Vom Praktikanten zum Hausleiter
Markus Hönig folgt Gerhard Ameres in der IG-Feuerwache
An der Pinnwand im Büro hängt noch ein Foto vom ersten IG-Feuerwache-Team aus dem Jahr 2000. Markus Hönig ist mit drauf, er machte damals in der neuen Einrichtung sein Praktikum fürs Sozialpädagogik-Studium. Seit damals arbeitet er durchgehend bei der IG-Feuerwache. Er war an der Mittelschule an der Schrobenhausener Straße, in den vergangenen fünf Jahren auch als Projektleiter, in der Jugendsozialarbeit tätig. Jetzt hat er zum 1. Februar die Leitung der IG-Feuerwache übernommen, seine Kollegin Semire Gülüm-Sahin ist als Projektleiterin für schulbezogene Sozialarbeit nachgerückt. "Unsere Spezialisierung ist hier die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, die Verbindung von Begegnung und Bildung. Das führen wir natürlich fort", sagt der neue Leiter. Gerhard Ameres habe das Haus sehr geprägt: "Nun könnte man sagen, wir treten in große Fußstapfen. Oder: Wir gehen in die gleiche Richtung und hinterlassen unsere eigenen Fußspuren."
In dem Haus an der Ganghoferstraße 41 ist immer etwas los: Vormittags finden Deutschkurse für Eltern statt, nachmittags kommen die Kinder der offenen Ganztagsschule und die Jugendlichen zum offenen Betrieb im Habibi Café, es gibt Gymnastikkurse, Tanz- und Musikgruppen, die hier proben, das Fußballprojekt "bunt kickt gut" ist im Haus. "Und besonders gefallen mir die interkulturellen Gärten vor der Tür, da kommen die unterschiedlichsten Leute aus dem Viertel", sagt Markus Hönig. Trägerverein ist die IG InitiativGruppe, und der Name Feuerwache kommt von der früheren Nutzung des Gebäudes. Das Team der IG-Feuerwache ist an insgesamt sieben Standorten tätig – "ein Spitzenteam", betonen Hönig und Gülüm-Sahin. Es soll übrigens erweitert werden: Die Liste der ausgeschriebenen Stellen auf www.initiativgruppe.de ist lang.
"Unglaubliche Zähigkeit"
Das Konzept, in enger Zusammenarbeit mit Schulen Freizeit- und Bildungsangebote zu verknüpfen, stieß anfangs noch auf Skepsis. "Mit einer unglaublichen Zähigkeit hast du die Projekte verfolgt und bist unbeirrt deinen Weg gegangen, sonst wäre die IG-Feuerwache nicht das, was sie heute ist", lobte der stellvertretende Bezirksausschussvorsitzende Thomas Hofstätter den scheidenden Leiter Gerhard Ameres, als dieser seinen Nachfolger dem Stadtteilparlament vorstellte. Vorsitzende Sibylle Stöhr sprach von einem "nahtlosen Übergang". Genau das sei sein Ziel, bekräftigt Markus Hönig.
Der 40-jährige Diplom-Sozialpädagoge und Erlebnispädagoge hat berufsbegleitend auch einen Abschluss als Sozialbetriebswirt (IF) gemacht. In den Fokus rücken möchte er die große Bedeutung der außerschulischen Bildung: Es werde zunehmend schwieriger, Geldgeber für Aktivitäten zu finden, "bei denen man zum Lernen auch mal München verlassen darf." Auf jeden Fall, merkt sein Vorgänger Gerhard Ameres an, dürfe man solche Maßnahmen bloß nicht "Jugendfreizeit" nennen, sondern "Sozialkompetenztraining". Aber genau das sei es ja auch. Wenn Ameres ehemaligen Schützlingen begegnet, fragt er sie immer, was sie rückblickend als besonders hilfreich betrachten. Und immer wieder bekommt er zu hören, dass gerade das die Jugendlichen weitergebracht hat: Zusammen wegfahren, Zeit mit Gleichaltrigen verbringen und eine Beziehung zu den Pädagogen aufbauen.
Semire Gülüm-Sahin war selbst schon als Jugendliche bei Gerhard Ameres in der Jugendarbeit und lässt ihren Chef mit einem wehmütigen Gefühl ziehen. Ameres hat seine beiden Nachfolger natürlich gründlich eingearbeitet und vernetzt. "Und ich bleibe der IG ja weiterhin verbunden", erklärt er. Zum Beispiel organisiert er eine Reise nach Albanien und Kosovo für IG-Mitarbeiter, wo es um den Austausch über die Jugendarbeit und die Lebensbedingungen gehen soll. Auch Coaching für Kinder und Jugendliche sei etwas, das er auf anderer Basis auch im Ruhestand weitermachen wolle.
Kinder-Aktionskoffer
Auf die Kinder und Jugendlichen hören: Dieser Ansatz macht die IG-Feuerwache auch zu einem perfekten Ort, um den Kinder-Aktionskoffer zum Einsatz zu bringen. Von Ende März bis Anfang Juli werden zwei der fünf knallroten Koffer des Büros der Kinderbeauftragten der Landeshauptstadt München im Haus sein. Damit können Kinder und Jugendliche ihren Stadtteil erforschen und ihre Wünsche und Bedürfnisse formulieren und öffentlich machen (der Westend-Anzeiger berichtete).
Tolle Karrieren
Zu Ameres' Abschiedsfeier kamen viele "ehemalige Jugendliche aus meiner Anfangszeit". 35 Jahre ist es her, dass er bei der InitiativGruppe mit Hauptsitz in der Karlstraße in der Jugendarbeit angefangen hat. Viele Zuwanderer aus der Türkei hätten tolle Karrieren gemacht: Unternehmer, Ärzte, Schauspieler, Architekten, Tänzer, "aber natürlich auch ganz normale Laufbahnen mit Berufsausbildung, Heirat und Kindern. Und die Kinder sind dann auch wieder zu uns in die Jugendarbeit gekommen." Dann habe es eine Phase gegeben, in der viele bosnische Flüchtlinge kamen, die damals den Status der Duldung hatten. "Die meisten mussten wieder ausreisen, aber ich habe von vielen Nachricht, dass sie in aller Welt Karriere machten." Ja, sinniert er, es wiederhole sich zur Zeit der politische Fehler, "dass sie die Besten wegschicken."
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