„Schuljunkie ist auf Entzug“
Schüler verabschieden Jürgen Walther in den Ruhestand
Am Ende ließ es der scheidende Schulleiter so richtig rocken. Die harten Rhythmen von Ray Davies lockerten die Erinnerungen des Schulleiters auf. „Damals war es ganz anders als heute“, teilte er den Gästen seiner Abschiedsfeier von der Mittelschule in der Wiesentfelser Straße mit. Mit den Marotten der 36 Moosacher Hauptschüler konfrontiert wollte der Junglehrer nach einem Vierteljahr den Dienst quittieren. Zum Glück hat Walther durchgehalten. Er hat an verschiedenen Schulen schnell herausgefunden wie die Kinder ticken, wie das System läuft und wie Lehrer und Eltern zu handhaben sind. Mit Erfolg. In den vergangenen 13 Jahren, die Walther an der Aubinger Schule gewirkt hatte, hat er mit seinem Team viel erreicht. Höhepunkt war 2013 der Sieg beim bundesweiten Wettbewerb „Starke Schule“. Noch wichtiger war Walther, dass die Maxime „für alle Schüler einen Abschluss“ erreicht werden konnte.
Vor solchen Ergebnissen zog auch Schulrat Hans-Arnold Bauer den Hut. Schließlich liegt der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund bei 80 Prozent und 50 Prozent der Schüler brauchten Förderung in Deutsch. „Walther hat ein stückweit die autonome Schule realisiert“, sagte Bauer. Für die Schulbehörden sei er kein einfacher Schulleiter gewesen. „Ich war oft unbequem, aber zu keinem Zeitpunkt illoyal“, ergänzte Walther. Elterncafé, Lerncamps, Berufspaten, Leseförderung, Vernetzungen zu Wirtschaft und Kultur, Fördermaßnahmen und die Streitschlichtung als bundesweites Vorzeigeprojekt sind einige der Dinge, die zusätzlich zum Unterricht an der Schule eingeführt worden waren. Vor allem der Übergang zwischen Schule und Beruf war ein besonderer Schwerpunkt an der Wiesentfelser Mittelschule. Und dank der vielen Fördermöglichkeiten sei dieser Übergang besonders positiv verlaufen.
Rentner mit viel Zeit
Mit verschiedenen Einlagen verabschiedeten sich das Lehrerkollegium und die Schüler von ihrem Schulleiter. Es gab Percussion, Zaubereien, es wurde getanzt und musiziert. „Sie waren ein menschlicher, lieber Rektor, die Schüler waren immer das Wichtigste und Sie hatten stets eine offene Türe für uns“, lobte eine Schülerin. Was er denn im Ruhestand machen werde, werde er oft gefragt, berichtete Walther. Seine Antwort: „Nichts. Ich werde ein Rentner mit viel Zeit sein“. Langweilig werde es ihm sicher nicht werden. Walther hat zwei Obstgärten, er liebt Literatur, Kunst und Städtereisen und freue sich darauf, mehr Zeit mit seiner Frau zu verbringen.
Bevor es jedoch zu traurig werden konnte, heiterten die beiden Polizisten der örtlichen Dienststelle die Gesellschaft auf. Sie stürmten in den Saal und legten Walther in Handschellen. Nur unter dem Versprechen in Sachen Schule nicht rückfällig zu werden und dank seiner Frau, die ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte, ließen die Gendarmen mit Augenzwinkern von ihrem Vorhaben ab, Walther in eine "Pensionistensammelstelle" zu bringen. Stattdessen durfte er sich am Büffet laben und sich in aller Ruhe von der Vielzahl an Gratulanten verabschieden. Den Lehrern, Eltern und Schülern teilte Schulrat Bauer noch eine gute Nachricht mit. Damit es an der Mittelschule so positiv weitergehen kann wie bisher, wurde die bisherige Konrektorin Elsbeth Zeitler befördert. Sie wird neue Schulleiterin werden und für Kontinuität sorgen.
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