Nichts ist mehr wie es war
Geburtshaus München hat in der Fäustlestraße 5 eröffnet
"Ja, das war gleich in der ersten Woche", bestätigt Susanne Braun schmunzelnd: Nachbarn haben die Schreie einer Frau gehört und die Polizei verständigt. Als die Beamten eintrafen, schrie schon das Baby. "Da war wohl versehentlich ein Fenster offen – normalerweise hört man nichts", versichert die geschäftsführende Hebamme des Geburtshauses München.
Im Juli hat die Einrichtung ihre neuen Räumlichkeiten in der Fäustlestraße 5 bezogen. Nach Ostern ist hier die Abtreibungsklinik Dr. Stapf ausgezogen und die Hebammen haben den Umbau innerhalb von acht Wochen gestemmt. "In den Räumen hier ist nichts mehr wie es war", erklärt Susanne Braun. Nichts erinnert mehr an die Zeit, als hier Geburten verhindert wurden. "Wir haben alles umgestaltet und können nun das Haus neu beseelen und bewohnen", sagt die Hebamme. Sie freut sich über die ruhige Lage und die Idylle, den Eichhörnchen auf den Bäumen im Hinterhof zuschauen zu können.
Das Geburtshaus München bietet ein Zwischending zwischen Entbindungsklinik und Hausgeburt: Die Geburt läuft hier natürlich ab und wird von einer Hebamme geleitet, Arzt gibt es keinen. 1994 wurde das Geburtshaus in der Nymphenburger Straße eröffnet, in einer 170-Quadratmeter-Wohnung. Nachdem der Vermieter Eigenbedarf angemeldet hatte, waren die Hebammen voriges Jahr verzweifelt auf der Suche nach neuen Räumen, die auch sowieso größer sein sollten. Da gab ihnen ihr Wäschelieferant den entscheidenden Tipp: "Der Stapf geht raus."
Getrennte Bereiche
Glücklich sind die Hebammen nun über ihre verbesserte Raumsituation im Westend: Sie haben Räume in zwei Stockwerken. Im Erdgeschoss sind die wohnlich gestalteten Entbindungsräume. Dazu gibt es eine große Gebärwanne und eigene Toiletten für die Frauen während der Geburt. Es gibt im Gegensatz zu früher auch einen Sauberraum und einen Schmutzraum: "Die hygienischen Auflagen vom Gesundheitsamt sind gestiegen", erklärt Susanne Braun. Im ersten Stock, also völlig getrennt vom Geburtsgeschehen, haben die Hebammen ihr Büro, ihre Sprechzimmer für die Vorsorge sowie einen Gruppenraum, in dem Kurse und Vorträge stattfinden. Frauen werden im Geburtshaus von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit betreut.
Bisher sind im Geburtshaus München 220 bis 250 Babys im Jahr zur Welt gekommen und es gab lange Wartelisten. Mit den neuen Räumen und einem bis Jahresende vergrößerten Team auf 15 Hebammen können es noch mehr werden: "Wir wollen auf knapp 300 Geburten pro Jahr hochgehen", sagt Susanne Braun. Das sei natürlich nicht viel in einer Stadt wie München, aber die Situation in der Geburtshilfe sei angespannt "und wir leisten unseren Beitrag." Auch die Stadt schätzt den Beitrag der Hebammen und hat für den 350.000 Euro teuren Umbau eine Unterstützung von 200.000 Euro zugesagt.
Eins-zu-Eins-Betreuung
Im Geburtshaus begleitet eine Hebamme eine Frau während der ganzen Geburt, "Eins-zu-Eins-Betreuung ist in der Klinik nicht immer gegeben", erklärt Susanne Braun. Die Sicherheit sei absolut gewährleistet. "Die Verlegungsrate in eine der nahe gelegenen Kliniken liegt bei 17 Prozent. Und wenn es notwendig wird, verlegen wir nicht um fünf vor zwölf, sondern eher schon um halb zwölf", berichtet die geschäftsführende Hebamme. Das Geburtshaus sei hervorragend mit Kliniken, niedergelassenen Frauenärzten und vielen weiteren Einrichtungen vernetzt. Der Verein zur Förderung der selbstbestimmten Geburt e.V. unterstützt das Geburtshaus, die Hebammen und die Familien.
Infoabend für Interessierte
Jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat beginnt im Geburtshaus in der Fäustlestraße 5 im ersten Stock um 19 Uhr ein Infoabend (außer an Feiertagen). Eine Anmeldung ist nicht nötig. Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite www.geburtshaus-muenchen.de, telefonisch erreichbar ist das Geburtshaus unter (089) 164184.
Einblick für Kinder
Das Geburtshaus beteiligt sich auch am "Türöffner-Tag" der "Sendung mit Maus" am Montag, 3. Oktober (Feiertag). An diesem Tag können Kinder und Familien überall in Deutschland bei freiem Eintritt Sachgeschichten live erleben. Mehrere hundert Einrichtungen, Unternehmen, Forschungslabore, Vereine und Werkstätten öffnen am 3. Oktober Türen, die Kindern sonst verschlossen bleiben und hinter denen es etwas Spannendes zu entdecken gibt. Das Geburtshaus öffnet für insgesamt 40 Kinder seine Türen. Dort können sie bei drei Erlebnis-Stationen mit den Hebammen entdecken, was während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett passiert. Eine Runde durch die drei Stationen dauert zirka eineinhalb Stunden. Die Teilnahme ist nur möglich nach Anmeldung unter info@geburtshaus-muenchen.de.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH