Glücklich im Ganztag
So läuft es in den g-Klassen der Bergmannschule
Halbzeit! Das Schuljahr ist zur Hälfte geschafft, am Freitag gibt es Zwischenzeugnisse. Und alle Eltern, deren Kinder im Herbst schulpflichtig werden, stehen vor vielen Fragen: Was ist für mein Kind am besten? Wie viel Zeit habe ich für mein Kind? Wo bekommen wir einen Platz? In der Mittagsbetreuung, im Hort – oder in der Ganztagsklasse?
An der Grundschule an der Bergmannstraße geht die Form des gebundenen Ganztagsunterrichts ins vierte Jahr, das heißt, im kommenden Schuljahr wird es eine Klasse 1g, 2g, 3g und 4g geben. Die Ganztagsklassen haben von Montag bis Donnerstag von 8 bis 15.30 Uhr Unterricht, am Freitag ist um 12.20 Uhr Schluss. Das Konzept der Rhythmisierung des Schultags sieht abwechselnde Phasen des Lernens, der Erholung und des Spielens vor. Doch ganz abgesehen vom Konzept: "Das steht und fällt mit den Menschen, die es tun", ist Schulleiter Friedrich Fichtner überzeugt.
Mehr Zeit zum Üben
Im September 2014 startete Lehrerin Birgit Mühlbauer mit der ersten Ganztagsklasse. Zuvor hatte man sich den Ganztagsbetrieb an der Grundschule Berg-am-Laim-Straße angesehen. Und ein wichtiges Detail übernommen: Nachmittags wird die Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt, es sind zwei Lehrkräfte da, die mit jeweils nur etwa zwölf Schülern arbeiten. "Immer. Auch wenn ein Lehrer krank wird", betont Fichtner und zeigt auf den doppelt besetzten Vertretungsplan. Die Lehrer schwärmen vom Arbeiten mit der Kleingruppe: "Man hat einfach mehr Zeit zum Üben", sagt Birgit Mühlbauer. Gerade für schwächere Schüler sei das ideal, urteilen ihre Kollegen Hermine Trambauer, Klassenlehrerin der 2g, und Max Müller, Lehrer der 3g. Leider sei es jedoch oft so, dass lernschwächere Schüler nicht in die Ganztagsklasse, sondern in den Hort gehen, der keine solch gezielte Lernförderung bieten kann. Der Hort bietet dagegen längere Betreuungszeiten und Betreuung in den Ferien.
Gewachsene Erfahrungen
Zum Konzept der Ganztagsklasse gehört es auch, dass externe Partner zusätzliche Nachmittagsangebote übernehmen. Da gab es Wechsel, die Schule musste ihre Erfahrungen machen, Fichtner schlug sich mit Finanzierungssorgen herum. "Jetzt haben wir lieber weniger Stunden von Kooperationspartnern, aber dafür die besten Partner", lautet sein Fazit. Sport mit dem ESV, Akrobatik mit Echo e.V., Kunst mit Katharina Naimer und Arbeiten in der Hightech-Werkstatt des FabLab e.V. sind jetzt die Angebote, die auch Eltern begeistern: "Ich finde es schön, dass das alles Leute aus dem Viertel sind", merkt Anne Schmidt an, deren Kinder die 1g und die 3g besuchen.
Die Klassengemeinschaft
Was Anne Schmidt am Ganztag mag: "Kinder und Lehrer lernen sich gut kennen und haben einen ganz anderen Bezug zueinander. Es kann sich eine viel intensivere Klassengemeinschaft entwickeln", hat die Mutter beobachtet. Lehrer Max Müller meint dazu: "Das ist toll für ein Kind, wenn es in der Klassengemeinschaft gut aufgehoben ist. Wenn nicht, muss es viel Zeit mit Kindern verbringen, mit denen es eigentlich nicht so gerne lernt." Für manche Kinder sei es jedoch ein gewisser Stressfaktor, meint Anne Schmidt, wenn sie sich in der Mittagsbetreuung oder im Hort wieder auf eine neue Gruppe einstellen müssten. Dass ein Kind mittags nach Hause geht, dort ein warmes Essen und Hilfe bei den Hausaufgaben bekommt - "das ist hier im Stadtviertel die absolute Ausnahme", sagt Friedrich Fichtner.
Mittags werde auch kaum ein Kind abgeholt, beobachtet der Schulleiter. Um 15.30 Uhr dagegen kämen sehr viele Eltern und nähmen glückliche Kinder in Empfang. Auch Anne Schmidt mag diese Situation: Man komme leicht mit den anderen Eltern ins Gespräch, oft herrsche regelrechte "Basarstimmung", welches Kind noch mit wem zum Spielen mitgeht. Oder die ganze Klasse habe noch vor der Schule eine Schneeballschlacht gemacht. "Die wollen oft noch gar nicht nach Hause", hat auch Lehrerin Hermine Trambauer schon festgestellt.
Die Hausaufgaben
Was Eltern als Riesenvorteil des Ganztagsunterrichts sehen: Der Kampf um die Hausaufgaben entfällt. Die Kinder haben an ihren langen Tagen höchstens noch etwas zu lesen auf, nichts Schriftliches. Auch die Lehrer sehen den Wegfall der Hausaufgabenkontrolle als organisatorische Entlastung. Von den Schülern wird später in ihrer Laufbahn allerdings das selbständige Arbeiten erwartet.
Die Raumfrage
Für den Schulleiter bedeuten immer mehr Ganztagsklassen auch eine organisatorische Herausforderung. Die Mensa ist ein umgebautes Klassenzimmer, die bislang drei "g"-Klassen werden dort im Schichtbetrieb verpflegt. Für vier Klassen wäre das allerdings nicht durchführbar, weil sich das Mittagessen sonst von früh am Vormittag bis spät am Nachmittag erstrecken müsste. Damit alle ungefähr zur Mittagszeit ihre Mahlzeit bekommen, hat Friedrich Fichtner die Benutzung eines Raums des Horts im 2. Stock ausgehandelt.
"Nicht zu Lasten der anderen"
Bei der Raumgestaltung bekommen Schulen Unterstützung von der Städtischen Serviceagentur für Ganztagsbildung. Ein Vorschlag dieser Agentur lautete, den Computerraum aufzulösen und für den Ganztag umzubauen. "Aber der Ganztag darf nicht zu Lasten der anderen Schüler gehen", wendet Franziska Ruppert ein, die Vorsitzende des Elternbeirats. "Der Computerraum ist für alle da!" Es werde bei den Eltern der Halbtagsklassen auch nicht gern gesehen, dass weniger Arbeitsgemeinschaften (AGs) angeboten werden, weil sowohl die Räume als auch die Lehrerstunden für den Ganztag gebraucht werden. Man müsse schon aufpassen, dass da keine Missgunst entstehe. Persönlich findet sie es gut, dass es die Wahlmöglichkeit zwischen Halbtags- und Ganztagsklasse gibt.
Schuleinschreibung ist am 5. April. Rektor Fichtner erwartet wieder zahlreiche Anmeldungen für die Ganztagsklasse. Die Plätze verlost er, das sei am gerechtesten: "Allerdings ist es nicht gerade selten, dass Eltern wieder zurücktreten, wenn sie einen Hortplatz bekommen haben."
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