Hotel ja, Wohnen nein
Bezirksausschuss 19 diskutiert über die Pläne für den Campus Süd und das Hochhaus
Ein Hotel oder ein Technologiezentrum im ehemaligen Siemens-Hochhaus, das könnten sie sich vorstellen, die Mitglieder des Bezirksausschusses (BA) 19. Aber Wohnungen? Diesem Vorhaben erteilte das Gremium in seiner November-Sitzung eine klare Absage. Eine Umnutzung des Hochhauses zu Wohnzwecken käme weiterhin nicht in Frage, heißt es in der Stellungnahme zum Beschlussentwurf zur Umstrukturierung des Areals Campus Süd und Hochhaus an der Baierbrunner Straße, die der BA gemeinsam formulierte und mit Mehrheit verabschiedete.
Kein hochwertiges Wohnen
Die Kritikpunkte sind umfangreich. Der Zuschnitt der Wohnungen deute nicht auf finanzierbaren Wohnraum für Durchschnittsverdiener hin. Zudem lasse die Nordorientierung des Gebäudes und dessen bisherige Nutzung als Bürohaus kein qualitativ hochwertiges Wohnen zu. Bezweifelt wird auch die Realisierbarkeit einer entsprechenden energetischen Sanierung. Ungeklärt seien die Probleme mit der Windstärke, insbesondere bei den potentiellen Erdgeschossnutzungen, hieß es in der Sitzung weiter. Eine Situierung der Freiflächen einer geplanten Kindertagesstätte in der Nähe des Hochhauses sei in diesem Zusammenhang geradezu fahrlässig. Durch die geplante Entfernung der denkmalgeschützten Fassade verliere das Gebäude außerdem jegliche Denkmaleigenschaft.
Oberste Geschosse für Öffentlichkeit
Kritik übte der BA auch daran, dass die öffentliche Nutzung des Hochhauses in den beiden obersten Etagen, wie sie einst der Stadtrat gefordert hatte, im Entwurf nicht vorkommt. "Der BA 19 beantragt ausdrücklich, dass der Stadtratsbeschluss zum Absatz ,Öffentliche Nutzung des obersten Geschosses' seinem Wortlaut nach umgesetzt wird", heißt es in der Stellungnahme. Mit Nachdruck forderte das Gremium die Einrichtung von 30 Prozent gefördertem beziehungsweise sozialorientiertem Wohnraum und kritisierte gleichzeitig, dass im Hochhaus nur zehn Prozent dieser Wohnungen vorgesehen seien und die Quote "im Umgriff" nachgewiesen werden solle. Michael Kollatz hakte an dieser Stelle nach: "Sind hier Mietwohnungen im München-Modell geplant?", wandte er sich an die in der Sitzung anwesende Anina Bühler vom städtischen Planungsreferat. Dies liege beim Eigentümer, so Bühler. Er habe die Wahlmöglichkeit zwischen Miet- und Eigentumswohnungen. "Im Hochhaus sind keine München-Modell-Mietwohnungen vorgesehen", betonte sie.
Bühler versuchte in der Sitzung, die Kritik etwas abzufangen. So hätten drei Planungsbüros dem ehemaligen Siemens-Hochhaus eine gute Wohnqualität bescheinigt. Die Windverhältnisse auch an den anderen geplanten Hochhäusern habe man im Auge. "Wir wissen, dass die Windverhältnisse an hohen Gebäuden besondere sind", sagte Bühler. Ein Großteil der Bausubstanz am Hochhaus könne erhalten werden, und die Errichtung der sozialorientierten Wohnungen werde vertraglich gesichert.
S7 und U3 an Belastungsgrenze
Als "mangelhaft" bezeichneten die BA-Mitglieder die Erschließung des gesamten Wohnquartiers zwischen Wolfratshauser- und Hofmannstraße sowie dem Siemenssportpark mit dem Öffentlichen Personennahverkehr. Die zum Teil nur eingleisige S7 sei "störanfällig" und komme gemeinsam mit der U3 im Berufsverkehr an ihre Belastungsgrenze. Das Gremium fordert deshalb, dass, sollte die Trambahn-Westtangente kommen, die Straßenbahnlinie über die heute vorgesehene Endhaltestelle Aidenbachstraße hinaus bis in das Planungsgebiet verlängert wird. Mit Blick auf den Individualverkehr betonte Michael Kollatz: "Wohnen ohne Auto ist eine Zielvorstellung, wenn wir eine gute ÖPNV-Anbindung haben." Der BA setzt sich aus diesem Grund in der Stellungnahme für Angebote zum autofreien Wohnen, Carsharing und Elektromobilität ein, nichtzuletzt auch, um dadurch Baukosten zu reduzieren.
"Hochpunkte" als Akzente
Hinsichtlich der geplanten Hochhäuser auf dem Areal, fordert der Ausschuss in der Stellungnahme, dass "einzelne Gebäude als ,Hochpunkte' Akzente setzen sollen". Bei der Platzierung dieser Hochpunkte sei darauf zu achten, dass für die benachbarte Wohnbebauung keine Nachtteile entstehen. Zudem solle eine Störung der Sichtachsen vermieden werden.
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