Gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte
Genossenschaften ermöglichen bezahlbare Mietpreise
Wohnen ist aufgrund der enormen Mietpreise ein vorherrschendes Thema für viele Münchner und jene, die es werden wollen. Alternative Wohnformen, die ihren Schwerpunkt auf eine intakte Hausgemeinschaft ohne Gewinnorientierung legen, stellte die Architektin Martina Fischer-Albang bei einem Stadtteilspaziergang vor, den der Verein Urbanes Wohnen e.V. in Kooperation mit dem Bauzentrum München organisiert hatte.
Sozial, ökonomisch und ökologisch sind als Grundprinzipien in der Satzung der Wohnungsgenossenschaft WOGENO e.G. verankert. Mit dem Ziel, sparsam zu wirtschaften, ergeben sich die Notwendigkeit und die Chance des ressourcensparenden Umgangs mit Fläche, Material und Energie.
„Die Hausgemeinschaft lebt!"
Eines der WOGENO-Häuser findet man in der Westendstraße 74. Das um 1898 erbaute Gebäude hatte lange Zeit leer gestanden. „Ende 2009 hat es schließlich die Genossenschaft erworben, im Verlauf des Jahres 2010 in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt saniert und das Dachgeschoss ausgebaut. Die insgesamt 13 Wohnungen, die aus einem bis fünf Zimmern bestehen, wurden im Frühjahr 2011 bezogen. Seither besteht dort eine bunt gemischte Hausgemeinschaft, die aus 32 Genossenschaftsmitglieder aller Altersgruppen besteht", berichtete Fischer-Albang. Durch eine finanzielle Einlage von Eigenkapital werden die Bewohner quasi zu Miteigentümern der Immobilie, wodurch sich die Mietpreise reduzieren lassen. Denn schließlich soll das genossenschaftliche Eigentum den Mitgliedern dienen, ihnen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Zieht ein Genossenschaftsmitglied aus, wird die Einlage zurückerstattet.
Zwar findet sich im Haus kein Gemeinschaftsraum, und auch auf ein Gästezimmer musste aus wirtschaftlichen Gründen verzichtet werden. Dennoch: „Die Hausgemeinschaft lebt", versicherte Fischer Albang, die selbst in dem Gebäude wohnt. Einmal monatlich treffen sich die Bewohner, um aktuelle Belange zu besprechen und nachbarschaftliche Beziehungen zu pflegen. Regie führt der jeweilige Haussprecher, dessen Amt und Aufgaben rollierend jedes Jahr einem der Mitglieder zufallen. Zudem organisieren die Bewohner jedes Jahr zwei gemeinsame Ausflüge und Hoffeste.
Mietverträge in Frauenhand
In direkter Nachbarschaft und durch einen gemeinsamen Innenhof sowie einen gemeinsam genutzten Fernwärmeanschluss mit dem WOGENO-Haus verbunden, sind die neu gebauten Häuser der Genossenschaft FrauenWohnen e.G. in der Westendstraße 74 a-d. 25 Wohneinheiten stehen dort zur Verfügung, alle sind komplett barrierefrei. Bezogen wurden die Wohnungen erst im vergangenen Winter.
FrauenWohnen e.G. ist eine selbstbestimmte, selbstverwaltete Vermietgenossenschaft von Frauen. Sie schafft und erhält Wohnraum für Frauen, der auf lange Sicht bezahlbar bleibt. Die Wohnungen sind teilweise freifinanzierten, zum Teil öffentlich gefördert. Wer einen Mitvertrag mit der Genossenschaft abschließt, hat lebenslanges Wohnrecht. Allerdings ist ebenfalls eine Einlage von Eigenkapital fällig, der bei Neubauten höher ist als bei Bestandsbauten. 1.650 Euro pro Quadratmeter sind derzeit bei freifinanzierten Wohnungen zu leisten, für die geförderten Projekte werden zwischen 350 bis 1.300 Euro fällig.
Außerdem ist Engagement gefragt. Die Leitlinien von FrauenWohnen beinhalten nachbarschaftliches Miteinander, Achtsamkeit, Toleranz und Solidarität. Aus dem Recht auf Mitbestimmung ergibt sich auch eine Mitverantwortung. Denn Entscheidungen werden möglichst im Konsens getroffen und die Häuser werden von der Gemeinschaft selbst verwaltet.
Die Architektur der Anlagen begünstigt die Kommunikation, Laubengänge und ein begrünter Innenhof erschließen die Wohnungen. Alte und junge Frauen, Alleinlebende, Frauen mit Kindern und/oder Lebenspartnern/Innen leben in den Genossenschaftswohnungen, Frauen aus diversen Ländern, mit unterschiedlichen Berufen und verschiedenem Einkommen.
Der Clou ist: „Der Mietvertrag liegt stets in der Hand der Frau, und der Mietpreis steigt im Lauf der Zeit nicht", erklärte Annette Brockob vom FrauenWohnen e.V. München: „Denn Frauen finden in München oft schwerer bezahlbaren Wohnraum, da sie häufig noch immer weniger verdienen als Männer."
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