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"Ein Rätsel, das gelöst sein will“

25 Jahre Damasthandweberei im Gewerbehof Westend

Sylvia Wiechmann am „neuen“ Jacquard-Handwebstuhl. (Bild: © Sylvia Wiechmann)

Die Damasthandweberei im Gewerbehof feiert in diesem September ihr 25-jähriges Bestehen. Dass die Webmeisterin Sylvia Wiechmann nach den ersten zwei Jahren in einer Garage gleich in den Münchner Gewerbehof umzog, hat vor allem mit diesem Webstuhl zu tun: einem etwa hundertjährigen Jacquard-Webstuhl, den sie – in Einzelteilen – übernommen hatte. Der brauchte ein Dach über dem Kopf, ein hohes vor allem, denn die Konstruktion aus mächtigen Eichenbalken ist knapp drei Meter hoch. Seit einem Vierteljahrhundert steht er nun in der Damasthandweberei, zusammen mit einem halben Dutzend weiteren Webstühlen, an denen Sylvia Wiechmann arbeitet. Die Weberin hat sich auf Auftragsarbeiten spezialisiert, sie fertigt nach historischen Vorlagen Textilien für Museen oder Vereine.

Nachweben historischer Stoffe

Ihr erster Jacquard-Auftrag war die Nachwebung eines Seidenstoffes aus dem 3. Jahrhundert, den man im Paulinusgrab in Trier gefunden hatte. Zu ihren Auftraggebern gehörten dann unter anderen das Hansemuseum in Lübeck, Haus im Moos bei Ingolstadt oder das Schnütgen Museum in Köln, die sie um das Nachweben von historischen Stoffen baten. Aber auch ein Oldtimer-Club, der dringend originalgetreue Polsterstoffe braucht, ruft bei ihr an. „Stoffe sind für mich ein Rätsel, das gelöst sein will“, sagt Wiechmann, „mich interessiert an Textilien, wie sie technisch entstanden sind, wie der Webstuhl jeweils aussah“.

Sylvia Wiechmann hat – ganz klassisch – ihr Handwerk in einem Betrieb am Tegernsee erlernt, als Gesellin in verschiedenen Handwebereien gearbeitet und sich nach der Meisterprüfung in München niedergelassen, wo man heute die Webereien an einer Hand abzählen kann. Schon deswegen bietet Sylvia Wiechmann in der Damastweberei die ganze Bandbreite von Handgewebtem an: Schals, Küchentücher, Tischdecken, Tragetücher für Babys, Kleiderstoffe. Zudem arbeitet sie häufig mit Architekten, für die sie beispielsweise Wandbehänge für Kirchenräume entwickelt.

Ausstellung vom 10. bis 12. September

Wer Lust hat, selbst das uralte Handwerk des Webens zu erlernen, kann bei ihr auch Kurse besuchen. Sylvia Wiechmann kann von einigen Teilnehmerinnen berichten, die so begeistert waren, dass sie selbst eine Ausbildung absolvierten. Unter diesen ist auch Hermine Kraus, die nach der Lehre als Gesellin und Partnerin in die Werkstatt eingezogen ist.

Gefeiert wird das Jubiläum mit einer Ausstellung, die von Freitag, 10. September, bis Sonntag, 12. September, im Münchner Gewerbehof Westend (Gollierstr. 70, Eingang C, 2. Obergeschoss) jeweils von 14 bis 19 Uhr besichtigt werden kann.

 

 

 


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