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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Das Westend hat eine Hymne
Viel Applaus bei nachgeholter Premiere der "Westend-Revue"
Die Melodie des Refrains ist einfach, hymnen-artig eben, und schon bei der zweiten Wiederholung hat das Publikum im Saal mitgesungen: "Westend hat ein Gesicht, ob du's glaubst oder auch nicht." Die Strophen dazwischen sind gerappt, und zwar in verschiedenen Sprachen. "Von Osten bis zum Westen, im Westend ist's am besten", heißt es auf Deutsch.
Die Idee zu einer Westend-Hymne war bereits beim ersten Vorbereitungstreffen der Kunst- und Kulturtage "Westend hat ein Gesicht" entstanden, damit stand auch schon der Titel. Nun endlich wurde sie uraufgeführt: Die Hymne war der Opener der "Westend-Revue", die im Multikulturellen Jugendzentrum (MKJZ) Premiere feierte. Eigentlich sollte sie schon am 22. Juli über die Bühne gehen. Doch das war ausgerechnet der Abend der turbulenten Ereignisse am Olympia-Einkaufszentrum, als ein Amoklauf Angst vor einem Terroranschlag auslöste: "An diesem Abend war nicht mehr Premiere das Thema, sondern nur noch Sicherheit", sagte MKJZ-Leiter Ismail Sahin im vollen Saal des Jugendzentrums, bevor er die Bühne frei gab für das Ensemble der Westend-Revue.
Gesang und Breakdance
Eine bunte Truppe hatte sich da zusammengefunden, die sang, musizierte, schauspielerte und tanzte. "Wie ihr sehen und hören könnt, kommen wir aus verschiedenen Teilen der Erde", moderierte die Sängerin Edite Domingos. "Wir lieben das Westend, es ist hier extrem familiär und wir haben ein friedliches Zusammenleben der Kulturen." Italienerin Laura sang auf Italienisch. Sandra aus Spanien begleitete sich zu einem selbst geschriebenen Lied auf der Gitarre und wurde an der Conga unterstützt von Gospel aus Nigeria. Mostafa, Shinji und die "Wolf Crew" sorgten mit einer spektakulären Breakdance-Darbietung für Applaus.
Vorbereitet und mit den jungen Leuten einstudiert haben die Revue drei Profis: die Schauspielerin und Regisseurin Sylvia Georg, Konzertsängerin Kristina Sop und Jazz-Musiker und Komponist Franz-Josef Walter. Er hat auch die Westend-Hymne komponiert und die Sängerinnen am Klavier begleitet. Ein zweites Stück aus seiner Feder hieß "Sag mal": "Sag mal, sag mal, von wo kommst du her?", sangen die Darsteller und reichten das Mikrofon weiter um zu antworten: "Ich komm aus Afghanistan, da komm ich her" - oder Deutschland, oder Angola, oder Japan.
"Wir wollten auch junge Leute mit Flucht-Hintergrund einbeziehen", erklärt Ismail Sahin, der sich auf vielerlei Weise für Geflüchtete engagiert. "Damit sie das Gefühl haben, dazuzugehören." Er hofft, dass die "Westend-Revue" nach der gelungenen Premiere weitere Auftritte absolvieren kann, zum Beispiel in sozialen Einrichtungen, Schulen, Museen.
Zaide. Eine Flucht.
Die gleiche Idee, nämlich Geflüchtete zusammen mit deutschen Künstlern auf die Bühne zu bringen, hatte auch Opernsängerin Cornelia Lanz. Ihre Produktion "Zaide. Eine Flucht." ist ein paar Nummern größer aufgezogen: Professionelle Orchestermusiker und ein riesiges Darsteller-Ensemble bringen Mozarts unvollendete Oper auf die Bühne der Alten Kongresshalle: am 11., 13. und 14. Januar. Auch am 12. Januar bespielt der Veranstalter "Zuflucht Kultur e.V." die Alte Kongresshalle – eventuell schon eine Auftrittsmöglichkeit für die Westend-Revue. Initiatorin und Produktionsleiterin Cornelia Lanz war jedenfalls im Publikum und zeigte sich sehr angetan von den Darbietungen.
"Freue mich, dass wir sie haben"
Auch Sibylle Stöhr, Vorsitzende des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe und somit immer wieder als "Stadtteil-Bürgermeisterin" bezeichnet, war nach der Premiere der Westend-Revue begeistert: "Ich finde die Westend-Hymne super und freue mich sehr darüber, dass wir sie haben. Wenn schon die Bayernhymne keine dritte Strophe bekommen darf...", sagte sie dem Westend-Anzeiger.
Sie nahm damit Bezug auf die Debatte, die kurz zuvor im Bayerischen Landtag geführt wurde: Die SPD hatte aus Anlass des 70. Verfassungsjubiläum in einem Dringlichkeitsantrag gefordert, eine dritte Strophe zur Bayernhymne hinzuzufügen. Die Bayernhymne sollte um das Thema "Bayern, Europa und kulturelle Vielfalt" erweitert werden. Der von Schülern verfasste Text lautet:
"Gott mit uns und allen Völkern, ganz in Einheit tun wir kund: In der Vielfalt liegt die Zukunft, in Europas Staatenbund. Freie Menschen, freies Leben, gleiches Recht für Mann und Frau! Goldne Sterne, blaue Fahne und der Himmel, weiß und blau."
Der Antrag wurde von der CSU abgeschmettert. Florian Herrmann, innenpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, kommentierte (Zitat aus dem Bayernkurier:) "Wir wollen kein Multikulti-Blabla in unserer Hymne."
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