"Das passt sehr gut zu uns"
Zwei Schulen, kein Rassismus: Wie sich Schüler engagieren
Das Schild am Eingang ist nicht zu übersehen: "Schule ohne Rassismus" prangt da in großen weißen und schwarzen Lettern und darunter "Schule mit Courage". Seit Februar dieses Jahres trägt die städtische Riemerschmid-Wirtschaftsschule ganz offiziell diesen Titel. Die Mädchen, die diese Schule besuchen, sind damit die Verpflichtung eingegangen, die Stimme zu erheben, nicht wegzuschauen, wenn sie Fälle von Diskriminierung, Mobbing, Streitereien erleben.
Engagierte Schülerinnen
Vorangegangen war der Auszeichnung viel Vorbereitung und Organisation. "Im Schuljahr 2016/17 hatte ich in meiner 10. Klasse die Themen Grundgesetz und Menschenrechte im Sozialkundeunterricht", sagt Britta Struve. "Die Schülerinnen waren sehr engagiert und eine von ihnen berichtete von ihrer ehemaligen Schule, die bereits eine ,Schule ohne Rassismus' war", so die Sozialkunde- und Englischlehrerin. So war das Thema auf dem Tisch. "Die Mädchen haben sich sehr dafür interessiert und haben begonnen zu recherchieren." Erklärtes Ziel: die Riemerschmid-Wirtschaftsschule sollte auch eine "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" werden.
Unterschriften sammeln
Zunächst mussten die Schülerinnen Unterschriften sammeln – unter den Mitschülerinnen, den Lehrern, dem Schulpersonal. 70 Prozent der Unterschriften galt es zusammenzubekommen und damit zu bekunden: Wir übernehmen Verantwortung, wir achten aufeinander und sorgen für ein gutes Schulklima. Die Schülerinnen stellten dazu das Projekt in den Klassen vor, erklärten ihr Vorhaben und betonten, wie wichtig ihnen "Schule ohne Rassismus" ist.
"Das passt sehr gut zu uns", freut sich Schulleiterin Heidemarie Valentiner. "Unsere Schülerinnen stammen aus ganz verschiedenen Ländern. Wir sind hier wirklich eine Multi-Kulti-Schule und ich freue mich besonders, dass auch Eltern aus den unterschiedlichen Ländern in unserem Elternbeirat mitarbeiten."
Paten finden
In einem zweiten Schritt mussten die Mädchen einen Paten finden, eine Person des öffentlichen Lebens, die sich für das Anliegen einsetzt. "Das war gar nicht so einfach, da viele Prominente schon in anderen Dingen engagiert sind", so Heidemarie Valentiner. Doch dann wurden sie fündig: Mit Münchens 3. Bürgermeisterin Christine Strobl fand die städtische Riemerschmid-Realschule eine engagierte Patin, die zur offiziellen Titelverleihung kam.
Der Tag der Titelverleihung
Auch dieser Tag musste wieder vorbereitet werden. "Es gab internationales Essen, Poster zu verschiedenen Themen und jede Klasse hat sich etwas überlegt", sagt Britta Struve. Auch ein selbstgeschriebenes Theaterstück sei aufgeführt worden. "Die Schülerinnen haben sich viele Gedanken gemacht und das Schulhaus wurde einen Tag lang zu einer Messe", ergänzt Heidemarie Valentiner. Die Eltern hätten sich ebenfalls mit eingebracht. "Das war super abwechslungsreich."
Die Mädchen, die den Anstoß zu "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" gegeben haben, sind inzwischen nicht mehr an der Schule. Sie haben schon ihren Abschluss gemacht. Das Thema ist trotzdem weiterhin sehr präsent. "Zu Beginn des Schuljahres wird es immer in den neuen Klassen vorgestellt und es werden wieder Unterschriften gesammelt", erklärt die Schulleiterin. "Wir haben immer auf dem Radar, dass wir uns bei Konflikten für eine gewaltfreie Lösung einsetzen und keine Form der Diskriminierung dulden. Das hatten wir auch schon vor einigen Jahren in unserer Schulordnung verankert", sagte Heidemarie Valentiner. ",Schule ohne Rassismus' ist für uns das i-Tüpfelchen."
Zivilcourage zeigen
Unterschriften gesammelt, einen Paten gesucht – das hat man auch an der städtischen Maria-Probst-Realschule. Auch hier prangt das Schild am Eingang der Schule, mit dem ihr der Titel "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" verliehen wurde. "Es ist wichtig, dass wir ein Zeichen gegen Mobbing und Diskriminierung setzen", sagt Lehrerin Marie-Jeannine Felix. Es gehe darum, sich gegen die Unterdrückung von Minderheiten einzusetzen, laut zu werden und Zivilcourage zu zeigen. Rund 40 bis 50 Prozent der Schüler hätten einen Migrationshintergrund, so Marie-Jeannine Felix. "Schule ohne Rassismus – Schule ohne Courage" bedeute aber nicht nur, gegen Rassismus einzutreten, sondern alle zu schützen, die in der Minderheit seien, jeden in seiner Einzigartigkeit zu akzeptieren und mit Toleranz gegenüberzutreten. Die Patin der städtischen Maria-Probst-Realschule ist die Schauspielerin und Kabarettistin Constanze Lindner.
Regelmäßig beschäftigen sich die Schüler sowohl der Maria-Probst-Realschule als auch der Riemerschmid-Wirtschaftsschule mit Themen der Zivilcourage, sei es an Projekttagen oder bei einzelnen Seminaren. "Wir setzen uns dafür ein, dass das im Schulleben präsent bleibt", sagt Heidemarie Valentiner.
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