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Im Schein der Discokugel

Zurück in die 80er beim legendären Westendfasching

Grelle Farben, Schweißbänder, Vokuhila-Frisur (vorne kurz, hinten lang): Im 80er-Jahre-Outfit feierte die Pfarrgemeinde St. Rupert mit ihren Gästen den ältesten Faschingsball des Viertels. (Bild: ds)

Die Schulterpolster. Die müssen doch noch da sein, ganz hinten, hinter den nie getragenen Strümpfen... und da irgendwo waren doch auch noch Stulpen... Die ältere Generation konnte im eigenen Schrank kramen nach Zubehör für einen authentischen 80er-Jahre-Look. Auch Freizeitanzüge in knallbunter Ballonseide waren zutage gefördert worden für den legendären Westendfasching. Seit das Pfarrheim St. Rupert 1998 eröffnet wurde, feiern die Pfarrgemeinde und der Pfarrverband hier mit zahlreichen begeisterten (Stamm-)Gästen aus Nah und Fern die närrische Zeit. Der Faschingsball an sich, der größte des Viertels, hat noch eine wesentlich längere Tradition. Das jeweilige Motto wählen inzwischen Jahr für Jahr die Pfadfinder. Und für 2019 haben sie sich als Motto ein Jahrzehnt ausgedacht, in dem sie selbst noch gar nicht geboren waren: "Zurück in die 80er" hieß es am Samstag vor dem Faschingsendspurt.

"Die 80er verbinde ich mit Unbeschwertheit, in die Disco gehen, High Life bis sechs Uhr in der Früh", erzählt Claudia Füssel, Jahrgang 1964, im Schein der Discokugel. Auf ihrer Tasche hat sie eine Cassette befestigt. Mit ebenso viel Liebe fürs Detail haben die freiwilligen Helfer das Pfarrheim wie immer passend dekoriert und für stimmungsvolle Beleuchtung gesorgt. Die Band "Take Five" spart nicht an passenden Knallern von Neuer Deutscher Welle bis Spider Murphy Gang. Musik und Musiker der 80er haben auch zu einigen Kostümen inspiriert: Nena läuft herum, Sänger Boy George von "Culture Club", Madonna gibt es in reiferer und junger Version und ein perfekt geschminkter KISS-Bassist Gene Simmons gewinnt den Wettbewerb ums beste Kostüm.

Ein fescher Seemann hat nicht etwa sein ewiges, fantasieloses Matrosenkostüm an, oh nein: "Ich bin der Kapitän des Traumschiffs", erklärt er. "Und wann stach das zum ersten Mal in See? 1981!" Polizist Sonny Crockett ermittelte ab 1984 und lieh sein "Miami Vice"-Jackett für den Abend Michael Maier vom Aufsichtsrat der Wohnungsgenossenschaft.

Generationen-Lücke

Für Wolfgang Meier (52), den Chef des Organisationsteams, sind die 80er "die Zeit, in der ich am meisten Musik gehört habe". Er ist auf der Schwanthalerhöhe aufgewachsen und hat den Faschingsball schon als Jugendlicher besucht. Vor wie vielen Jahren er die Organisation übernommen hat – nach dem Motto "jemand muss es ja machen" – weiß er schon gar nicht mehr. Er fühle sich "allmählich an dem Punkt", an dem er dieses Ehrenamt auch gern weitergeben würde. Doch bei den Aktiven im Pfarrverband gebe es eine Lücke in der Generation der 30- bis 40-Jährigen.

Die Jüngeren sind dagegen wieder stark vertreten. Auch Meiers Sohn Sebastian (20) ist in der Pfarrei schwer engagiert, bei den Ministranten, im Pfarrgemeinderat und bei den Pfadfindern. Letztere wählen nicht nur das Motto des Westendfaschings, sie betreiben auch die Bar im Keller des Pfarrheims. Sebastian ist hier beim Westendfasching für Organisation und Technik zuständig. Die Künstler unter den Pfadfindern haben, auch das hat Tradition, schon seit Monaten die Wände des Raums passend zum Motto bemalt. Auf einer Seite prangen gemalte Konzertplakate, auf der anderen landet der Außerirdische Alf mit seinem Raumschiff in der Bar, in der bis tief in die Nacht unbeschwert gefeiert wird.


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