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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Steine für die Ewigkeit
Totengedenken im Jüdischen Friedhof Gauting
Traditionell veranstaltet der Verein Gedenken im Würmtal die jährlichen Gedenkmärsche entlang der Mahnmale für die Opfer des Todesmarsches aus dem KZ Dachau. Doch zu der Gedenkarbeit des Vereins gehört genauso die Ehrung der Toten auf dem Jüdischen Friedhof in Gauting. „Wir begehen dort heuer zum neunten Mal den Totensonntag“, lud Friedrich Schreiber, Gründer und Vorsitzender des Vereins ein.
Ganz besonders dankte er dem Rotary-Club Gauting-Würmtal, der Gemeinde Gauting sowie der Stiftung Bayerische Gedenkstätten für die Errichtung zweier Informationsstelen auf dem Friedhof, die viele Informationen zum Jüdischen Friedhof und seinem Entstehen beinhalten. Der Friedhof entstand nach Vorlagen des Patientenkomitees des Luftwaffenhospitals Gauting. Hier wurden nach dem Krieg ehemalige jüdische lungenkranke KZ-Häftlinge behandelt. Das Komitee vertrat die Interessen der jüdischen Patienten und setzte eine ihrem Glauben gemäße Beerdigung am Waldfriedhof Gauting durch.
Schüler einbeziehen
171 ehemalige KZ-Häftlinge fanden hier ihre letzte Ruhe. Auf Betreiben dieses Komitees wurde das erste Holocaustmahnmal auf deutschem Boden auf dem Gautinger Friedhof aufgestellt. Die Inschrift verweist auf die sechs Millionen jüdische Opfer des Naziregimes. Doch auch darüber hinaus wurden jüdische Bürger hier begraben. Darüber berichtete die Familie Kleinmann während der Feierstunde am diesjährigen Totensonntag.
„Mein Vater hatte schon alles für seine Ausreise nach Israel bereit gehabt, als bei ihm Tuberkulose diagnostiziert wurde. Er war Überlebender des KZ Oranienburg und wollte mit mir und meiner Mutter Deutschland verlassen. Doch mit dieser Diagnose war es unmöglich. So zogen wir alle nach Gauting. Leider konnte er nicht geheilt werden, sondern verstarb 1947 hier.“ Als ihre Mutter 1996 starb, wurde sie neben ihrem Mann beerdigt.
Zur Feierstunde am Totensonntag begrüßte Friedrich Schreiber auch Jan Mühlstein von der Liberalen Jüdischen Gemeinde in München, „Beth Shalom“, und deren Kantor Nikola David sowie Gemeindevertreter aus Gauting und Krailling. Mit der traditionellen Namenslesung der Opfer durch Schüler des Otto-von-Taube-, des Feodor-Lynen- sowie des Kurt-Huber-Gymnasiums sowie durch das Legen von Steinen auf die jüdischen Gräber als Sinnbild für die Ewigkeit ging die Feierstunde zu Ende. „Es ist uns sehr wichtig, Schüler in das Gedenken einzubeziehen“, so Schreiber. „Wir haben einen intensiven Schüleraustausch zwischen unserem Gautinger Otto-von-Taube-Gymnasium und der Givat-Brenner-Oberschule“, so der betreuende Lehrer Markus Greif. Gedenkarbeit und offener Austausch der Jugendlichen seien der sprichwörtliche Staffelstab in die Zukunft. „Unsere drei Gymnasien im Würmtal sind aktive Partner für den Verein Gedenken im Würmtal. So soll es bleiben.“
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