"Kloagartler" feiern ganz groß
Statt Gartenzwergdiktatur ganz viel Geselligkeit
Man könnte schon fast sagen, dass der Kleingartenverein München Süd-West 12 e.V. traditionell seine Jubiläen mit rauschenden Festen begeht, die über mehrere Tage andauern. Wie man der Festschrift entnehmen kann, wurde bereits das 75. Jubiläum mit einem dreitägigen Fest gewürdigt. Am Wochenende (3. bis 5. Juli) wird der Verein 100! Seit Wochen sind die Vereinsmitglieder damit beschäftigt, das Programm zu erstellen. Von Jung bis Alt soll jeder auf seine Kosten kommen bei Weißwurstfrühschoppen, Kinderschminken, Kinderprogramm, viel Musik, auch einem Festabend mit Showband, kulinarischen Genüsse vom Grill und natürlich auch Festansprachen. Hier wird man auch einiges über die lange Geschichte des Vereins erfahren.
Pfarrer aus Afrika stiftete nachbarschaftlichen Frieden
Auch eine "Waldlermesse", die am Sonntag um 10.30 Uhr bei gutem Wetter unter freiem Himmel stattfindet, wird abgehalten. Dazu reist Pfarrer Patrice Koffi an, der ursprünglich aus Togo in die angrenzende Kirchengemeinde St. Philippus kam und durch den sich das etwas gespaltene Verhältnis zwischen dem Verein und der angrenzenden Pfarrgemeinde erheblich verbesserte. Dass das nachbarschaftliche Miteinander zwischen der Kirchengemeinde und dem Kleingartenverein nicht von Beginn an ein herzliches war, hatte einen handfesten Grund: Laut Festschrift war es für den Verein ein "besonders dunkler Punkt" in der Vereinsgeschichte, als 1978 rund 19 Gärten für den Neubau des Pfarrzentrums St. Philippus weichen mussten. Das traf den Verein als Gemeinschaft sehr hart, denn nicht alle ehemaligen Gartenbesitzer konnten mit einem anderen Garten versorgt werden.
Miteinander wird gefördert
Grundsätzlich, stellt der Vorstandsvorsitzende Günter Pöschl fest, dienen Kleingärten nicht nur der Hege und Pflege von Natur im städtischen Bereich, sondern besonders auch dem sozialen Miteinander: "Wir lehren unsere Kinder, wie es ist, in einer weitgehend intakten Gemeinschaft zu leben. So lehren wir sie die Eigenverantwortung und das Durchsetzungsvermögen, aber auch die Hilfsbereitschaft und die Rücksichtnahme sowie den Respekt vor dem Alter und vor den Bedürfnissen Anderer", schreibt er im Grußwort der Festschrift und betont diesen Aspekt auch ausdrücklich im Interview.
Der ehemalige Mitarbeiter der Kriminalpolizei ist seit 31 Jahren der amtierende Vorstand des Vereins, der am 24. September 1915 gegründet wurde. "Mir ist es wichtig, dass ich weiß, was jeder einzelne für Fähigkeiten hat. Brauche ich dann für eine bestimmten Bereich Unterstützung, wende ich mich an denjenigen, der dafür am besten geeignet ist", sagt Pöschl und damit, so fährt er fort, mangelt es nie an Mitgliedern, die bereit sind, sich über ihre Gartenzelle hinaus für den Verein zu engagieren.
Im Krieg wurden Kleingärten zu Nutzgärten
In alten Protokollen, aus denen Pöschl seine Informationen für die Festschrift gezogen hat, wurde auch festgehalten, wie die Kleingartenanlage in den zwei Weltkriegen genutzt wurde. Eine große freie Spielfläche wurde in beiden Kriegen zu Ackerland umgewandelt, war doch in Hungerzeiten der Anbau von Gemüse und Obst ein Segen. Sogar Tierhaltung war zeitweise in der Gartenanlage erlaubt. Günter Pöschl kann sich noch daran erinnern, dass der Gartenwärter neben Kaninchen auch eine Ziege hielt und dass nach dem Krieg in der Anlage auch eine Kanarienvogelzucht betrieben wurde.
Genuss und Geselligkeit
Wenn man in der ausführlichen Festschrift zum hundertjährigen Jubiläum des Kleingartenverein München Süd-West 12 e.V. schmökert, blitzt nicht nur immer wieder der Humor des Verfassers durch, sondern es kommt auch zum Ausdruck, dass die Gartlern viel Wert auf Geselligkeit und Genuss legen. Unzählige Feste wurden schon gefeiert und in der Vereinsgaststätte "Winkerlstüberl" gibt es nicht nur an jedem ersten Samstag im Monat einen Weißwurstfrühschoppen, sondern Bewirtung ab 10 Uhr von Dienstag bis Sonntag – auch im großzügigem Biergarten, wo man auch im Regen draußen sitzen kann. Es findet zudem regelmäßig ein Musikantenstammtisch statt, der so regen Zulauf hat, dass man sich vorher anmelden muss.
So ist es nicht verwunderlich, dass es für den Verein keineswegs schwer ist, für die 93 Gärten Pächter zu finden. "Letztens hatten wir zwar eine regelrechte Kündigungswelle, weil einige unserer älteren Mitglieder den Garten aufgrund der Belastung aufgegeben haben", so Pöschl. "Aber dafür können dann junge Familien, die auf der Warteliste stehen, nachrücken. So haben wir im Verein eine gute Mischung zwischen Jungen und Alten."
Weitere Informationen zum Fest und zum Verein findet man unter www.kleingartenverein-sw12-muenchen.de im Internet.
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