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Bürger warnen vor Präzedenzfall

Anwohner wollen historisch gewachsenes grünes Netz retten

Die Anwohner machen sich für das Weiterleben der großen Linde stark. (Bild: Gebhard)

Eine fast 20 Meter hohe Winterlinde in der Schmellerstraße soll einem Bauvorhaben geopfert werden. Die städt. Lokalbaukommission (LBK) hat die Fällung genehmigt, weil das Bauvorhaben ohne Entfernung des Baumes nicht realisierbar ist (das Bauvorhaben selbst ist zulässig, weil es den gesetzlichen Vorgaben entspricht). Die Klage einer Eigentümergemeinschaft gegen die Fällung wurde abgewiesen.
Nun haben sich fast 50 Anwohner mit einer Beschwerde an die Regierung von Oberbayern gewandt. Sie wollen prüfen lassen, ob ein Eingreifen der höheren Naturschutzbehörde bzw. Baubehörde zum Erhalt des betroffenen Baumes möglich ist.

Der Baum ist völlig gesund, was sich auch an seinem beeindruckenden Wachstum zeigt. Er blüht jedes Jahr reichlich. Darauf weist Anwohner Florian Gebhard hin. Linden seien sehr geeignet für die innerstädtische Begrünung. Sie liefern wichtige Beiträge für die Erhaltung der hier lebenden Vogel-, Kleintier- und Insektenarten. Ihre Wirkung für das Stadtklima ist in den dicht bebauten Quartieren besonders effektiv, weil ihr dichtes Laub im Sommer Schatten spendet und somit übermäßige Erhitzung der Umgebung verhindert, wobei sie die im Winter erwünschte Belichtung und Besonnung zulässt.

Die Anwohner kritisieren, dass bei der Fällgenehmigung außer Acht gelassen wurde, dass die gewachsene Struktur des Baugebiets durch die sogenannte "Pavillonbauweise" geprägt ist. Charakteristisch hierfür ist die Gliederung des Baugebiets in bebaute Flächen und ein durchgängiges Freiraumsystem. Diese Freiräume sind fast durchweg erheblich schmäler als sie bei Einhaltung der heutigen Abstandsflächen sein müssten. Weil sie aber zusammen ein durchgängiges Netz bilden, verschaffen sie dem Quartier Besonnung, Durchlüftung und Orientierung. Nur in diesen Freiräumen sei noch eine wirksame Durchgrünung eines solchen dichten, zentrumsnahen Quartiers realisierbar, das Lebensraum für eine wachsende Zahl von Menschen ist.
"Dieses Kriterium für Wohnqualität und Baukultur hat die LBK offensichtlich nicht als Eigenart der Umgebung im Sinne des §34 erkannt", bedauern die Anwohner. Die Behörde sei damit verantwortlich nicht nur für den Verlust eines wertvollen Großbaumes, sondern auch der historisch gewachsenen Freiraumstruktur. "Durch die Baugenehmigung wurde hier ein Präzedenzfall geschaffen, der dazu missbraucht werden wird, diese Freiraumstruktur samt Begrünung in den nächsten Jahren weiter zu zerstören", warnen die Bürger.

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