„Erinnerung sichtbar machen“
Stele erinnert an Regina und Martin Hallerz
Im Westend wurde jüngst ein Zeichen gesetzt, das fortan an das jüdische Ehepaar Regina und Martin Hallerz erinnert. Auf einer mannshohen Stele in der Anglerstraße 9 sind zwei vergoldete Quader angebracht, in die Namen und Lebensdaten eingraviert sind, ebenso wie die Gesichter des Ehepaares, das hier einmal zuhause war: Riwka Malka (Regina) Hallerz, geb. Anker, geboren am 29.03.1879 in Tarnów. Ermordet am 25.11.1941 in Kaunas. Martin Mojzesz Moritz Hallerz, geboren am 9.12.1877 in Tarnów. Ermordet am 11.03.1942 in der Tötungsanstalt Bernburg. Die goldenen Bausteine holen die Geschichte Münchens und die Menschen, die Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurden, auf Augenhöhe. Mit dem sogenannten Erinnerungszeichen wolle man "Erinnerung sichtbar machen", betonte Sibylle Stöhr, Vorsitzende des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8). Im feierlichen Rahmen übergab jüngst die Koordinierungsstelle Erinnerungszeichen im Stadtarchiv München die Erinnerungszeichen der Öffentlichkeit. Zur Gedenkfeier angereist war Urenkelin Birgit Martin-Weydert aus Luxemburg, die sich vor einigen Jahren an die Recherche der Familiengeschichte machte. Gemeinsam mit Stadtrat Gerhard Mayer (SPD), der das Erinnerungszeichen in der Anglerstraße angestoßen hatte, brachte sie selbst das Gedenkzeichen für ihre Urgroßeltern an.
"Sie waren unsere Nachbarn"
"Ich finde das ganz wichtig", sagt Birgit Martin-Weydert, Urenkelin von Regina und Martin Hallerz. Mit dem Erinnerungszeichen am Wohnhaus in der Anglerstraße wird das jüdische Ehepaar als Teil des Westends erkennbar bleiben. "Sie waren unsere Nachbarn", erinnert BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr (Die Grünen) bei ihrer kurzen Ansprache. Dass sich eine Gruppe Menschen zur Gedenkfeier am Sonntagvormittag eingefunden habe, sei ein Zeichen der Solidarität und Anteilnahme. Zuvor hatte Stadtrat Marian Offmann (SPD) in Vertretung des Oberbürgermeisters Grußworte überbracht. Stadtrat Gerhard Mayer stellte zudem kurz die Lebensgeschichte von Regina und Martin Hallerz vor. Einen Tag bevor sich der Todestag von Regina Hallerz zum 78. Mal jährt, wurde nun ihrer offiziell und feierlich gedacht. Einen hörbaren Ausdruck des Gedenkens ermöglichte Kantor Nikola David von der Liberalen Jüdischen Gemeinde München Beth Schalom. In jüdischer Tradition trug er für Regina und Martin Hallerz ein Gebet vor. Zunächst gesprochen auf Deutsch, im Anschluss gesungen auf Hebräisch.
Von Berlin nach München
Das Ehepaar Hallerz und seine vier Kinder lebte über Jahre im Westend, bevor es deportiert wurde. Regina und Martin Hallerz, beide gebürtig aus Tarnów im heutigen Polen, heirateten 1905 in Berlin-Charlottenburg. Später zogen sie nach München, wo sie eine Familie gründeten. Zwei Söhne und zwei Töchter wurden hier geboren. Martin Hallerz betrieb eine Dekorationsmalerei in der Landwehrstraße. 1914 wurde er als Unteroffizier eingezogen und geriet nach kurzer Zeit in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1920 wieder entlassen wurde. Die Familie zog im selben Jahr in die Anglerstraße 9. Von dort wurde Martin Haller 1939 festgenommen und im KZ Buchenwald inhaftiert, 1942 wurde er in Bernburg ermordet. Regina Hallerz wurde 1940 gezwungen in sogenannten Judenwohnungen zu leben: In der Wagnerstraße 3 und in der Herzog-Heinrich-Straße 8, ab Ende Oktober 1941 im Barackenlager für Juden in der Knorrstraße 148. Am 20. November 1941 wurde sie nach Kaunas deportiert, wo sie fünf Tage später erschossen wurde. Mit dem Erinnerungszeichen wird nun künftig an ihrem ehemaligen Zuhause in der Anglerstraße an sie gedacht. Einzelheiten sowie die Lebensläufe von Regina und Martin Hallerz sind unter www.muenchen.de/Erinnerungszeichen zu finden.
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