Nachverdichtung "mit Maß und Ziel"
Büger fordern konkrete Rahmenbedingungen für Schweizer Viertel
Es tut sich viel im 19. Stadtbezirk: die Bebauung auf dem ehemaligen Eon-Gelände, die Planungen am Ratzingerplatz und auf dem Campus Süd mit dem Siemens-Hochhaus sind nur einige der wichtigen Vorhaben. Auch Unterkünfte für Flüchtlinge - bereits vorhandene und geplante - beschäftigen die Menschen im Münchner Süden. Doch letztlich war es insbesondere ein Thema, das so viele Bewohner in den Bürgersaal Forstenried zur Bürgerversammlung zog: die geplante Nachverdichtung im sogenannten Schweizer Viertel.
Aufstockung und Neubauten
Konkret geht es um ein Gebiet beiderseits der Appenzeller Straße und der Bellinzonastraße. Das rund 15,4 Hektar große Areal befindet sich überwiegend im Eigentum der Bayerischen Versorgungskammer, die hier in den 60er Jahren knapp 1.500 Wohnungen errichtet hatte. Nun soll mittels Aufstockung und Neubauten nachverdichtet werden. Von 600 zusätzlichen Wohneinheiten ist die Rede. Einen Bürger-Workshop wenige Tage vor der Bürgerversammlung, zu dem die Versorgungskammer, die Landeshauptstadt München und der Bezirksausschuss (BA) 19 eingeladen hatten, nutzten die Anwohner, ihre Bedenken einzubringen.
Stadtrat soll seinen Beschluss ergänzen
In der Bürgerversammlung machte die "Bürgerinitiative Pro-Fürstenried" den Anfang mit einem Antrag, in dem der Stadtrat aufgefordert wird, seinen Beschluss zur Nachverdichtung zu ergänzen und weitere Rahmenbedingungen und Faktoren für den Umfang der Nachverdichtung festzulegen.
So fordert die Initiative unter anderem, dass die Grundschule an der Walliser Straße rechtzeitig den Bedarf an Grundschulplätzen decken kann und ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen werden.
"Sofern es keine baulichen Möglichkeiten zur verkehrlichen Ertüchtigung der Neurieder- und Graubündner Straße nebst Kreuzungen gibt, findet deren Aufnahmekapazität als limitierender Faktor Berücksichtigung bei der Anzahl der neuen Wohnungen", heißt es in dem Antrag weiter. In Sachen Ökologie soll der Erhalt alter, nicht ersetzbarer Bäume sowie Baumgruppen und Hecken als wertvolle Biotope für Vögel und Igel festgeschrieben werden. "Wir sind nicht gegen die Nachverdichtung, sondern wir wollen sie mit Maß und Ziel", so Andreas Art von Pro-Fürstenried. Im Anschluss daran überreichte er Münchens dritter Bürgermeisterin Christine Strobl, die die Versammlung leitete, rund 300 Unterschriften von betroffenen Anwohnern. Der Antrag der Bürgerinitiative wurde angenommen.
Natur erhalten
"Ich stehe hier für ein kleines Stück Stadtnatur", so eine weitere Bewohnerin des Schweizer Viertels, die den Erhalt der gesamten Grünbereiche, besonders der wertvollen Baumgruppen im geplanten Baubereich der Versorgungskammer in Fürstenried West beantragte. "Wir haben hier wunderschöne Baumgruppen und Spielplätze. Ich habe die Bäume gezählt und eine Bestandsaufnahme gemacht, die Sie auf der Website von Pro-Fürstenried finden", so die Bürgerin weiter, deren Antrag ebenfalls mit Mehrheit verabschiedet wurde.
"Die Bayerische Versorgungskammer hat nicht das geringste Interesse an Maßnahmen, die zu einer qualitativen Verschlechterung und negativen sozialen Entwicklungen im Viertel führen", sagte Marion Wolfertshofer, leitende Baudirektorin des städt. Planungsreferats. Als sie um Vertrauen warb, äußerten einige Besucher ihren Unmut.
200 Vorschläge
Großen Raum nahm auch das Thema Verkehr ein. Anke Sponer vom Verein Verkehrsberuhigung München forderte Auskünfte zum Stand des Verkehrskonzeptes für den Stadtbezirk 19. "Wir setzen uns weiterhin für mehr Sicherheit im Straßenverkehr ein, vor allem, um unsere Kinder und Senioren zu schützen. Wir fordern eine Reduzierung von Gesundheitsbelastungen wie Lärm und Schadstoffe, die bei uns teilweise erheblich über den gesundheitsschädlichen Werten liegen", betonte Sponer.
Zu diesem Thema sind laut Christine Strobl rund 200 Vorschläge eingegangen, die nun von der Stadtverwaltung geprüft werden müssen. BA-Vorsitzender Ludwig Weidinger dämpfte Hoffnungen auf einen "großen Wurf". Seine Befürchtung: "Wir müssen uns da wohl mit Detaillösungen behelfen."
Sehr gute Sicherheitslage
Positives hatte Susanne Dittmaier, Leiterin der Polizeiinspektion 29, zu berichten. Es gebe im Viertel keine sogenannten Hotspots. Die Zahl der Straftaten sei um 17 Prozent gesunken, die Aufklärungsquote liege bei 61,8 Prozent. Zurückgegangen seien Sexualdelikte sowie Einbruchs- und Raubdelikte. Ebenfalls rückläufig sei auch die Zahl der Wohnungseinbrüche. "Wir haben im vergangenen Jahr 167 Hinweise aus der Bevölkerung zu verdächtigen Wahrnehmungen bekommen", so Dittmaier. Eine Steigerung sei jedoch beim Trickbetrug zu verzeichnen. "Die Sicherheitslage im Bezirk ist sehr gut", betonte Dittmaier und bat die Bürger um Unterstützung: "Teilen Sie uns Verdächtiges mit. Scheuen Sie sich nicht, die 110 zu wählen."
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