Stadtteil ohne Erinnerung
Erneuter Negativbescheid für Denkmal am Sinti-Roma-Platz
„Ich bin sehr enttäuscht“, erklärte Sarah Seeßlen (Grüne) auf der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8). Sie bezog sich damit auf den Beschlussentwurf des Kulturreferates zum Thema „Erinnerungsorte München“, der auch auf einen Antrag des BA 8 vom Mai 2011 antwortet. Damals hatte das Lokalparlament das Kulturreferat, welches eine Datenbank mit Erinnerungsorten zum NS-Geschehen realisieren wollte, gebeten, auch Orte des Gedenkens und des Erinnerns auf der Schwanthalerhöhe zu verwirklichen. Dazu hatte der BA auch konkrete Vorschläge vorgebracht: So sollte der im achten Stadtbezirk zur NS-Zeit verfolgten jüdischen Bevölkerung wie beispielsweise der Familie Abeles, damals wohnhaft in der Geroltstraße 37, oder des Textilhändlers Leopold Moskowitz gedacht werden.
Auch an politisch Verfolgte, wie beispielsweise den Metzger Otto Aster, der im Westend eine kleine Widerstandsgruppe aufgebaut hatte, sowie an die Standorte der Kriegs- und Arbeitslager im Stadtbezirk sollte erinnert werden. „Leider wird keiner von unseren Vorschlägen direkt realisiert“, erklärte Seeßlen auf der jüngsten BA-Sitzung. Stattdessen sollen die Vorschläge des BA in die Konzeption eines künftigen so genannten „KulturGeschichtsPfades“ eingehen, wie das Kulturreferat in seinem Beschlussentwurf erklärte. Dies könne allerdings frühestens ab 2014 der Fall sein.
Wettbewerb verweigert
„Noch gravierender ist allerdings die Entscheidung über den Sinti-Roma-Platz“, berichtete Seeßlen. Hier hatte der BA 8 das Kulturreferat im Mai darum gebeten, für diesen Platz einen entsprechenden Wettbewerb auszuschreiben, so dass dieser als Erinnerungsort künftig adäquat gestaltet werden könne. Schon länger wünscht sich der BA ein Denkmal auf der kleinen, dreieckigen Rasenfläche südwestlich des Bavariaparks. Bereits 2007 hatte die ortsansässige Künstlerin Regine von Chossy im Rahmen der 25. Stadtteilkulturtage und auf Initiative des Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe ihre „Sinti-Roma-Oase“ auf dem kleinen Platz enthüllt. Es handelte sich um einen Säulenkreis aus 16 Stelen, der an die erste Deportation von Sinti und Roma am 16. Mai 1940 erinnern sollte. Das Direktorium der Stadt verweigerte 2009 allerdings die dauerhafte Aufstellung des Mahnmals, offiziell aus Gründen der Verkehrssicherheit. Unter anderem wurde aber damals auch kritisiert, der BA habe das reguläre Genehmigungsverfahren nicht eingehalten. Dieser kämpft jedoch seither um ein Denkmal auf dem Sinti-Roma-Platz.
Auch diesmal wurde der Vorstoß des BA vom Kulturreferat allerdings negativ beschieden: Erneut wurde dem BA mitgeteilt, dass die Frage einer möglichen Aufstellung eines Denkmals am Sinti-Roma-Platz erst abschließend erörtert werden könne, wenn die Neugestaltung des Platzes der Opfer des Nationalsozialismus an der Brienner Straße beendet sei. Hier befindet sich derzeit neben dem zentralen Denkmal auch noch eine gesonderte Gedenkplatte für Sinti und Roma. „Das Baureferat sieht derzeit daher keine Veranlassung für eine Maßnahme am Sinti-Roma-Platz“, teilte das Kulturreferat in seinem Beschlussentwurf mit. Hinzu käme außerdem, dass der BA 8 2006 einem Entwurf zur Gestaltung des Sinti-Roma-Platzes, wie er dann auch realisiert wurde, einstimmig zugestimmt habe.
„Inhaltlich falsch“
„Das ist inhaltlich und von der Diktion her falsch“, erklärte der BA-Vorsitzende Ludwig Wörner (SPD) auf der September-Sitzung des Gremiums. „Das Einzige, das wir vorgelegt bekommen haben, war die Grünplanung zum Bavariapark“, erklärte auch BA-Mitglied Thomas Hofstätter (CSU) und fügte hinzu, ihn würde wirklich interessieren, worauf sich das Baureferat hier beziehe. „Ich zweifle inzwischen an dem guten Willen der Verwaltung“, meinte dazu BA-Mitglied Daniel Günthör (Grüne).
Der BA will nun fordern, den entsprechenden Passus der vermeintlichen Zustimmung des BA aus der Beschlussvorlage zu streichen. „Damit müsste unser Antrag noch einmal erneut behandelt werden“, so BA-Mitglied Gerhard Mayer (SPD). Zudem wollen alle Mitglieder an ihrer bisherigen Forderung festhalten, einen Künstlerwettbewerb für ein Denkmal am Sinti-Roma-Platz auszuloben. „Es wäre ja auch denkbar, dass man die Gedenkplatte, die es am Platz der Opfer des Nationalsozialismus ja schon gibt, in die Wettbewerbsplanung mit einbezieht und sie auf den Sinti-Roma-Platz überführt“, schlug Hofstätter vor. Bevor neue Schritte unternommen werden, will der BA aber zu einer der kommenden Sitzungen einen Vertreter des Kulturreferates einladen: „Bisher haben wir ja nur mit dem Baureferat kommuniziert, vielleicht können wir unsere Interessen so noch einmal besser deutlich machen“, meinte Wörner.
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