Frauen helfen Frauen
"Mama lernt Deutsch" sucht weitere Freiwillige

Semire Gülüm-Sahin (vordere Reihe, links) macht Elternarbeit an der IG Feuerwache, rechts neben ihr "Mama lernt Deutsch"-Projektleiterin Erika Überreiter. Stefanie Haagmans (vordere Reihe, rechts) und Regina Grams (hintere Reihe, 4.v.l.) unterrichten die Teilnehmerinnen ehrenamtlich. (Foto: ds)
Sie sind schon seit Jahren in Deutschland, haben Kinder bekommen, verbringen den Alltag meist zuhause und sprechen dort ihre Muttersprache. Die Kinder dagegen lernen im Kindergarten und in der Schule Deutsch, und auf einmal finden sich Frauen in der Situation wieder, dass sie die Hausaufgaben ihrer Kinder nicht verstehen. Sie bekommen zu hören: "Mama, das kannst du sowieso nicht." Sie vermeiden Situationen wegen ihrer Unsicherheit in der deutschen Sprache und trauen sich Vieles nicht zu. Hilfe für solche Frauen gibt es in ehrenamtlich geführten "Mama lernt Deutsch"-Gruppen.
Zuerst wird gefrühstückt, man plaudert miteinander und lernt in der Gruppe Deutsch anhand von Themen aus dem Alltag. Dabei wird auch viel gelacht. "Der Spaß ist auf beiden Seiten", weiß Erika Überreiter, Projektleiterin von "Mama lernt Deutsch". Sie sucht weitere Frauen, die ehrenamtlich Frauen mit Migrationshintergrund beim Deutsch lernen helfen.
Gruppe in der IG Feuerwache
Bereits seit zehn Jahren bestehen Gruppen in München. Seit Oktober treffen sich nun auch in der IG Feuerwache (Freizeit- und Bildungsstätte in der Ganghoferstraße 41) einmal in der Woche elf Mamas, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Regina Grams und Stefanie Haagmans üben hier mit den Frauen. Nachdem die Vorkenntnisse sehr unterschiedlich sind, teilen sie die Gruppe nach dem gemeinsamen Frühstück auf. Für diese Gruppe werden aktuell noch zwei weitere Ehrenamtliche als Verstärkung gesucht: um sich auszutauschen, die Aufgaben zu verteilen und einander, wenn nötig, zu vertreten.
Erika Überreiter hat als Mitarbeiterin des Sozialreferats, Sachgebiet Bürgerschaftliches Engagement, das Projekt "Mama lernt Deutsch" über zehn Jahre hinweg aufgebaut. Voriges Jahr ist sie in den Ruhestand gegangen und macht nun selbst ehrenamtlich weiter, voll unterstützt von der Leiterin des Bürgerschaftlichen Engagements, Gitte Halbeck. Die bisher bestehenden 13 Gruppen in München möchte Erika Überreiter innerhalb eines Jahres auf 20 erweitern. Vor allem im Norden und Osten von München entstehen neue Gruppen, auch hierfür sucht sie weitere Ehrenamtliche. "Die Gruppen machen auch mal Ausflüge ins Museum oder eine Stadtrundfahrt", erklärt sie das Konzept. "Die Frauen lernen so auch unsere Kultur kennen. Es ist ein Beitrag zur Integration."
Ohne Prüfungsdruck
Semire Gülüm-Sahin ist in der IG Feuerwache für die Elternarbeit zuständig. Dort findet auch monatlich ein schulübergreifendes Elterncafé statt (der Westend-Anzeiger berichtete). Im Elterncafé ist die Idee entstanden, auch in der IG Feuerwache eine "Mama lernt Deutsch"-Gruppe zu gründen. Gülüm-Sahin erklärt den Unterschied zu den Integrations-Deutschkursen, die ebenfalls an der IG Feuerwache stattfinden: "In der ,Mama lernt Deutsch'-Gruppe wird geübt. Es geht darum einfach zu sprechen, ganz ohne Prüfungsdruck. Es ist wichtig, dass es sich zu einer vertrauensvollen Gruppe entwickelt."
Der Deutschkurs sei dagegen viel anspruchsvoller, mit Prüfung und Zertifikat. Gülüm-Sahin kennt auch die "Mama lernt Deutsch"-Gruppe, die seit drei Jahren an der Grundschule Weißenseestraße besteht: "Da gab es mal eine Teilnehmerin, die sich in der ,Mama lernt Deutsch'-Gruppe vorbereitet hat und sich dann erst zum Deutschkurs getraut hat." Außerdem gebe es viele Frauen, denen kein Integrations-Deutschkurs finanziert wird, zum Beispiel, wenn sie aus der EU kommen.
Die "Mama lernt Deutsch"-Gruppe an der IG Feuerwache wurde dann in Kooperation mit dem Bildungslokal Schwanthalerhöhe, der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche und natürlich dem Bürgerschaftlichen Engagement des Sozialreferats ins Leben gerufen. Die Teilnehmerinnen waren schnell gefunden: übers Elterncafé und über die umliegenden Schulen, mit denen die IG Feuerwache eng zusammenarbeitet.
Viele Nationen
"Ich komme aus Mazedonien und lebe seit 13 Jahren in Deutschland. Meine Kinder sind zwölf, neun und vier Jahre alt", erzählt Alina. Zuhause spricht sie Albanisch. Ganz am Anfang, vor 13 Jahren, habe sie einen Deutschkurs besucht, "nur kurz". Dann kamen die Kinder, und die hätten sie sehr beschäftigt, macht sie mit entschuldigender Geste deutlich. Aber nun hat sie Zeit, dieses wichtige Thema anzugehen. Die anderen Teilnehmerinnen kommen aus so unterschiedlichen Ländern wie Rumänien, der Türkei, Ungarn, Italien, Irak, Tunesien oder Afghanistan und sind zwischen einem Jahr und 15 Jahren in Deutschland.
Freude am Miteinander
Immer am Freitagvormittag trifft sich die Gruppe in der IG Feuerwache, außer in den Schulferien. Wer hier ehrenamtlich mithelfen möchte, die deutsche Sprache zu vermitteln, bekommt eine Einführung und die Lehrmaterialien zur Verfügung gestellt und wird zum Treffen mit anderen Ehrenamtlichen eingeladen. Voraussetzungen sind in erster Linie Offenheit für andere Kulturen und die Freude am Miteinander. Erika Überreiter findet es sinnvoll, wenn niemand weite Anfahrtswege hat.
"Viele der bisherigen Ehrenamtlichen sind Frauen im Ruhestand", bestätigt Erika Überreiter auf Nachfrage, "aber es haben sich auch schon Studentinnen gemeldet und berufstätige Frauen, die sich ihre Arbeitszeit so einteilen können, dass sie an dem betreffenden Vormittag Zeit haben."
Wer sich für die ehrenamtliche Tätigkeit bei "Mama lernt Deutsch" interessiert, meldet sich bei Erika Überreiter unter Tel. 0178-3314375 oder schreibt eine E-Mail an erika.ueberreiter@web.de.
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