„Die kleinen Dinge würdigen“
Wie das Traditionsunternehmen Elly Seidl die Corona-Krise meistert

„Wir sind ein kleines Familienunternehmen, das durch absolute Qualität besticht. So soll es bleiben.“ Die Geschäftsführer der Elly Seidl GmbH: Oliver und Maximilian Rambold (v.l.) führen die Firma seit fast zwanzig Jahren. (Foto: Rambold)
Mit dem Namen Elly Seidl sind seit über 100 Jahren köstliche Pralinen, Schokoladen und Törtchen verbunden. Zwischen 400 und 500 Sorten und Arten stellt die Schokoladenfirma Elly Seidl GmbH her, darunter 140 verschiedene Pralinen. Im Hauptgeschäft an Ostern und Weihnachten kommen sogar noch 60 bis 70 Variationen hinzu. Nicht zu vergessen ist das Angebot im Lochhamer Café. Außerdem können Schoko-Fans Führungen in der Produktion buchen, sich dort von der hohen Qualität der Fertigung selbst überzeugen und am Ende eine eigene Tafel Schokolade kreieren.
In diesem Jahr ist allerdings alles anders. Genau zum Start der Ostersaison kam der Corona-Lockdown. „Der Lockdown mitten im Ostergeschäft hat uns schon sehr getroffen“, erzählt Maximilian Rambold, der gemeinsam mit Bruder Oliver seit fast 20 Jahren die Firma führt. Zwar gehörte die Elly Seidl GmbH zum staatlich genehmigten Lebensmittelhandel und konnte somit Produktion und Verkauf fortführen. „Aber die Einbußen waren zunächst groß, und wir mussten unser Geschäft anpassen.“
Rund 500 Elly-Seidl-Produkte
Dazu zählten die Einführung eines Schichtsystems und die Umgestaltung der Arbeitsplätze. „Wir haben 15 Leute in der Produktion, zehn in der Verpackung sowie noch einmal rund zehn Leute im Verkauf und der Verwaltung. Klar, dass wir besondere Vorsicht walten lassen. Schließlich müssten wir im Falle einer Infektion den Betrieb komplett runterfahren. Das will keiner“, so Rambold weiter.
Zum Glück sei die Firma gerade mit dem Umbau des Lochhamer Stammhauses fertig gewesen und konnte den neu gewonnenen Platz gleich gut nutzen und zum Beispiel die Abteilungen Verpackung und Versand trennen. Auch in der Produktion mache sich die größere Arbeitsfläche positiv bemerkbar, meint Rambold. „In der Enge davor hätten wir die Abstandsregelungen eher schlecht einhalten können. Jetzt ist aber alles prima.“
Unabhängig dank Eigenproduktionen
Rambold betont ebenfalls die guten Beziehungen zu den Lieferanten. „Wir beziehen Milchprodukte aus dem Berchtesgadener Land, die Schokolade kommt von langjährigen Partnern aus der Schweiz und aus Belgien. Das macht uns unabhängig. Zudem sind unsere Lager gut gefüllt. Einen Produktionsengpass hatten wir zu keiner Zeit. Und dank unserer Eigenproduktionen sind wir flexibel und unabhängig.“
Schließlich mache Elly Seidl jeden Schritt von der Kreation, der Produktion bis selbst zur Reinigung der Produktionsstrecke selbst. „Das macht zum einen unsere hohe Qualität aus. Zum anderen ist unser tägliches Geschäft damit gut steuerbar.“
Onlinehandel-Boom
Die Corona-Krise erforderte vor allem ein Umdenken im Verkauf. Denn die Läden in der Münchner Innenstadt waren so gut wie nicht frequentiert. In Pasing und Lochham sah die Lage schon besser aus. „Hier sind die Verkaufsräume größer und die Kunden können sich besser ausweichen“, denkt Rambold. „Das hat sicher eine Rolle gespielt. Zudem haben wir in sehr wertigen Plexiglas-Schutz investiert. Das zahlt sich ebenso aus.“
Die Osterhasen und österlichen Kreationen sind dennoch nicht liegen geblieben. „Wir haben viel gespendet, wie zum Beispiel an die Coronasoforthilfe für Krankenhäuser und deren Mitarbeiter.“ Auch das Pasinger Kinderhaus am Stadtpark konnte sich zu seinem 50-jährigen Jubiläum im April über eine großzügige Schokoladen-Spende freuen.
„Blick aufs Wesentliche, aufs Menschliche“
Außerdem kurbelte die Coronakrise den Online-Versand an. „Dafür haben wir unsere internen Prozesse umgestellt, optimiert und somit den Versand gestärkt“, so Rambold. „Für die Zukunft und natürlich fürs Weihnachts-Onlinegeschäft sind wir also bestens gerüstet.“ Generell haben der Lockdown und die Coronakrise auch für einige positive Veränderungen gesorgt.
„Wir sind sehr fokussiert mit unseren Ressourcen umgegangen und haben Betriebsabläufe infrage gestellt und verändert. Wir sind ein kleines Familienunternehmen, das durch absolute Qualität besticht. So soll es bleiben. Die Entscheidungswege sind kurz, die Atmosphäre bei uns familiär und herzlich. Ich denke, dass wir die Abläufe in diesem Sinne optimieren konnten.“ Ein Fazit aus der Coronazeit kann Rambold auch ziehen: „Die Krise hat den Blick aufs Wesentliche, aufs Menschliche geschärft. Dazu gehört auch, dass wir wieder die kleinen Dinge sehen und würdigen können. Das fällt mir in der Firma auf, aber auch bei unseren Kunden.“
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH