Miteinander, nicht um die Wette
Westend-Jam im Kulturkeller "d'Schwanthalerhöh'"
Die Leute im Publikum kennen sich. Wer zum ersten Mal kommt, muss aber nicht außen vor bleiben: Es ist ganz einfach, ins Gespräch zu kommen. Oben auf der Bühne ist es bei der Jam-Session im Kulturkeller offenbar nicht anders: "Wir musizieren hier miteinander, nicht um die Wette", formuliert es Schlagzeuger Lutz Röhmuß, Gründungsmitglied des Westend-Jam. Nach zehn Jahren als Musiker, Techniker und Session-Leiter hat er im Juni 2016 den Vorsitz des "Kultur- und Vereinskeller d'Schwanthalerhöh' e.V." übernommen. In dem Amt stecken viele Wochenstunden an ehrenamtlicher Arbeit: Programmgestaltung, Verträge, Buchhaltung, Gema-Meldungen... alles ohne Bezahlung. "Meine Motivation ist, die Menschen zusammenzubringen", erklärt er schlicht.
Kultur und Begegnung
Und das gelingt auch, auf der Bühne wie im Vereinsleben. Aus der 2006 gegründeten Session hat sich ein riesiges Musiker-Netzwerk gebildet, auch haben sich schon Bands gegründet. Viele Privatleute helfen im Kulturkeller mit oder spenden etwas für die Ausstattung, die Bassanlage zum Beispiel oder den Thekenschrank. So entsteht ein Raum für Kultur und Begegnung für die Menschen im Viertel. "Es ist schön, wie sich das Stück für Stück weiterentwickelt", freut sich Lutz Röhmuß.
"Das ist Familie hier", sagt Stefan Fleschhut, der stellvertretende Vorsitzende. Er ist Gitarrist und kümmert sich im Kulturkeller um die Organisation der Bar. "Fast alle, die hinter der Theke stehen, sind auch Musiker." Im Vereinsvorstand sei er gelandet, weil es schließlich Leute brauche, die die Sache am Laufen halten: "Man macht es ja gern."
Musiker-Speed-Dating
Dass es familiär zugeht, das sagt hier jeder der Stammgäste, -musiker, -mitarbeiter. Christian Burmeister bedient heute die Regler der Ton- und Lichtanlage und erzählt, dass er schon seit Ewigkeiten als Musiker beim Westend-Jam dabei sei. "Es ist sehr persönlich und total integrativ. Hier stehen Neulinge mit Dozenten der Musikhochschule zusammen auf der Bühne und jeder lernt vom anderen. Es ist wie ein Speed-Dating unter Musikern", fügt er hinzu. "Manchmal entsteht eine echte Freundschaft, machmal entsteht nichts."
Soziales Engagement
Als bisherigen Höhepunkt im Vereinsleben sieht Lutz Röhmuß den Charity-Jam voriges Jahr kurz vor Weihnachten: Spitzenmusiker spielten ohne Gage, die Besucher bezahlten 10 Euro Eintritt und der Verein konnte 800 Euro an das Straßenzeitungs-Projekt "Biss" (Bürger in sozialen Schwierigkeiten) überweisen. Eine Neuauflage des Charity-Jams ist auch für dieses Jahr fest eingeplant.
Wechsel auf Freitag
Bisher stieg der Westend-Jam immer donnerstags. Im September ist Pause, und im Oktober wird die offene Bühne probehalber auf den Freitag verlegt. Der Eintritt ist ab sofort frei. Immer am ersten Freitag des Monats findet die Akustik-Open-Mic-Session "Songs am Kaminfeuer" statt – eine offene Bühne für Singer-Songwriter.
Mehr Konzerte
Bei den Westend-Jam-Abenden kamen oft Anfragen von Bands, erzählt Lutz Röhmuß, "aber das ist ja nicht der Sinn einer Session." So hat der Verein für den 14. Oktober einen Konzertabend mit jungen Bands organisiert. Bei der Westend-Musiknacht am 21. Oktober spielen die Deadful Greats. Mehr Konzerte zu veranstalten, das ist überhaupt das Ziel des amtierenden Vorstands. Und: "Wir wollen den Kulturkeller als Spielstätte in München bekannter machen."
Wie der vollständige Name schon sagt, wird im Kultur- und Vereinskeller nicht nur Musik gemacht. Montags probt hier das efa-Improvisationstheater, dienstags die Theatergruppe context factory. Am Mittwoch wird die Bühne von ungarischen und polnischen Bands genutzt, am Sonntag treffen sich griechische Vereine. Ausstellungen gab es auch schon. 170 Veranstaltungen im Jahr zählt Lutz Röhmuß, die nichtöffentlichen mit eingerechnet.
Ehemaliger Bunker
Der Kellerraum im Rückgebäude der Westendstraße 76 hat Geschichte: Er war zunächst Bierkeller, wurde im Zweiten Weltkrieg dann als Luftschutzbunker genutzt. "Ende der 80er Jahre hat Ludwig Wörner, der frühere Bezirksausschuss-Vorsitzende, das Ding ausgegraben", erzählt Lutz Röhmuß. 1992 wurde dann der Verein "Kultur- und Vereinskeller d'Schwanthalerhöh' e.V." gegründet. Die Miete für den Kellerraum trägt das städtische Kulturreferat, das den Verein auch jährlich mit einer Zuwendung unterstützt. Weitere Informationen und das aktuelle Programm sind auf der Internetseite www.kulturkeller.com zu finden.
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