Wie geht Schule besser?
SPD diskutiert über neue Bildungspolitik in Bayern
"Schule geht besser!" ist die SPD im Landtag überzeugt und lädt zu einem öffentlichen Fachgespräch über eine neue Bildungspolitik in Bayern am Montag, 6. Juni, um 19 Uhr im Stemmerhof (Plinganserstr. 6) ein. MdL Martin Güll (Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag) und MdL Florian von Brunn diskutieren. Der Eintritt ist frei, Bürger sind herzlich willkommen. Martin Güll sprach vorab mit Johannes Beetz darüber, wie er sich die "bessere Schule" vorstellt.
"Es kam nur Stress heraus"
Sie sind der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag. Sie werten die Anmeldezahlen für die Mittelstufe plus für das kommende Schuljahr als Argument für ein neunjähriges Gymnasium. Ist G8 ein Fehler?
G8 ist nicht grundsätzlich ein Fehler. Man kann sich auch auf ein Abitur in acht Schuljahren vorbereiten. Das zeigen ja einige Bundesländer und auch europäische Länder. G8 in Bayern war aber von Anfang an ohne Konzept, völlig überstürzt eingeführt und ohne Bereitschaft der CSU-Fraktion, das Gymnasium auf vollkommen neue Beine zu stellen. Es kam nur Stress und Belastung für die Schülerinnen und Schüler heraus. Damit muss jetzt Schluss sein. Vieles spricht dafür, dass bei den bayerischen Verhältnissen und Vorgaben eine neunjährige Bildungszeit die bessere Form ist. Und die Eltern haben das ja auch durch ihr Anmeldeverhalten bei der Mittelstufe plus gezeigt. Wenigstens dort, wo sie die Wahl hatten.
Allerdings ist der Versuch, die Belastungen durch eine gedehnte Mittelstufe abzufedern, keine Lösung auf Dauer, verändert sich doch in der Unter- und vor allem auch in der Oberstufe nichts. Deshalb fordert die SPD ein modernes neunjähriges Gymnasium mit klaren Strukturen und überarbeiteten Stundentafeln und Lehrplänen. G9 ist für die meisten bayerischen Schüler der bessere Weg. Für die leistungsstarken Schüler kann man dann immer noch pädagogisch unterstützte Überholspuren einführen.
"Ausreichend Lehrer müssen bereitstehen"
Schulen sind oft die ersten Stationen, in denen Flüchtlinge in den Alltag hierzulande eingebunden werden. Wie meistern die Schulfamilien diese Aufgabe? Halten Sie die Zahl der Lehrer z.B. für Sprachunterricht für ausreichend?
Schulen spielen eine zentrale Rolle bei der Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Kinder und Jugendlichen so schnell wie möglich in den Schulen ankommen, auch nach der Pflichtschulzeit. Allerdings: Integration durch Bildung, insbesondere der Spracherwerb, muss Aufgabe aller Schularten in Bayern sein. Diese große Herausforderung können nicht nur die Pflichtschulen meistern. In jedem Fall gilt: Es müssen ausreichend Lehrkräfte, wenn möglich mit dem Zusatzfach Deutsch als Zweitsprache in den Schulen bereitstehen, dazu weiteres pädagogisches Personal, um vor allem die traumatisierten Kinder und Jugendlichen unterstützen zu können. In Ansätzen klappt diese Arbeit in den Schulen schon ganz gut, allerdings oft noch ohne die geforderte personelle Unterstützung.
"Schüler profitieren enorm"
Sie möchten an jeder bayerischen Schule ein Ganztagsangebot haben; in München gibt es bereits Realschulen, die ausschließlich als Ganztagsschulen laufen. Manche Eltern möchten ihre Kinder aber lieber selbst betreuen. Gefährdet der Ausbau des Ganztagsangebots die Wahlfreiheit der Familien?
Nein. Natürlich sollen Eltern Wahlfreiheit haben. Aber Ganztagsangebote müssen auch qualitativ gut sein, damit Kinder und Jugendliche davon profitieren. Dafür braucht es verlässliche Strukturen. Der Staat kann und soll nicht jeden Wunsch der Eltern nach Ganztagsbetreuung erfüllen. Gerade die Münchner Ganztagsrealschulen zeigen, dass nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser gelingt, sondern auch die Schüler enorm davon profitieren, wenn es ein verbindliches und über den Tag rhythmisiertes Ganztagsangebot gibt. Wenn Kinder in gute Ganztagsschulen gehen, bleibt für ein entspanntes Familienleben viel mehr Zeit. Denn nach 16 Uhr ist Schule vorbei und wirkliche Freizeit angesagt. Kein Hausaufgabenstress mehr! Das wird viele überzeugen.
"Die besten Kräfte für die Kleinsten"
Pädagogisches Personal fehlt in Kitas, die Ausbildung ist lang und kostspielig. Junge Lehrer finden oft keine langfristige Anstellung, so dass ihnen und ihren Familien Perspektiven fehlen. Diesen Menschen vertrauen wir das Wichtigste, unsere Kinder, an. Wie können diese Berufe aufgewertet und die Rahmenbedingungen verbessert werden?
In der Tat ein wirklich drängendes Problem. Uns fehlen Erzieherinnen und Erzieher in unseren Kitas. Das lösen wir allerdings nicht dadurch, dass diese Aufgaben arbeitslose Grundschullehrkräfte übernehmen. Denn diese brauchen wir in den Grundschulen noch dringend, um die letzten großen Klassen abzubauen, die mobile Reserve aufzustocken und endlich da und dort auch Zweitkräfte in die Klassenzimmer zu bringen. Die Ausbildung der Erzieher/innen ist prinzipiell gut, allerdings müssen wir dringend auch mehr universitär ausgebildete Kräfte in die Kitas bringen, weil auch im frühkindlichen Bereich die Herausforderungen größer werden. "Die besten Kräfte für unsere Kleinsten" muss der Wahlspruch sein. Wenn die Ausbildung angehoben wird, steigt auch die Bezahlung und der Beruf wird für Männer und Frauen attraktiver. Den Rest müssen die Tarifpartner lösen. Hier kann die Politik helfen, indem sie die Refinanzierungsbedingungen deutlich verbessert.
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