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"Angst ist ein schlechter Begleiter"

Arno Helfrich leitet das Kommissariat für Prävention und Opferschutz

Es geht nach oben. Über Treppen und durch breite Flure des imposanten Gebäudes. Seit über 100 Jahren residiert das Münchner Polizeipräsidium hier in der Ettstraße 2 - mitten in der Altstadt auf ehemaligen Klostergrund, wo einst Mönche wandelten.

Es geht immer noch weiter nach oben, jetzt mit dem Paternoster (einem der letzten in München), die letzten Stufen dann wieder zu Fuß bis unters Dach. "So, aber jetzt sind wir da", sagt Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich und öffnet eine Tür. "Kommissariat 105" steht darauf. Es ist das Kommissariat für Prävention und Opferschutz. Arno Helfrich leitet die Dienststelle seit inzwischen elf Jahren.

"Viele wissen nicht, dass wir Opfer beraten"

"Die Kriminialprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", sagt Helfrich. Er sitzt an einem kleinen Besprechungstisch in seinem Büro und deutet auf einen Flyer des Kommissariats. "Bei all unseren Projekten haben wir Partner. Das können Schulen sein, Seniorenheime, das staatliche Schulamt oder der Kreisjugendring. Mit diesen Stellen arbeiten wir hervorragend zusammen."

18 Beamte sind im Kommissariat 105 tätig. Zu ihrem Aufgabengebiet gehört die Opferberatung zum Beispiel bei häuslicher Gewalt. In der Regel, so Helfrich, seien es Frauen, die Opfer seien. "Wir gehen aktiv auf die Frauen zu, weil sie es oftmals gar nicht wissen, dass wir dieses Beratungsangebot haben", sagt Helfrich. "Natürlich können wir keine Betreuung und Therapie anbieten, aber wir können über Anzeigen und Verfahren informieren und mit den Frauen besprechen, wie sie sich verhalten können." Zudem werde externe Hilfe und Unterstützung vermittelt. "Diese pro-aktive Zugehen ist sehr wichtig. Wenn eine Anzeige vorliegt, wollen wir, dass die Frauen dabei bleiben", so Helfrich.

Wer sich informieren möchte, kann das Beratungstelefon im Kommissariat in Anspruch nehmen. "Das Telefon ist von Montag bis Donnerstag fünf Stunden, am Freitag drei Stunden besetzt", erklärt Helfrich. Fünf Frauen und ein Mann wechselten sich mit dieser Aufgabe ab.

"Einbrecher haben keine Zeit"

Um Schutz geht es auch bei einem weiteren Angebot. Stichwort: Technische Prävention. Nur wenige Meter von Helfrichs Büro entfernt befindet sich eine Ausstellung, die jeder Interessierte besuchen kann. Sicherheitssysteme an Fenstern und Türen werden hier vorgestellt. Helfrich greift zu einem einfachen Werkzeug und hebelt in Sekunden ein Fenster auf. An einem anderen gelingt ihm das nicht. Der Unterschied liegt in einer innenliegenden Verriegelung mit Pilzzapfen. "Das bietet einen sehr hohen Schutz gegen Einbruch", sagt Helfrich. "Klar, wenn sie einen echten Picasso im Haus haben und der Einbrecher den unbedingt möchte, dann wird er irgendwo einen Zugang finden. Aber dazu braucht er Zeit und die hat der Einbrecher normalerweise nicht."

Über Sicherheitssysteme können sich die Besucher aber auch vor Ort informieren. "Dazu muss man nur einen Termin vereinbaren, dann kommt jemand von uns und sieht sich alles zuhause an", sagt Helfrich. Dabei könnten Schwachstellen ermittelt und individuelle Sicherheitskonzepte erstellt werden. Das Angebot ist kostenlos und neutral. Und: Es erfreut sich reger Nachfrage. "Die Mitarbeiter sind bis Januar ausgebucht", betont der Kommissariatsleiter.

"Angst ist ein schlechter Begleiter"

Helfrich weiß, wie tief ein Einbruch bei den Opfern sitzen kann. "Ich höre immer wieder, dass das Schlimmste an einem Einbruch ist, dass die Täter wirklich in den intimsten Dingen gewühlt haben. So etwas bleibt lange im Kopf", sagt er. "Deshalb sind Hinweise aus der Bevölkerung so wichtig. Wenn jemand etwas Verdächtiges sieht, soll er die 110 wählen", appelliert Helfrich an die Bürger. "Wir müssen sensibilisieren, dürfen aber keine Angst schüren, denn Angst ist ein schlechter Begleiter."

Auch die Kinder- und Jugendarbeit nimmt ein breites Feld im Kommissariat 105 ein. Mit verschiedenen Kursangeboten zum Thema Selbstbehauptung und Zivilcourage gehen die Beamten beispielsweise an Schulen. "Das läuft über Multiplikatorenschulungen, das bedeutet, dass die Lehrer von uns ausgebildet werden", sagt Helfrich. Für Kinder von sechs bis zehn Jahren gibt es "aufgschaut", für die Elf- bis 18-Jährigen wird "zammgrauft" angeboten. Die Kinder und Jugendlichen lernen dabei unter anderem, wie sie sich in gefährlichen Situationen verhalten und wo sie sich Hilfe holen können.

Welche Fallen gibt's beim Online-Einkauf?

Und natürlich spielt das Internet eine Rolle. Der Umgang mit den neuen Medien, Mobben übers Netz – diese Themen stehen bei Vorträgen an, die die Polizei anbietet. "Wir möchten die Erwachsenen medienkompetent machen", sagt Helfrich. Dabei gehe es nicht nur darum, wie die Kinder das Internet nutzen. Die Beamten warnen auch vor Gefahren im Netz in Bereichen wie Online-Einkaufen und wenden sich mit Informationen zum Internetbanking konkret an erwachsene Nutzer.

"Neben all diesen Beratungen, Schulungen und Informationen steht bei uns natürlich ,Polizei' drauf", sagt Helfrich. "Wir sind darüber hinaus ganz normal im Einsatz, zum Beispiel beim Fußballspielen oder wie kürzlich beim Hungerstreik der Flüchtlinge am Sendlinger Tor."

Alle wichtigen Telefonnummern sowie Flyer des Kriminalkommissariats 105 gibt es unter www.polizei.bayern.de im Internet.


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