"Ich bin vorsichtig"
Planegger Bürgermeister Hermann Nafziger nach 100 Tagen im Amt

Nach den ersten 100 Tagen zieht Bürgermeister Hermann Nafziger Resümee: „Bürgermeister ist man ja 365 Tage im Jahr, das ist mir bewusst. Es macht mir total Spaß, zu zeigen, dass ich genau der Richtige für dieses Amt bin. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so gern in die Arbeit gegangen!“ (Foto: us)
Der Start ins Planegger Bürgermeisteramt hätte für Hermann Nafziger nicht untypischer sein können. Wegen der Coronabeschränkungen gab es weder die traditionelle Wahlparty, noch ein feierliches Gruppenfoto aller Gemeinderäte auf der Rathaustreppe, noch eine hochoffizielle Amtseinführung.
„Am ersten Mai war ich im Rathaus, und zwar alleine, und habe mein Büro eingeräumt“, erzählte Nafziger. „So ruhig war wahrscheinlich noch keine Amtsübergabe in Planegg gewesen. Auch die Bürgermeisterkette lag einfach da.“ Da war viel Zeit zum Aktensichten und Einrichten. Zur Büroausstattung gehört für ihn übrigens auch sein Profi-Tonband. „Musik gehört für mich zum Arbeiten und zum Alltag dazu. Ich höre ganz gemischt Rock und Jazz und sicherlich auch mal Klassik, wenn es ruhig sein soll.“
Gespräche mit Gewerbetreibenden
Die anstehenden Aufgaben und offenen Projekte sind Nafziger vertraut, schließlich ist er seit 2008 im Gemeinderat und war sowohl unter der verstorbenen Bürgermeisterin Annemarie Detsch als auch unter seinem Vorgänger Heinrich Hofmann Bürgermeistervertreter. „Ich habe relativ zügig nach Amtsantritt angefangen, unsere Gewerbetreibenden zu besuchen. Mir sind Gespräche wichtig. Ich will wissen, wie es geht, welche Probleme existieren und welche Wünsche die Firmen haben.“
Im Großen und Ganzen sei Corona glimpflich über Planegg hinweggegangen, resümierte er. „Es gibt Einbußen, ja. Aber mir scheint es, als wenn wir alle hier in der Gemeinde mit einem blauen Auge davongekommen wären.“ Auch die Vielfalt der Gewerbeunternehmen hob Nafziger hervor. „Ganz besonders fasziniert war ich von den Biotech-Firmen in Martinsried und Steinkirchen. Es ist unglaublich, mit welcher Kreativität dort unterschiedliche Ansätze zur Impfstoff- und Medikamentengewinnung verfolgt werden.“
Gewerbe bleibt Chefsache
Die Gespräche wolle er auch weiterhin fortsetzen. „Das ist mir wichtig. Ich möchte stets ein offenes Ohr für unser Gewerbe haben. Wir können es uns gar nicht leisten, dass es unseren Gewerbetreibenden schlecht geht. Für mich ist der Dialog mit den Unternehmen Chefsache.“ Schließlich hingen die Gemeindefinanzen von den Steuereinnahmen ab. Zwar könne sich Nafziger gut vorstellen, dass die Gemeinde für 2020 bei den geplanten Haushaltsansätzen landen wird. Aber die weitere Zukunft sehe möglicherweise weniger gut aus.
„Wenn wir davon ausgehen, dass sich Steuereinnahmen erst zwei Jahre später im Gemeindesäckel auswirken, dann werden wir auch erst in Zukunft die Coronalücken spüren. Wir wissen einfach nicht, wie sich die Umsatzeinbrüche und vielleicht auch Firmenpleiten wegen Corona auswirken werden. Deswegen bin ich ganz vorsichtig.“
Aktuelle Großprojekte bleiben
Planegg hat einige Großprojekte am Laufen, die bedient werden müssen. „Allen voran die U-Bahn nach Martinsried. In diesem Jahr erleben wir sicherlich noch den kleinen Spatenstich für den Interimsparkplatz. Dann haben wir die Grundschule Planegg, die zu zwei Dritteln fertig ist. Am Feodor-Lynen-Gymnasium ist der Anbau überfällig“, so Nafziger.
„Am Bahnhof kommt das Radlparkdeck mit 500 Stellplätzen – überhaupt passiert im südlichen Bahnhofsgebiet viel mit der Bebauung von Heide Volm und dem ganz wichtigen Supermarkt. Da müssen wir auch unbedingt am Ball bleiben, damit Wohnungen und Einkaufsmöglichkeiten für die Planegger geschaffen werden. Alle weiteren Großprojekte, wie die Bebauung des Bahnhofs Nord oder die Ortsumgehung Martinsried müssen wir hinten anstellen. Wir können nicht mehr Projekte bewerkstelligen als momentan laufen, damit die Gemeinde nicht in ein unendliches Loch hineinrauscht“, so der Bürgermeister.
"Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so gern in die Arbeit gegangen!“
Denn es sei wichtig, dass das soziale Gemeindeleben aufrechterhalten bleibe, „trotz Coronakrise, Beschränkungen und möglicherweise sinkenden Einnahmen. Wir leisten uns viele Dinge“, sagt Nafziger. „Dazu zähle ich das Kupferhaus, die Bibliothek, Vereine, das reiche Jugendleben und vieles mehr. All das soll neben den Gemeindepflichtaufgaben bleiben. Deshalb fahre ich einen wohl überlegten Kurs und plädiere für Kosteneffizienz.“
Trotz der schwierigen Zeit freue sich Nafziger jeden Tag auf seine Arbeit als Bürgermeister. „Bürgermeister ist man ja 365 Tage im Jahr, das ist mir bewusst. Es macht mir total Spaß, zu zeigen, dass ich genau der Richtige für dieses Amt bin. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so gern in die Arbeit gegangen!“
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