"Das ist mein Fitness-Studio"
Die ehrenamtlichen Helfer im Alten- und Servicezentrum
"Toll, dass es das ASZ gibt. Wenn ich mal in Rente bin, komm ich als Besucher hierher", sagt Frank Kahnes. Er bezeichnet sich als "Mädchen für alles" für den Wohnblock rund um das Alten- und Servicezentrum (ASZ) in der Tulbeckstraße 31. ASZ-Leiterin Melanie Ritter hat ihn zum alljährlichen Adventsessen für die Ehrenamtlichen und Unterstützer des Hauses eingeladen. "Wir sind heute eine viel größere Runde als voriges Jahr, und das freut uns sehr", begrüßt sie ihre Gäste. Alle wirken ohne Bezahlung am Programm oder am laufenden Betrieb des Begegnungszentrums mit – jeder nach seinen Möglichkeiten und Interessen. Zum Jahresende bedankt sich das hauptamtliche Team bei den freiwilligen Unterstützern mit einem selbst gekochten Feinschmecker-Menü.
24 Ehrenplätze hat die festlich geschmückte Tafel, an jedem steht auch noch ein kleines Geschenk. Die Sozialpädagoginnen Melanie Ritter, Celine Peiroten, Vera Harazim und Angela Plichta sind aufmerksame Gastgeberinnen.
"Insgesamt haben wir jetzt 29 Ehrenamtliche, so viele hatten wir noch nie", freut sich Melanie Ritter. Die Hälfte davon habe Migrationshintergrund und der Kreis der Ehrenamtlichen sei so vielfältig und individuell wie die Besucher, mit ganz unterschiedlichen Biografien.
Schlager und Mantras
Verena Maier ist zum ersten Mal dabei. Sie hat vor einem halben Jahr die Leitung des Singkreises übernommen, der sich am Dienstagvormittag trifft. Die Grafikdesignerin wollte nach dem Studium eigentlich nie nach München gehen, "und jetzt bin ich so froh, dass ich hier im Viertel gelandet bin." Seit zehn Jahren lebt sie im Westend. Vor zwei Jahren hat sie sich selbständig gemacht, um zeitlich flexibel zu sein und auch als Yogalehrerin tätig sein zu können. "Es hat mich schon immer interessiert, etwas weiterzugeben", erzählt sie. Als sie im ASZ fragte, ob sie einen Yogakurs geben könne, wurde ihr der Singkreis angeboten. "Ich bin zwar keine professionelle Sängerin, aber es macht Spaß", sagt Verena Maier. Mit ihrer Handvoll Stammgäste singt sie alte Schlager und Volkslieder sowie auch Mantras: meditative Gesänge, die sie auf ihren Reisen nach Indien und Bali kennen gelernt hat. Und im Januar beginnt zusätzlich ihr Yogakurs.
Zumba hält jung
Auch Carmen Alanis ist neu in der Runde. Seit Sommer gibt die hauptberufliche Fitnesstrainerin montags im ASZ einen "Zumba Gold"-Kurs. Das ist Bewegung zu Musik, bei der "Gold"-Variante wird aber nicht wild herumgehüpft. "Zumba ist für jedes Alter geeignet – und hält jung!", erklärt die gebürtige Spanierin, die mit Kindern, Erwachsenen und Senioren arbeitet. In unserer Gesellschaft, so stellt sie fest, fehle es oft an der Geduld, die man im Umgang mit Kindern und älteren Menschen brauche: "Das ist traurig."
Zu dumm fürs Handy?
Dazu passen auch die Erfahrungen von Artur Hänn, der im ASZ jeden Dienstag eine Handy- und PC-Sprechstunde anbietet. Wer zu ihm kommt, hat oft von der Tochter, dem Sohn oder dem Enkel ein Handy bekommen. Den Umgang damit haben die "Jungen" dem Beschenkten zwar gezeigt, aber es war viel zu schnell und zu viel auf einmal. "Die Leute denken dann: ,Ich bin zu dumm dafür'", schildert Artur Hänn. "Da kann ich sie dann aber beruhigen." Er selbst habe nämlich die technische Entwicklung seit den ersten Handys, die es gab, Schritt für Schritt mitverfolgt und könne glaubhaft versichern, dass man komplexe Technik nicht innerhalb von Minuten verstehen kann. Bei Schwierigkeiten mit dem PC ermutige er dazu, Funktionen einfach auszuprobieren.
"Von der Wand kommt nichts"
Zu den Gästen des Verwöhn-Abends gehören unter anderem auch wieder Sängerin Mitchell Woodard, Jela Petric vom Handarbeitstreff "die Woll-Liesln" und Evangelia Warnke, die bei Veranstaltungen mit anpackt. Richard Eichinger hilft seit fünf Jahren, also seit er in Rente ist, in der Küche des ASZ mit. "Das ist hier mein Fitness-Studio. Man braucht ja eine Aufgabe und so komme ich regelmäßig unter die Leute. Von der Wand daheim kommt ja nichts."
"Lauter alte Leute"
Wenn Hausmeister Frank Kahnes bei Rentnern in der Nachbarschaft zu tun hat, die allein in ihrer Wohnung sitzen, gibt er ihnen immer wieder den Tipp: Geht doch runter ins ASZ, da gibt es ein interessantes Programm und auch einen offenen Cafe-Treff, wo man einfach plaudern oder Schach oder Karten spielen kann. "Aber einige sagen dann: ,Was soll ich denn da? Da sind ja lauter alte Leute.' Also denen kann man dann auch nicht mehr helfen."
Ja, bestätigt Melanie Ritter, manche in der Zielgruppe hätten Probleme mit dem Begriff "alt". In Fachgremien wäre deshalb schon darüber diskutiert worden, ob die Alten- und Servicezentren umbenannt werden sollen. "Aber wir meinen, die Bezeichnung ,alt' sollte ohne Vorurteile und Diskriminierung verwendet werden können, genauso wie auch ,jung' oder ,schlank' oder ,dick'", sagt die ASZ-Leiterin.
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