Weiße Rosen und Flugblätter
Bergmannschule: Kinder bemalen Außenmauer

Die Viertklässler der Bergmannschule erarbeiteten nach dem Konzept von Kunstpädagogin Katharina Naimer (Mitte) die "Weiße-Rose-Wand" an der Kazmairstraße. (Foto: ds)
Flugblätter flattern herab. Weiße Rosen wachsen aus ihnen heraus und ranken an der Mauer hoch: "Vergesst die Dornen nicht, die sind total wichtig", erinnert Kunstpädagogin Katharina Naimer die Gruppe Viertklässler, die sich heute in ihre Malerkittel geworfen hat und mit Pinseln und Schwämmchen in der Hand die Mauer des Trafohäuschens der Bergmannschule gestalten darf. Die Kinder haben im Unterricht einiges über die Widerstandsgruppe "Die Weiße Rose" gelernt. Sie haben sich überlegt, welche Ideale deren Mitglieder hatten. Und jeder Schüler durfte sich selber ein Motiv für ein Flugblatt ausdenken, ein Symbol und einen Begriff: Freiheit. Mut. Vertrauen. Zusammenhalt. Widerstand. Respekt. Hoffnung. Gerechtigkeit. Selber denken. Überzeugung. Liebe. Mitgefühl. Jeder Mensch ist gleich viel wert. Friedenstauben, Herzen, Sonnen, sich reichende Hände – so flattert es jetzt die Mauer hinab.
Hinab flatternde Flugblätter wurden den Widerstandskämpfern 1943 zum Verhängnis: Hans und Sophie Scholl wurden beim Verteilen von Flugblättern in der Universität gefasst, wenig später wurden sie und weitere Widerstandskämpfer der "Weißen Rose" von der Nazi-Diktatur hingerichtet.
Was hier geschah
Eine Passantin erkundigt sich, was es mit der Mal-Aktion denn auf sich habe. Sie erfährt, dass die 1890 erbaute Bergmannschule im Zweiten Weltkrieg nicht als Schule genutzt wurde. 1940 wurde der Schulbetrieb eingestellt. Eine Studentenkompanie wurde in dem Gebäude stationiert, zu der auch Alexander Schmorell, Hans Scholl und Willi Graf gehörten, Mitglieder der "Weißen Rose".
"Man weiß oft gar nicht, welche Geschichte die Gebäude haben. Und es ist ja leider notwendig, dass man so etwas auch für die Zukunft überliefert. Ich finde die Aktion toll", sagt die Passantin und geht weiter.
Ins Viertel strahlen
Dass die Schule Teil des Stadtviertels ist, dass sie über ihre Außenmauern ins Viertel hineinstrahlt, diese Idee vertritt Schulleiter Friedrich Fichtner schon seit Jahren. Zur 125-Jahr-Feier der Schule im vergangenen Jahr (die Eröffnung war 1891) wollte er ebenfalls von den Schülern gestaltete Bilder an der Außenmauer der Schule anbringen, doch aus Gründen des Denkmalschutzes wurde das untersagt (der Westend-Anzeiger berichtete). Die Bilder hängen nun zum Teil an den Wänden der nicht denkmalgeschützten Turnhalle. Das Trafohäuschen an der Kazmairstraße, das jetzt mit dem Motiv der Weißen Rose bemalt wurde, ist ebenfalls nicht denkmalgeschützt.
Der Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA 8) genehmigte einen Zuschuss-Antrag des Fördervereins der Bergmannschule für das Kunstprojekt "Weiße Rose" in Höhe von 1250 Euro einstimmig. Das Kulturreferat bezuschusste die Bemalung in derselben Höhe.
Gedenktafel wird kommen
Schon im Januar 2015 hatte der Bezirksausschuss bei der Stadt eine Gedenktafel beantragt, die an die Geschichte der Bergmannschule zur Nazi-Zeit erinnern soll. Dieser Wunsch war aus der Bevölkerung an Schulleiter Friedrich Fichtner herangetragen worden und war zunächst abgelehnt worden. Dann sollte die Enthüllung am Tag der 125-Jahr-Feier vor einem Jahr stattfinden, was für Fichtner terminlich nicht machbar war. Alle paar Monate sei sie wegen der Gedenktafel mit der Stadt in Kontakt, berichtete BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr in der Juli-Sitzung. "Irgendwann wird sie kommen", gibt sich auch der Schulleiter gelassen.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH