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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Auf der Seite der Patienten
Der Gesundheitsladen berät in der Astallerstraße
"Gesundheitsladen? Verkauft Ihr da Bio-Lebensmittel?", wurde Peter Friemelt schon gefragt. Doch der Gesundheitsladen München e.V. ist etwas völlig anderes: Hier gibt es Rat und Hilfe in Patientenfragen. Darüber hinaus wird gelotst, vernetzt und Politik gemacht. Ziel ist, die Stellung der Patienten zu stärken, das Gesundheitswesen zu demokratisieren, die solidarische Krankenversicherung zu stärken und gesunde Lebensbedingungen für alle Menschen zu erreichen. Im März wird es schon ein Jahr, dass der Gesundheitsladen vom Goetheplatz in die Astallerstraße 14 gezogen ist. "Wir waren im Westend sofort integriert, das hätte ich nicht gedacht. Es ist schon ein spezielles Viertel mit einer sehr freundichen Atmosphäre", sagt Geschäftsführer Peter Friemelt.
Eine Rampe führt hinauf zur Eingangstür und jeder gelangt barrierefrei in die Räume voller Informationen rund ums Gesundheitswesen. Wo früher Schreibwaren verkauft wurden, ist auch nach dem Umbau viel Papier zu sehen – bedrucktes allerdings. Neben einer Vielzahl an Infobroschüren hält der Gesundheitsladen auch eine Präsenzbibliothek zu den einschlägigen Themen bereit. Zu den Öffnungszeiten der Patientenberatungsstelle sind immer zwei bis drei Fachleute da, die persönlich oder telefonisch beraten – ohne Voranmeldung. Die einzige Ausnahme bildet das Thema Patientenverfügung, für ein persönliches Gespräch hierzu braucht man einen Termin. Die Beratung ist kostenfrei. Über Spenden und neue Mitglieder im gemeinnützigen Verein freut sich das Gesundheitsladen-Team natürlich. Finanziert wird der Betrieb zum größten Teil aus städtischen Fördermitteln.
Informiert zum Arzt
Rund 4.000 Menschen pro Jahr nehmen die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch. "Etwa die Hälfte der Anliegen ähnelt sich immer wieder, die andere Hälfte geht thematisch querbeet", berichtet Peter Friemelt. Zu den "Klassikern" hat das Team Vorträge entwickelt, die zweimal im Jahr stattfinden und ohne Voranmeldung im Mehrzweckraum des Gesundheitsladens besucht werden können: "Patientenrechte – Ärztepflichten" beschäftigt sich mit Behandlungsvertrag, Einwilligung, Dokumentation und Aufklärung, Einsichtsrecht in Krankenakten und beantwortet die Frage, was man bei Problemen mit dem Arzt tun kann.
Um die Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) geht es in dem Vortrag "Gesetzlich versichert – privat bezahlen". Gibt es sinnvolle IGeL-Leistungen? Wann scheint es eher um zusätzliches Geld zu gehen?
Kassen und Geld
"Rechte und Möglichkeiten für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln" werden bei einer weiteren Veranstaltung besprochen: Auf welche Leistungen habe ich einen Anspruch? Belastungsgrenze und Härtefallregelung – und wo kann ich sparen? Außerdem gibt es einen allgemeinen Vortrag zur Patientenverfügung und Vorsorgeformen.
Au Backe!
Mehr als 1.000 der 4.000 Ratsuchenden pro Jahr wenden sich wegen Zahnarzt-Kosten an den Gesundheitsladen. "Ich hatte noch keinen einzigen Fall, in dem Menschen mit sehr wenig Geld beim Zahnarzt darauf hingewiesen wurden, dass es auch eine Versorgung mit Zahnersatz gibt, die überhaupt nichts kostet", berichtet der Geschäftsführer des Gesundheitsladens. Der Vortrag "Au Backe – Worauf muss ich als Kassenpatient achten, wenn ich zum Zahnarzt gehe?" findet am Donnerstag, 31. Januar, ab 17 Uhr statt und beantwortet die Fragen: Was ist ein Behandlungsvertrag? Wie kommt er zustande? Was zahlt die gesetzliche Krankenversicherung? Wie liest man einen Heil- und Kostenplan? Was kann man tun, wenn der Zahnersatz nicht passt?
Als Beispiele für die sonstigen Themen aus der Patientenberatung nennt Peter Friemelt die neue Verordnung zum Entlassmanagement im Krankenhaus, Fragen nach bestimmten Einrichtungen oder nach Hausbesuchen, Verdacht auf Behandlungsfehler, lange Wartezeiten oder was Nichtversicherte tun können.
Beispiele für weitere Aktivitäten des Gesundheitsladens sind die jährlichen Aktionen zum "Tag gegen Lärm" Ende April und die Beteiligung am Volksbegehren "Stoppt den Pflegenotstand", das im Lauf dieses Jahres zur Eintragung ausliegen soll.
Gegründet 1980
Den Gesundheitsladen München gibt es seit 1980. "Damals fand in Berlin als Gegenbewegung zum Ärztetag der erste ,Gesundheitstag' statt. Da versammelten sich die, die mit dem Gesundheitswesen nicht so zufrieden waren und die Belange der Patienten stärker berücksichtigt sehen wollten. Und die Münchner, die dort waren, gründeten dann hier den Gesundheitsladen", blickt der studierte Sozialpädagoge Peter Friemelt zurück. Nachdem die Patientenberatung zunächst ehrenamtlich und aus Mitteln des Arbeitsamts bestritten wurde, entstand 1986 die erste bezahlte Halbtagsstelle – und die bekam Peter Friemelt. "Wir bekamen eine Mini-Förderung aus dem damals eingeführten städtischen Selbsthilfe-Topf." Das Selbsthilfezentrum, das seinen Sitz ebenfalls im Westend hat, war damals noch Teil des Gesundheitsladens.
Weitere Informationen über die vielfältigen Aktivitäten des Gesundheitsladens sind auf der Internetseite www.gl-m.de zu finden. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag von 10 bis 13 Uhr sowie Montag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr. Die Telefonnummer ist (089) 772565. Es gibt auch eine auf Wunsch anonyme Onlineberatung.
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