"Es geht um Selbstverständlichkeiten"
Landkreisweites Pilotprojekt „Barrierefreie Wegweiser“ in Gauting
Seit knapp zwei Jahren gibt es den regelmäßigen Treffpunkt „Café Inklusion“ in der Gautinger Insel. Hier können sich Betroffene, Angehörige von Menschen mit Behinderungen, aber auch Interessierte und Verantwortliche austauschen. „Wir haben den Gedanken des Cafés wiederbelebt“, erklärte Martina Ottmar, Behindertenbeauftragte der Gemeinde Gauting. „Das Angebot gab es schon einmal vor vier, fünf Jahren im Landkreis. Ich finde, dass jede Gemeinde solch eine Möglichkeit des Zusammentreffens anbieten sollte – niederschwellig und ohne großen Aufsehens. Da geht es um Selbstverständlichkeiten.“
Die Nachfrage in Gauting ist groß, ungefähr alle zwei Monate trifft man sich in der „Gautinger Insel“, mal mit mehr, mal mit weniger Andrang. „Im Austausch entstand der Wunsch nach Umbenennung“, so Ottmar weiter. „Wir wollen schließlich etwas bewegen in Gauting. „Café Inklusion“ war uns dafür einfach zu nett und viel wenig. Jetzt sind wir das Kompetenzteam Inklusion.“
Aus dem Café wurde ein Kompetenzteam
Und auch das erste große Projekt ließ nicht lange auf sich warten: derzeit entwickelt das Kompetenzteam Inklusion (KTI) Piktogramme als barrierefreie Wegweiser innerhalb der Gemeinde. „Entstanden ist das Projekt durch ein ganz konkretes Problem einer unserer Teilnehmer. Als Rollstuhlfahrer kam er beim Arzt nicht in die Praxis, weil ein barrierefreier Zugang fehlte“, erzählte Ottmar. „Unsere Idee dazu: wenn man sofort weiß, was einen erwartet, muss man nicht erst lange telefonieren und fragen, sondern kann sich auf die örtlichen Begebenheiten einstellen. Dazu sollen unsere barrierefreien Wegweiser dienen.“
Viel Unterstützung gab es von Seiten der Gemeinde, die die Piktogramm-Wegweiser auf der Gemeinde-Webseite platzieren will. Auch von der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg mbH als Agentur für Regionalentwicklung (GWT) gab es Unterstützung und finanziellen Rückhalt, um die Piktogramme mit der Stockdorfer Agentur creativdrei grafisch umsetzen zu können.
„Alle sind willkommen“
Inzwischen läuft seit Ende vergangene Jahres eine Fragebogen-Aktion, die sich an Praxen, Geschäfte und Einrichtungen richtet. Abgefragt werden Räumlichkeiten, Erreichbarkeit und schon bestehende Hilfen für einen barrierefreien Zugang. „Auch wenn noch kein barrierefreier Zugang besteht oder einzelne Räume nicht barrierefrei erreichbar sind, kann das vermerkt werden“, so Ottmar. „Wir haben ein Piktogramm entwickelt, das den „Service“ kennzeichnet. Dies bedeutet sozusagen „es ist nicht alles barrierefrei, wir helfen aber gerne“. So spüren alle, dass sie willkommen sind.“
Die ersten Auswertungen liegen jetzt vor, und zur „Aktionswoche Mensch“ im Mai sind die Piktogramme schon im Einsatz. Ottmar freut sich, dass es mittlerweile Anfragen aus vielen Landkreis-Gemeinden gibt und macht auf andere Regionen aufmerksam, wie Ammersee-Lech oder Tirol, wo derartige Markierungen seit Jahren im Einsatz sind. „Vieles klappt in unserer Gemeinde und landkreisweit schon recht gut. Aber an vielen Stellen kommen Menschen mit Behinderung einfach nicht weiter. Wenn unsere Aktion „Barrierefreier Wegweiser“ eine unbürokratische und schnell umsetzbare Hilfe dafür sein kann, dann haben wir unser Ziel erreicht.“
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