und Nadia Miloudi, die auch Schülermutter ist, und, wie sie sagt, am eigenen Leib erfahren hat, wie es ist in einem fremden Land sprachlich Fuß zu fassen. Bei ihrer Suche nach Knowhow für die Errichtung eines Lernzentrums, wurden die Initiatoren des Sendlinger Pilotprojekts nicht nur auf den Verein Asylplus aufmerksam, der ein praktisches und nahezu kostenloses Konzept entwickelt hat, Computerzentren für Flüchtlinge zu errichten, sondern sie fanden auch den perfekten Ort für das Lernzentrum: Die Stadtbibliothek in der Albert-Roßhaupter-Straße 8.
Sendlinger Bibliothek als Lerntreff
Ein öffentlicher Ort, an dem es kostenloses WLAN gibt und an dem man Flüchtlingen ermöglichen kann, eigenständig am PC Deutsch zu lernen, aber auch andere Online-Bildungsangebote zu nutzen, das ist die Bibliothek Sendling. "Wir verstehen uns auch als einen Ort, der aktive Willkommenskultur praktiziert", bestätigt Barbara Kreder, die Leiterin der Bibliothek den Zuhörern ihren Bildungsauftrag und erläutert, dass alle 22 Münchner Stadtbibliotheken nicht nur E-Zeitungen in 50 verschiedenen Sprachen zu bieten haben, sondern auch Flyer in 25 Sprachen, sowie Bücher und es jeden Mittwochnachmittag um 17 Uhr ein Sprachcafé gebe, das sehr gut angenommen werde und von zwei Studentinnen, die Deutsch als Fremdsprache studieren, professionell betreut werde.
Im Lerntreff, "Deutsch lernen am Computer", der jetzt in Zusammenarbeit mit Asylplus e.V. in der Bibliothek eingerichtet wird, können nun Flüchtlinge, die sich in der Bibliothek einen für sie kostenlosen Ausweis haben machen lassen, jeden Montag ab 17 Uhr mit Helfern, aber auch eigenständig während der Öffnungszeiten, an einem Laptop das kostenlose WLAN der Bibliothek und die Lernplattform von Asylplus e.V. nutzen.
Asylplus liefert das Knowhow
Waltraud Haase ist die zweite Vorsitzende des Vereins Asylplus. Obwohl sie gerade noch mit einem Infekt kämpft, sprüht die Mathematikerin und Computerexpertin im Ruhestand, als sie den Zuhörern berichtet, wie alles angefangen hat. Sie sollte in ihrem Heimatort Bad Tölz einer kleinen Gruppe von Flüchtlingen Deutsch beibringen und hatte damals keine Vorstellung davon, dass aus ihrem lokalen Engagement eine deutschlandweite Erfolgsgeschichte werden würde. "Nach dem "Tölzer Modell" ist Hilfe in Sachen Deutschunterricht für Flüchtlinge erwünscht, aber sie soll nichts kosten", so Haase. Wie sie sich von der Null-Kostenvorgabe der Stadt Tölz nicht abschrecken ließ und zusammen mit einem Team von sehr engagierten Helfern ihr erfolgreiches Projekt entwickelt hat, schildert sie sehr lebendig und mit vielen eindrücklichen Beispielen.
Wie kann man helfen?
Neue Schüler an der Hand zu nehmen, mit ihnen ein eigenes Login mit Benutzer-, Kennwort und einem Passwort einzurichten, dieses zu dokumentieren und ihm die Lernplattform zu erklären, wo es Links zu den verschiedensten Online-Kursen gibt – das ist die Hauptaufgabe der Helfer. Interessierte melden sich am besten im Helfertreff im Alten- und Servicezentrum in der Daiserstraße 37, der sich montags um 19.30 Uhr trifft. Die Koordinatoren Nadia Miloudi und Martin Wallstein kann man kontaktieren und auf der Webseite von Asylplus gibt es alle Informationen rund um das erfolgreiche Konzept, das Flüchtlingen ermöglicht sich eigenständig und in ihrer Sprache auf den Weg zu Sprachkenntnissen und Bildung zu machen.
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