"Es gab keine Alternativen"
Bezirksausschuss verteidigt Forum Schwanthalerhöhe
"Wir fordern vom Bauherrn Entschädigung für zwei Jahre Terror", sagte Michael Wallace in der Bürgersprechstunde des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8). Der Anwohner der Baustelle des Forum Schwanthalerhöhe klagte über die "Rücksichtslosigkeit", mit der die Bayerische Hausbau und die HBB das Großprojekt fertig stellen lassen. "Bauarbeiten von sieben bis 22 Uhr, Sonntagsarbeit, blockierte Parkplätze, unerträglicher Lärm – und an wen wir uns deswegen auch wenden, wir tropfen ab", kritisierte der Mann im "#ausspekuliert"-T-Shirt. Er habe deshalb zusammen mit anderen Anwohnern eine Bürgerinitiative gegründet, um eine Entschädigung zu erwirken. In einem offenen Brief an die Investoren und an Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte er Anfang September seinen Frust über das "Forum Schwanthaler Hölle" auf viereinhalb Seiten zu Papier gebracht. Dass hier ein "unzeitgemäßer Konsum-Klotz" entstehen solle, sei ein Armutszeugnis. Die Politik solle lieber mehr Raum für Kultur schaffen.
Auch im Bezirksausschuss übte Wallace Kritik an dem Bauprojekt an sich: Kein Mensch benötige im Viertel dieses Einkaufszentrum: "Wir sind in fünf Minuten in der Innenstadt, wo es das alles schon gibt." Die angebliche Aufwertung des Viertels durch das Zentrum werde allenfalls zu Mieterhöhungen führen, außerdem zu erhöhtem Verkehrsaufkommen durch Besucher von außerhalb, weshalb er gleich einen Antrag auf Verkehrsberuhigung stellen wolle.
Betonruine
Quer durch alle Fraktionen verteidigten die Mitglieder des Bezirksausschusses das Forum Schwanthalerhöhe, in dem die ersten Läden Anfang September bereits eröffnet haben. "Wir haben uns jahrelang mit dem Thema Nachnutzung des XXXLutz-Gebäudes befasst. Dass die Investoren hier etwas entwickeln wollen, wurde einhellig positiv aufgenommen. Es gab keine Alternativen. Die einzige Alternative wäre eine Betonruine", erinnerte Florian Kraus (Grüne) an die Geschichte des Areals auf der Theresienhöhe. Über die Investoren habe man "relativ Positives" gehört. Und auch wenn es 08/15-Geschäfte seien, die einziehen, so gebe es doch keinen Verdrängungswettbewerb mit den bestehenden Läden im Viertel, so Kraus weiter.
Jahrelang verzweifeln
Zum Baulärm von früh bis spät (Michael Wallace: "Es ist zum Verzweifeln"), meinte Kraus: "So sind es halt nur zweieinhalb Jahre, in denen Sie verzweifeln. Würde pro Tag kürzer gearbeitet werden, dann wären es halt vier Jahre, in denen Sie verzweifeln."
Auch Thomas Hofstätter (CSU) erinnerte daran, dass der leer stehende XXXLutz "der größte Schandfleck im Viertel" gewesen sei. Mit Lärm-Belastungen müsse man leben, wenn man ins Herz einer Millionenstadt ziehe. Außerdem gefalle ihm das "Sankt-Florians-Prinzip" nicht, wenn Bewohner eines Stadtviertels keine Einrichtungen vor der Tür haben wollen, die Besucher von außerhalb anziehen.
Holger Henkel (SPD) meinte, es gebe auch Anwohner, die sich über das Angebot des neuen Einkaufscenters freuen. Der Bezirksausschuss habe keine Möglichkeit gehabt, das Projekt zu verhindern, er könne nur im Rahmen seiner Möglichkeiten auf die Gestaltung Einfluss nehmen. Wenn das Areal als Gewerbefläche ausgewiesen sei, dürfe dort eben auch ein Einkaufszentrum gebaut werden.
Vorschriften eingehalten
"In einer Großstadt muss man Bautätigkeiten hinnehmen", sagte auch Willy Mundigl (SPD). Er habe sich vom Bauleiter die Protokolle zeigen lassen und dieser habe ihm versichert, dass die Vorschriften eingehalten wurden. Die lärmintensiven Arbeiten hätten demnach "nur" von sieben bis 20 Uhr stattgefunden. Überhaupt sei der lärmintensive Teil der Bauarbeiten inzwischen beendet. Um Entschädigungsansprüche gegenüber dem Bauherrn geltend zu machen, seien die Lokalpolitiker des Bezirksausschusses der falsche Ansprechpartner – Ansprüche müsse er zivilrechtlich vor Gericht durchsetzen, erklärte er Michael Wallace. Dieser antwortete, die Anwohner wollten definitiv nicht den Rechtsweg beschreiten. "Wir wollen aber darauf aufmerksam machen, dass das ein städtebauliches Desaster ist und ein Armutszeugnis für die Stadt."
Vielleicht auch mit Kultur
"Mit den Investoren hätten wir es schlimmer treffen können", meinte BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr (Grüne). Der Bezirksausschuss begleite das Projekt. Im August habe es Gespräche mit dem Kinder- und Jugendmuseum gegeben, das eventuell in das Gebäude ziehen wird und damit für eine kulturelle Nutzung sorgt.
Verkehrsbelastung habe es auch schon früher gegeben, als dort noch das Möbelhaus war. "Aber wir werden das kritisch-konstruktiv begleiten und beobachten, wie sich die Verkehrsbelastung entwickelt", versprach sie. Übrigens wohne sie selbst auch nicht weit entfernt.
"Ich wohne da ja auch, und ich kann bestätigen, dass die Lärmbelästigung und die Baustelleneinrichtung jenseits von Gut und Böse waren", sagte SPD-Stadtratsmitglied Gerhard Mayer. Die rechtliche Grundlage, dass an dieser Stelle ein Einkaufszentrum gebaut werden darf, "das ich auch für fragwürdig halte", sei der geltende Bebauungsplan von 1972.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH