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A stades Platzerl

Münchner Waldfriedhof: Mehr als eine Ruhestätte

Der Waldfriedhof ist einer der vier großen Friedhöfe, die von 1899 bis 1907 nach Plänen von Stadtbaurat Hans Grässel errichtet wurden. (Bild: eis)

Eichhörnchen hüpfen von mächtigen Buchen zu alten Fichten und weiter auf erhabene Birken, das Laub färbt sich langsam bunt, zwischen hohen Bäumen winden sich schmale Pfade: ein Ort voll idyllischer Natur oder, wie man im Bayerischen sagt, a stades Platzerl. Der Münchner Waldfriedhof in Großhadern, direkt an der Fürstenrieder Straße gelegen, ist der größte Friedhof der Landeshauptstadt – dennoch, sobald der Eingang passiert ist, wähnt sich der Besucher tief im Wald.

Schlicht, still, schön

Ein Spaziergang entlang der hainartig angelegten Grabfelder lohnt sich: Es gibt wunderschöne, verwachsene Mausoleen zu bewundern, Bänke laden an sonnigen Plätzchen zum Verweilen ein und wer als Fotograf auf der Suche nach tollen Motiven ist, wird garantiert fündig.

Warum der Waldfriedhof so ruhig und weitläufig ist und sich damit grundlegend von den drei weiteren großen Münchner Friedhöfen unterscheidet? Er wurde nach einem neuen Friedhofsmodell gebaut, das Stadtbaurat Hans Grässel mit Fertigstellung der Gräberstätte 1907 zum ersten Mal verwirklichte und das später wegweisend wurde für weitere Friedhöfe in ganz Europa: Die Gräber sind in einem bestehenden Wald angelegt, alle Gebäude sind schlicht und niedriger als die sie umgebenden Bäume; damit bleiben der Waldcharakter und das Naturerlebnis im Vordergrund.

Erweiterung

In den 1960er Jahren wurde der Friedhof erweitert: Ein See, Langgraswiesen und Biotopbereiche kamen dazu, strenge geometrische Formen wurden weiterhin vermieden, man blieb dem ursprünglichen Konzept treu. Bereits 1955 wurde auf dem Waldfriedhof das erste islamische Grabfeld Deutschlands geschaffen, außerdem gibt es einen jüdischen Friedhofsteil sowie einen Soldatenfriedhof.

Beim Schlendern bietet sich auch die Gelegenheit, die Grabstätten einiger bedeutender, umstrittener oder erhabener Persönlichkeiten zu besuchen: Die Zirkusleute Sembach haben hier ihre letzte Ruhe gefunden; außerdem Schauspielerin Leni Riefenstahl oder Schriftsteller Michael Ende.

Wer also zur Ruhe kommen möchte, wer spazieren und nachdenken, sich informieren will oder einen stillen Ort sucht, um in Ruhe gedenken zu können, wird sich in dieser Oase der Entschleunigung inmitten eines immer enger getakteten Lebens wohlfühlen.


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