Aus dem Alltag eines Bootsbauers
Besuch in der Bootswerkstatt von Wolfgang Meiler
Fingerfertigkeit, ein gutes Auge und viel, viel Geduld, das sind die Grundvoraussetzungen, die ein Bootbauer für seinen Beruf mitbringen muss. Doch erst, wenn im Laufe der Jahre noch die Erfahrung hinzugekommen ist, dann darf man sich wie Wolfgang Meiler zu den Spezialisten dieser Zunft zählen.
Seit 1993 betreibt Wolfgang Meiler in den ehemaligen Gutshofgebäuden der Gautinger Reismühle seine Bootwerkstatt. Er hat sich auf die Reparatur und Restaurierung von zum Teil uralten Holzbooten spezialisiert, aber baut auch Jollen, Yachten, Ruderboote oder Motorbooten aus Holz. Im Rahmen der Ausstellung „Von Booten und Bootsbauern“, die derzeit im Museum Starnberger See stattfindet, gewährte er Einblick in seinen Betrieb und stellte den Besuchern seine faszinierende Handwerkskunst vor.
Viel mehr als Schreinerei
Wären da nicht der hochaufgebockte Drachen mit seinem tonnenschweren Kiel, das auf Hochglanz polierte Dingi aus Pinie und Mahagoni oder das halbfertige, elegante Motorboot aus den 60-er Jahren, man käme auf den ersten Blick gar nicht auf die Idee, sich in einer Bootswerft zu befinden. Vielmehr könnte es sich um eine x-beliebige Schreinerwerkstatt handeln, die sich zwar immerhin am Wasser, an der gemächlich fließenden Würm, aber eben weder an einem der fünf Seen im Landkreis Starnberg geschweige denn am Meer befindet.
Den Vergleich mit dem Schreinerhandwerk weist Wolfgang Meiler fast ein bisschen beleidigt zurück. Er versteht sich als Kunsthandwerker im holzverarbeitenden Gewerbe mit fundierten Kenntnissen über andere Werkstoffe wie Kunststoff und Metall. Schließich sind nicht alle Boote aus Holz. Meilers Werkzeug mag mit dem des Schreiners identisch sein und früher einmal waren die Bootsbauer tatsächlich der Schreinerinnung unterstellt, aber das hat sich längst geändert. Die Bootsbauer bilden eine eigene Zunft und Wolfgang Meiler, der Einmannbetrieb mit derzeit zwei Lehrlingen, ist sogar Bayerns Innungsvorsitzender. Lange Jahre galten die bayerischen Bootsbauer als die belächelten Exoten unter den viel größeren Werften im Norden der Republik. Inzwischen jedoch, so Wolfgang Meiler, sind „wir hier unten maßgeblich an der Innovationsleistung im Bootsbau beteiligt und das findet auch bei den Nordlichtern Anerkennung“.
Lohnender Aufwand
Holzboote sind pflegeintensiv und ein Luxus, den sich heutzutage nur noch wenige Menschen leisten. Wolfgang Meiler hat aber einen privilegierten Standort in der Nähe des Starnberger Sees, wo es einen großen Altbestand an Holzbooten gibt und etliche gut betuchte Anrainer bereit sind, sich den Traum vom Holzboot zu erfüllen. Im Sommer ist Flaute in der Bootswerkstatt. Am Ende der Saison werden die Boote zum Überwintern vorbereitet. Wolfgang Meiler bietet in seiner Werft bis zu 60 Lagerplätze an. Gleichzeitig trudeln Restaurierungsaufträge aus der ganzen Welt ein und es beginnt die Sanierung der edlen wie empfindlichen Liebhaberstücke. Eine Kernsanierung bedeutet, dass jede einzelne Planke und Wange ausgebaut wird, der Zustand überprüft und alle maroden Teile ersetzt werden. Anschließend wird das Ganze wieder zusammengesetzt und so oft lackiert und poliert, bis jede Pore des Holzes verschlossen und absolut wasserdicht ist.
Eine Kunst, die nicht jeder kann
Diese Arbeit nimmt mitunter über 2000 Arbeitsstunden in Anspruch und erfordert unendlich viel Sorgfalt, Geschick und Geduld. "Die Kunst besteht darin, sich nicht zu verkünsteln," erklärt Wolfgang Meiler, der in seiner Werkstatt schon 30 Lehrlinge und mehr als 100 Praktikanten hatte. Aus einem vorkonturierten Vierkantholz lässt er sie eine Klampe (Vorrichtung zum Befestigen von Tauwerk) nachbauen. Wer dies achtbar absolviert hat, was einen ganzen oder auch zwei Arbeitstage in Anspruch nimmt, hat nicht nur etwas zum Vorzeigen für zu Hause, sondern taugt in den Augen des Innungsmeisters vielleicht sogar dazu, einmal ein passabler Bootsbauer zu werden.
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