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"Es lebt von der Akzeptanz durch die Bürger"

So funktioniert die Entsorgung im Würmtal und in Germering

System Gelber Sack: Im Landkreis Starnberg werden Kunststoffverpackungen bei den Bürgern abgeholt. (Bild: job)

Im Würmtal und Germering ist die Sammlung von Müll und Wertstoffen anders als in München organisiert. Wie funktioniert sie? Die Fragen von Johannes Beetz beantworteten Stefan Mayer, Werkleiter des auch für Germering zuständigen Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Fürstenfeldbuck (AWB), Rudolph Haux (Erster Bürgermeister der Gemeinde Krailling), Lydia Brooks (Leiterin des Sachgebiets Umwelt, Energie und Abfallwirtschaft der Gemeinde Gräfelfing) sowie das für den Landkreis Starnberg zuständige Kommunalunternehmen AWISTA-Starnberg:

"Wir haben keine Probleme"

In München beklagen sich viele Menschen über die Vermüllung und die zu seltene Leerung der Wertstoffsammelcontainer. In Ihrer Kommune ist das Sammelsystem insbesondere bei den Kunststoffen ja etwas anders. Kommen die Bürger mit diesem System besser zurecht? Funktioniert es im Umland reibungsloser als in der Großstadt?

Rudolph Haux: Die Abfallentsorgung durch einen privaten Anbieter im Auftrag der AWISTA Starnberg funktioniert sehr gut. Wir haben in Krailling keine Probleme mit Müllablagerungen. Lediglich an den Sammelstellen für Altkleider und Altglas kommt es leider immer wieder zu unsachgemäßen Ablagerungen, wenn die Container voll sind und noch nicht geleert wurden. Allerdings werden an den Altglassammelstellen leider die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht immer beachtet, was zu Anwohnerbeschwerden führt.

Stefan Mayer: Hinsichtlich der Sammlung von Kunststoffverpackungen sind die Systeme im Landkreis FFB und der Stadt München nicht vergleichbar. Der Kreistag des Landkreises Fürstenfeldbruck hat sich entschieden, die Verkaufsverpackungen über ein Bringsystem zu erfassen und so wurden zwischen dem Landkreis Fürstenfeldbruck als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und den dualen Systemen entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen. Im Gegensatz zu dem in anderen Gebietskörperschaften häufig eingesetzten Sammelsystem „Gelber Sack“ oder „Depot Container“ bietet die im Landkreis Fürstenfeldbruck praktizierte Erfassung von Leichtverpackungen die Vorteile, dass die gebrauchten Verpackungen ohne Nachsortierung an Verwerterfirmen gegeben werden können und keine Störstoffe anfallen.

Die sortenreine Erfassung wird von den dualen Systemen durch entsprechend hohe Entgelte honoriert; die Entgelte entlasten den Abfallgebührenhaushalt und kommen allen Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises durch niedrige Gebühren zugute. Die Abfallgebühren im Landkreis Fürstenfeldbruck wurden im Januar 2020 bereits zum fünften Mal gesenkt. In Hinblick auf die Verschmutzungen der kleinen Wertstoffhöfe bietet dieses System auch Vorteile, da dort keine Kunststoffe gesammelt werden. Unsere System lebt allerdings von der bisher guten Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger.

AWISTA-Starnberg: Definitiv: Ja! Die Bürger kommen mit dem System im Landkreis Starnberg sehr gut zu recht. Zum einen, weil sie mit dem Gelben Sack die Verpackungsabfälle aus Kunststoff direkt am Anfallort, dem Haushalt, in das sogenannte Erfassungssystem werfen können und zum anderen der Gelbe Sack auch direkt am Grundstück abgeholt wird.

Das lässt sich auch an den gesammelten Mengen ablesen: Landkreis Starnberg: knapp über 30 kg / Ew*a und die Landeshauptstadt München: knapp unter 10 kg / Ew*a.

Die Methode der Entsorgung von Verpackungskunststoffen ist in vielen Landkreisen unterschiedlich. Wir glauben, dass sich die gelebte Praxis mit der haushaltsnahen Abholung bewährt hat und deshalb auch bei den Bürger nur selten zu Unmut führt.

Lydia Brooks: Im Landkreis München werden vorwiegend Gelbe Säcke zur Sammlung von Kunststoffen und Verpackungsmaterial verwendet, welche vom Dualen System Deutschland (DSD) geliefert werden. Die Bürger müssen am Vorabend die gefüllten Säcke vor die Türe stellen, wobei diese oft von Krähen oder anderen Tieren aufgerissen werden. Der Bitte, Säcke in stärkerer Dicke zu liefern, ist DSD bis jetzt landkreisweit nicht nachgekommen. DSD ist ein „Konglomerat“ aus 8 Firmen (z.B. Grüner Punkt), die für die Rücknahme und Aufbereitung von Verpackungsmüll verantwortlich sind. Auf den Wertstoffplätzen in Gräfelfing wird Glas und Papier gesammelt.

"Direkt an uns wenden"

An wen kann sich ein Bürger bei Beschwerden wenden? Wer kann am schnellsten helfen, Probleme zu lösen?

Rudolph Haux: Beschwerden können direkt an die AWISTA Starnberg gerichtet werden. Beschwerden an die Gemeinde werden ebenfalls weitergeleitet, die Gemeinde prüft auch in der Regel den Beschwerdegrund, um ggf. zusätzlich eine eigene Beschwerde einzureichen.

Stefan Mayer: Der AWB steht unter allen veröffentlichten Kanälen (Telefon, E-Mail, persönlich usw.) zur Verfügung. Wir haben einen Außendienst, der sich vor Ort um Probleme kümmern kann.

AWISTA-Starnberg: Bei Beschwerden zur Sauberkeit der Wertstoffinseln im Landkreis Starnberg kann sich die Bevölkerung an die AWISTA-Service-Zentrale Tel. 08151/2726-0 wenden. Unsere Mitarbeiter nehmen die Beschwerden auf und kümmern sich um die schnelle Behebung der Verunreinigung. Die Standorte werden durch eigenes Personal turnusmäßig gereinigt.

Auch wenn das AWISTA-Starnberg KU einem sofort beim Thema Entsorgung im Landkreis in den Sinn kommt, nicht alle Abfälle fallen in unseren Zuständigkeitsbereich. Die Entsorgung von Verpackungsabfällen (Gelber Sack) erfolgt im Auftrag der Dualen Systeme Deutschland. Bei Beschwerden rund um den Gelben Sack können sich die Bürger an die Hotline 0800/1223255 wenden. Sollten sie dort nicht weiter kommen, können sie sich gerne an das Kommunalunternehmen wenden, wir versuchen dann zu helfen.

Lydia Brooks: Die Beschwerden nehmen meine Kollegin und ich von der Abfallwirtschaft entgegen und die Verunreinigungen werden von Mitarbeiter vom Bauhof entfernt.

"Im Großen und Ganzen rücksichtsvoll"

Der Unmut vieler Bürger über vermüllte Sammelstellen ist verständlich. Verursacher der Probleme sind aber meist ... Bürger. Sind wir zu bequem, um ein bisschen Rücksicht aufeinander zu nehmen?

Rudolph Haux: Leider ist von Zeit zu Zeit die Bequemlichkeit der Grund für eine mangelnde ordentliche Nutzung. Im Großen und Ganzen verhalten sich die Kraillinger Bürger aber durchaus rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst.

Stefan Mayer: Wir haben leider festgestellt, dass der Umfang der wilden Ablagerungen an den Sammelstellen sehr groß ist. Der AWB hat 2019 rund 200 Tonne wild abgelagerten Abfall eingesammelt. Dies entspricht etwa 30 befüllten 37-Kubikmeter-Großcontainern. Wir wollen hier über verstärkte Öffentlichkeitsarbeit auf die vielen Entsorgungsmöglichkeiten hinweisen (z. B. kostenlose Abgabe von Sperrmüll an den großen Wertstoffhöfen, Kauf von zusätzlichen Restmüllsäcken). In gewissen Umfang werden allerdings auch Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

AWISTA-Starnberg: Wir können nur immer wieder an die Bürger appellieren, die Wertstoffinseln und Containerstandorte nicht zu verunreinigen bzw. die Behältnisse, in denen sie z. B. Altglas entsorgen, nicht einfach dort abzustellen, sondern wieder mit nach Hause zu nehmen. Die Bevölkerung hat in jeder Gemeinde unseres schönen Landkreises eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihren Abfall angemessen und ordentlich zu entsorgen.

Lydia Brooks: Die Anrufe der Bürger, die sich über die Vermüllung auf den Sammelstandorte beschweren, klingen immer sehr vorwurfsvoll, als wäre die Verwaltung für die Missstände verantwortlich. Mittlerweile, wahrscheinlich bedingt durch Corona, werden die Sammelstandorte fast täglich gereinigt. Davor war eine wöchentliche Kontrolle ausreichend. Jeder ist und bleibt selbst verantwortlich.

"Das System überzeugt nicht alle"

Bei Papier und Glas haben wir eine hervorragende Recyclingquote erreicht, bei Kunststoffen liegen wir trotz Sammeln bei bestenfalls 17 Prozent, wie aktuelle Studien sagen. Was läuft da schief?

Rudolph Haux: Durch unseren Gelben Sack sind die Kapazitäten auch für Kunststoffe ausreichend vorhanden und werden sehr gut genutzt. Die Säcke können die Kraillinger Bürger kostenlos im Rathaus abholen, es gibt keine Begrenzung. Sollte ein Bürger den Abholtermin verpassen, kann er zu den Öffnungszeiten seine Gelben Säcke auch dreimal wöchentlich am Wertstoffhof abgeben. In dieser Hinsicht gibt es in Krailling keine Probleme.

Stefan Mayer: Hier scheint ein Problem mit der Akzeptanz des bisherigen deutschlandweiten Systems der Kunststoffsammlung vorzuliegen. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist das duale System nicht transparent genug. Fragen, wie z. B. „warum muss der gesammelte Kunststoff durch ganz Deutschland gefahren werden“, können nicht abschließend beantwortet werden. Auch die Effizienz des derzeitigen Systems überzeugt nicht alle.

AWISTA-Starnberg: Im Landkreis Starnberg erreichen wir bei Glas eine Recyclingquote von 99 % beim Papier von 98 %. Im Bereich der Verpackungskunststoffe bewegen wir uns im Bereich zwischen 40 und 50 %. Genau ist das schwer zu sagen, da die Entsorgung nicht in unserem Auftrag erfolgt. Jahrelang haben der Privatindustrie, welche für die Entsorgung der Verpackungen zuständig ist, die Anreize gefehlt, hier Recyclingstrukturen auszubauen.

Das zum Jahresbeginn 2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz schafft hier Abhilfe. Seit Einführung gibt es gesetzlich festgeschriebene Recyclingquoten für Verpackungsmaterialien von 50 %. Diese Quoten werden sich in einer zeitlichen Abfolge immer weiter erhöhen und schaffen damit Voraussetzungen, das Recycling im Bereich der Kunststoffe anzukurbeln. Gleichwohl muss es aber auch auf Seiten der Verpackungshersteller ein Umdenken zu weniger Verpackung und einem höheren Einsatz von recycelten Rohstoffen (Rezyklaten) geben.

Lydia Brooks: Kunststoffe bestehen aus mehrkettigen Molekülen. Eine Aufbereitung bei nicht sortenreinen Stoffen ist sehr schwierig, energieintensiv und somit teuer. Normale Plastikfolien wie bei Keksverpackungen werden im allgemeinen verbrannt. Dieser Weg ist nicht der schlechteste, da Kunststoffe ein Nebenprodukt der Erdölindustrie sind und einen hohen Heizwert besitzen. Gut aufbereiten lassen sich sortenreine Kunststoffe aus PP, PE und PET, wie sie in Flaschen und Tonnen vorkommen.

"Das Zusammenspiel funktioniert gut"

Unser Sammelsystem ist zweigeteilt - dual. Das bedeutet, dass privatwirtschaftliche Firmen einen Teil der Wertstoffe einsammeln. In München gibt es den Wunsch, das gesamte System in kommunale Hand zu geben, um die Probleme besser bewältigen zu können. Sehen Sie das ähnlich? Kann's die Kommune einfach besser?

Rudolph Haux: Die Kommunen haben vor vielen Jahren das Duale System eingeführt, u.a. weil sie mit der Abfallentsorgung hohe Kosten und Defizite produziert hatten. Durch die Privatisierung der Abfallsammlung mittels entsprechender Ausschreibungen gibt es eine hohe Entsorgungssicherheit zu vertretbaren Kosten. Die kommunale Hand ist für die Überwachung der Einhaltung der bestehenden Verträge zuständig, um diese Entsorgungssicherheit und die Preise zu gewährleisten. Es gibt m.E. keinen Grund, die Abfallsammlung wieder zu kommunalisieren, denn es entstehen für die Bürger dadurch keinerlei Vorteile.

Im Gegenteil muss man aus der Erfahrung damit rechnen, dass die Kosten der Abfallentsorgung durch den Aufbau einer zusätzlichen kommunalen Dienstleistung wieder steigen werden und sich damit die Gebühren erhöhen oder die Defizite der Kommunen steigen. Auch eine Verbesserung der Qualität lässt sich aus einer Rekommunalisierung nicht ableiten. Wenn etwas schief läuft, mangelt es m.E. entweder an der Überwachung der Vertragspartner durch die Kommunen oder an der Qualität der abgeschlossenen Verträge. Außerdem ist eine Rekommunalisierung wettbewerbsrechtlich m.E. äußerst problematisch.

Stefan Mayer: Einer Übernahme des gesamten Systems durch die Kommunen stehen Europarecht und das Verpackungsgesetz des Bundes im Weg. Auf dieser Ebene wurde entschieden, dass die Hersteller die Produktverantwortung übernehmen sollen. Einerseits entlastet das den Gebührenzahler, anderseits fehlt es wohl noch an der nötigen Akzeptanz durch die Bevölkerung.

Der Kreistag und der AWB werden aber selbstverständlich weiterhin an einer Optimierung der Abfallsystems arbeiten. Hierzu ist in der nächsten Zeit eine Bürgerbefragung geplant. Weiterhin wurde im Jahr 2019 eine Restmüllanalyse durchgeführt. Eine weitere Restmüllanalyse ist im Jahr 2021 geplant. Die Ergebnisse fließen dann in die weiteren Planungen ein. Ob sich hieraus Änderungen einzelner Systeme ergeben, können wir derzeit noch nicht sagen.

AWISTA-Starnberg: Es gibt sicherlich Teile, die fest in kommunaler Hand sein sollen, da sie zur kommunalen Daseinsvorsorge gehören. Wiederum gibt es klare Aufträge, welche die private Abfallwirtschaft zu leisten hat. Im Landkreis Starnberg sind viele Entsorgungs- und Logistik-Dienstleistungen an private Unternehmen vergeben. Dieses Zusammenspiel, insbesondere im Bereich der Behälterleerungen funktioniert seit Jahren sehr gut.

Lydia Brooks: Auf jeden Fall. Wir hätten es dann in unserer Hand und müssten uns nicht mit 8 Firmen herumstreiten.


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