"Kein Kind aus Grünwald würde hier sitzen"
"Untaugliche" Marieluise-Fleißer-Schule wird frühestens ab Herbst 2015 saniert
Es ist duster, es riecht muffig, es ist eng. Putz bröckelt von den Wänden, Schimmelflecken sind zu sehen: Kaum auszuhalten ist es in dem Kellerraum, den die beiden Landtagsabgeordneten Georg Eisenreich (CSU) und Eva Gottstein (FW) in der Marieluise-Fleißer-Schule betreten. Während die beiden nach wenigen Minuten wieder nach draußen gehen, müssen die Erstklässler, die hier Deutsch lernen sollen, drei Stunden täglich in der Kammer ausharren. "Kein Kind aus Grünwald würde hier sitzen", findet stv. Grundschulleiterin Ursula Lindner. "So etwas geht definitiv nicht, das muss sich ändern", pflichtet ihr Georg Eisenreich bei, "dass sich die Stadt das leistet, ist unverschämt."
Eltern bitten Parlament um Hilfe
Dass Schulen Raumprobleme haben, ist in München inzwischen der Normalfall. Das weiß auch Georg Eisenreich. Die Marieluise-Fleißer-Schule befinde sich indes in einem derart schlechten Zustand und zeige derart gravierende Mängel, "dass man sich fragt, ob man hier überhaupt noch in München ist", so der Landtagsabgeordnete. Dabei ist der Landtag eigentlich gar nicht zuständig für die Situation der Schule, sondern die Stadt. Doch der Elternbeirat hatte sich mit einer Petition, einer ellenlangen Mängelliste und einem Hilferuf an das Parlament gewandt. Bevor in dieser Woche über die Petition entschieden wird, machte sich der stv. Vorsitzende des Bildungsausschusses im Parlament, Georg Eisenreich, zusammen mit MdL Eva Gottstein persönlich ein Bild von den Mängeln.
"Diese Schule ist ein Sonderfall"
Die Eltern weisen seit langem auf diese Mängel und Raumprobleme der Schule hin: Manche Toiletten seien gesundheitsgefährdend, so dass Kinder in der Schule aufs Trinken verzichten, um um ihre Benutzung herumzukommen; technische Installationen seien marode, der Brandschutz nicht ausreichend, Fluchtwege nicht schnell zugänglich. Tatsächlich gibt es sogar Stellen in täglich benutzten, Gängen an denen elektrische Leitungen freiliegen: Für Georg Eisenreich ein Sicherheitsproblem, bei dem möglicherweise der Staat eingreifen muss: "Selbst in Anbetracht der schwierigen Situation in München ist diese Schule ein Sonderfall."
19 Klassen, aber nur 16 Räume
Eltern wie Lehrer beklagen daneben die Raumnot und Enge: Es gibt zu wenig Klassenzimmer, die Vorbereitungs- und Fachräume z.B. für Physik und Chemie sind so eng, dass sich in einigen nicht einmal die Schränke öffnen lassen, ohne zuvor umräumen zu müssen. Die Realschule hat 19 Klassen, so Elternbeiratsvorsitzende Claudia Vetter - aber nur 16 Klassenzimmer. Es gibt keine Aula, keine Küche (obwohl die Siebtklässler Kochunterricht haben), keine Sporthalle (die Schüler müssen zur Poccistraße und nach Nymphenburg ausweichen). Der unter demselben Gebäude leidenden Grundschule geht es nicht anders: Zehn Klassen gibt es, aber nur neun Klassenzimmer.
Schulfamilie klagt über Ignoranz der Stadt
"Das gesamte Gebäude ist eine Katastrophe, eine Zumutung!" fasst Claudia Vetter zusammen, "kein Mensch kann hier arbeiten!" Das Ärgerlichste für die Eltern ist dabei die Reglosigkeit der städtischen Behörden. "Wir fühlen uns nicht ernst genommen", sagt Vetter und klagt, dass auf Schreiben keine Antwort gegeben werde. "Das städtische Bauamt hat uns bisher völlig ignoriert!" schließt sich Ursula Lindner an: "Ich bin seit 14 Jahren an dieser Schule. Immer wird uns gesagt, man renoviert, aber nie passiert etwas!"
Unterschiedliche Sicht auf Mängel
"Dieses Gebäude ist nicht realschultauglich." Zu diesem Fazit kam Ministerialbeauftragter Ernst Fischer nach dem Rundgang durch das Schulhaus. Ganz anders bewertet Hans-Jürgen Stein vom städt. Bildungsreferat die Situation. "Ich habe keine hygienischen, bautechnischen oder sicherheitstechnischen Mängel gesehen", sagte er. Die Toiletten seien relativ neu und sauber; in die Fachräume habe die Stadt viel Geld investiert, alle Vorschriften für sie würden eingehalten. Dass Stromkabel offen zugänglich sind, müsse die Schule in Ordnung bringen: "Dafür hat der Offiziant Geld, warum repariert er das nicht?" fragte er.
Sanierung frühestens in zwei Jahren
Unstrittig ist jedoch das Raumproblem der Schule. "Das Gebäude ist einfach zu klein", räumte Hans-Jürgen Stein ein. Vor 2003 war in dem Bau eine Wirtschaftsschule untergebracht. Nach deren Auszug hatte die Stadt die Räume dem Freistaat für dessen Realschule angeboten. "In München ist die Raumnot so groß, dass man auch solche Schulen füllen muss", meinte Georg Eisenreich dazu. Stein kündigte eine grundlegende Sanierung des gesamten Gebäudes an. Dabei werde das Haus "auf den Rohbau zurückgeführt". Das bedeutet, dass in der Schule für mindestens eineinhalb Jahre nicht unterrichtet werden kann. Die Schüler müssen während dieser Zeit andere Einrichtungen besuchen. Allzu bald wird sich die Lage für Lehrer und Schüler dennoch nicht verbessern: Die Generalsanierung werde bestenfalls im Herbst 2015 beginnen, nicht eher, so Stein.
Keine konkreten Zusagen
Vergeblich drängten die Eltern bei dem Rundgang auf Garantien, konkrete Zeitpläne, glaubhafte Zusagen seitens der Stadt München. "Wir wünschen uns Unterstützung, damit irgendwer in dies Gänge kommt, um hier gute Lernbedingungen zu schaffen", bekräftigte Claudia Vetter. Für die Schüler müsse rasch eine Lösung gefunden werden, fordert auch Elternbeirat Wolfram Schrag: "Unseren Kindern ist die derzeitige Situation nicht zuzumuten", sagte er, "in Räumen wie hier möchte ich keine halbe Stunde sein müssen!"
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