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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Das Viertel in Bewegung
1.400 Besucher bei der ersten Westend-Musiknacht
Musik bringt Menschen zusammen – so auch bei der ersten Westend-Musiknacht. In Grüppchen stehen die Besucher schon bei der Eröffnung um 19 Uhr beisammen, studieren ihren Flyer und schmieden Routen-Pläne. Alle 19 Bands des Abends zu sehen ist nicht möglich, man muss auswählen aus dem vielfältigen Angebot. Veranstalter Willi Wermelt und Bezirksausschuss-Vorsitzende Sibylle Stöhr begrüßen die ansehnliche Anzahl an Nachtbummlern übers Megafon, die Musiker von "Die farykte Kapelle" bringen mit ihren Klezmer- und Balkanklängen exotisches Flair auf den Gollierplatz an der Ecke zur Bergmannstraße. Männer schauen von schräg gegenüber aus den Fenstern des Ledigenheims, das Bürgerheim verkauft am Gehsteig "Bier to go".
Dann beginnt die Entdeckungsreise durch das Viertel. 1.400 Westendler und Besucher von auswärts genießen sie. Mit kurzen Wegen, bei milder Luft und trockenem Wetter. Wer sich über den Stand der Dinge beim Polit-Dauerbrenner "Haus mit der roten Fahne" erkundigen möchte, geht in die Tulbeckstraße 4f.
Die rote Fahne bleibt zunächst
Rappelvoll ist der Zuschauerraum, vor der großen Druckmaschine hat sich der Chor aufgestellt, natürlich in roten Shirts. Brecht, Weill, Arbeiterlieder sind im Repertoire. "Wir machen hier weiter", verkündet Julian Mühlbauer in der Pause und weist auf kommende Veranstaltungen im Haus hin. Tags zuvor war die Räumungsklage der MGS (Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung) vor dem Landgericht verhandelt worden. "Im Dezember wird weiterverhandelt", informiert Mühlbauer das Publikum.
In einer ersten Erklärung zum Urteil fühlen sich die Mieter des "Hauses mit der roten Fahne" vom Gericht in ihrer Sicht der Dinge bestätigt: "Die Kündigung ist Willkür!" Das Gericht habe der MGS aufgegeben, binnen sechs Wochen ihre Behauptung zu untermauern, hier Wohungen schaffen zu wollen, also einen sachlichen Grund für die Kündigung zu schaffen. Jedoch: "Ist das dann weniger willkürlich? Mitnichten! Damit kann keine rechtswidrige Kündigung zu einer rechtmäßigen gemacht werden." Die Kündigung, "nachgeschobene Planungen hin oder her", bleibe willkürlich. Der Verlag Das Freie Buch sei nach wie vor bereit, das Anwesen zu kaufen oder auf Erbpachtbasis "mit einer genügend langen Laufzeit" zu übernehmen.
Kurze Wege
Einmal um die Ecke, und man ist in einer völlig anderen Welt: Das Café Marais bildet die ideale Kulisse für den Auftritt der "Funny Valentines", die mit ihrem vierstimmigen Gesang die Zwanziger-Jahre wieder aufleben lassen. Nur ein paar Schritte weiter gibt es Blues im Gasthaus Zur Schwalbe, wieder nur ein paar Schritte weiter Jazz in der Kunstgalerie. Wohin als Nächstes? Die Straßen sind belebt, das Viertel ist in Bewegung, das blaue Eintrittsbändchen schafft die Verbindung.
Veranstalter Willi Wermelt zieht ein positives Fazit: "Wir sind mit der Veranstaltung sehr zufrieden. Unser Konzept einer sozio-kulturellen Veranstaltung ist aufgegangen. Wir wollten von Anfang nicht eine reine Kneipentour, sondern auch eine musikalische Entdeckungsreise durch das Westend, zu Orten die im Stadtteil wichtige sozio-kulturelle Aufgaben übernehmen. Orte wie das Ledigenheim, das Haus mit der roten Fahne, ABC-Galerie, Griechisches Haus und Mathilde Westend waren ebenso gut besucht wie die bekannten Szene-Gaststätten."
Dillitzer rockte die Trutzburg
Es war auffällig, meint Wermelt, dass viele Besucher schon vorbereitet waren und sich mit genauen Vorstellungen, wo sie hin möchten, auf den Weg gemacht haben. "Das Ledigenheim wurde schnell der Geheimtipp des Abends, die Band Dillitzer rockte die Trutzburg und auf dem Weg durch die Nacht traf man viele ,bekannte' Gesichter immer wieder. Alle schienen sehr zufrieden zu sein."
Von den Bands gab es durchweg gute Resonanzen und auch die Betreiber der Locations sprachen begeistert von der familiären Atmosphäre des Abends.
BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr schrieb den Veranstaltern Willi Wermelt und Andree Heikes am nächsten Tag eine E-Mail: "War super". Sie bedankte sich für die tolle Organisation und schloss mit den Worten: "Nächstes Jahr gerne wieder." Dazu Willi Wermelt: "Dieser Aufforderung gehen wir gerne nach. Der Termin wird bald bekannt gegeben."
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