Richtiges Handeln kann Leben retten
Wohin im medizinischen Notfall?
Ein Ausrutscher am Isar-Ufer, ein Sturz vom Klettergerüst im Tierpark oder von der Leiter beim Fensterputzen: Unfälle passieren immer völlig überraschend. Gut, wenn man in solchen Fällen sofort weiß, was zu tun ist. Wir haben uns bei Notfallexperten Dr. Thomas Löffler, Chefarzt der Unfallchirurgischen Abteilung der Chirurgischen Klinik Dr. Rinecker, erkundigt.
Ich mache mit Freunden einen Fahrradausflug, ein Mitfahrer stürzt, kann nicht mehr aufstehen. Was tun?
Löffler: Ganz klar: Sie sichern die Unfallstelle, ergreifen die notwendigen Erste-Hilfe-Maßnahmen und rufen die 112. Egal wo in Deutschland Sie sind – Sie erreichen damit Notarzt, Feuerwehr und Rettungsdienst. Ganz entscheidend dafür, dass Sie schnell die richtige Hilfe kriegen, sind Ihre Angaben am Telefon. Also: Wo exakt ist die Unfallstelle, wie findet man sie am besten? Was ist geschehen?
Wieviele Verletzte gibt es und wie ist deren Zustand? Vergessen Sie nicht zu sagen, wer Sie sind und nennen Sie Ihre Telefonnummer für Rückfragen.
Was geschieht dann?
Löffler: Der Notarzt versorgt den Patienten vor Ort und der Rettungsdienst fährt eine der nächstgelegenen Unfallkliniken an, wobei es da schon Schwerpunkte gibt. Becken- und Schenkelhalsbrüche zum Beispiel werden sehr häufig zu uns in die Rinecker Klinik gebracht. Davon versorgen wir 200 bis 250 pro Jahr und sind schon rein statistisch in Bayern ganz vorne. Auch bei einem Polytrauma – das ist eine Serie von verschiedenen Verletzungen, die in der Summe lebensbedrohlich sind – fährt der Rettungsdienst nur Kliniken an, die wie wir die entsprechende Versorgung sicherstellen können.
Was muss eine Klinik leisten können, um ein Polytrauma behandeln zu können?
Löffler: Bei solchen Schwer- und Schwerstverletzten muss ein Standort interdisziplinär breit genug aufgestellt und ausgestattet sein. Man folgt heute einer standardisierten Vorgehensweise, dem so genannten ATLS-Konzept, kurz für Advanced Trauma Life Support. Mitarbeiter sind darauf geschult, vom lebensbedrohlichen zum weniger lebensbedrohlichen Zustand vorzugehen. Das beginnt im Schockraum und schon nach wenigen Minuten wird der Patient durch die sogenannte Polytrauma-Spirale gefahren. Dabei handelt es sich um ein Ganzkörper-CT, das uns innerhalb von 20 Sekunden über das gesamte Verletzungsmuster informiert. Das ist so ähnlich, als ob Sie kurz einen Barcodescanner darauf halten. Von da geht es je nach Bedarf auf die Intensiv-Station zur Überwachung oder in den Notfall-OP. Das alles dauert nur wenige Minuten, denn die Geschwindigkeit entscheidet oft über Leben oder Tod.
Zurück zum Unfall: Was mache ich, wenn Verletzungen nicht so schwer sind, aber wegen der Schmerzen behandelt werden müssen?
Löffler: Da gibt es viele Möglichkeiten. Unter der Woche haben auch viele chirurgische und orthopädische Praxen einen Notfalldienst. Da ist es gut, sich einmal die rauszusuchen, die am nächsten an der eigenen Wohnung liegt. Außerdem sollte man die nächste 24h Klinik-Notaufnahme kennen, besonders für nachts und am Wochenende. Die jeweiligen Telefonnummern und Adressen gehören daheim an die Pinnwand und ins Handy. Das spart im Ernstfall wertvolle Minuten!
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