Gedenken an eine mutige Frau
Vor 80 Jahren nahm sich Toni Pfülf das Leben
Zum 80. Todestag der SPD-Reichstagsabgeordneten Toni Pfülf gedenkt die Münchner SPD der mutigen Kämpferin für Gleichberechtigung und Demokratie. Die Gedenkfeier findet am Freitag, 7. Juni, um 11 Uhr vor dem Haus in Kaulbachstraße 12, in dem Toni Pfülf gelebt hat und gestorben ist, statt.
Mutiges Nein zu Hitlers Machtergreifung
Toni Pfülf war eine wichtige Vorkämpferin für Frauenrechte und die Gleichberechtigung. Sie stritt energisch für die Erhaltung der Weimarer Demokratie und bekämpfte die Nationalsozialisten. Pfülf gehörte zu den 94 Abgeordneten der SPD-Reichstagsfraktion, die am 24. März 1933 Hitlers Ermächtigungsgesetz ablehnten. Mit ihrem Nein standen die sozialdemokratischen Abgeordneten wie Otto Wels, Kurt Schumacher, Wilhelm Hoegner, Marie Juchacz, Toni Pfülf und Josef Felder alleine: Die Fraktion war bereits stark dezimiert durch Ermordung von Mitgliedern, Verhaftung und Flucht. Die Plätze der KPD waren leer. Den Kommunisten war das Stimmrecht entzogen worden, viele waren ebenfalls getötet, inhaftiert oder auf der Flucht. Die bürgerlichen und liberalen Parteien hingegen stimmten Hitlers Ermächtigungsgesetz zu. Am 8. Juni 1933 nahm sich Toni Pfülf angesichts der politischen Situation in Deutschland im Alter von 55 Jahren das Leben. Nach Toni Pfülf ist eine Straße am Fasaneriesee benannt.
Für soziale Gerechtigkeit gekämpft
Toni Pfülf wurde 1877 in einer bürgerlichen Familie in Metz geboren. Dort war ihr Vater als Offizier zu dieser Zeit stationiert. 1896 entschied sie sich mit 19 Jahren - gegen den Willen ihrer Eltern - für einen Beruf: Sie ging nach München, um eine Ausbildung als Lehrerin zu beginnen – einer der wenigen Berufe, den (bürgerliche) Frauen damals überhaupt ergreifen konnten. In den Augen ihrer Familie war das ein Skandal. Der endgültige Bruch mit dem Elternhaus, der mit einem väterlichen Hausverbot einherging, kam 1902, als Toni Pfülf in die SPD eintrat. In den meisten Staaten des deutschen Reichs galt damals noch ein politisches Betätigungsverbot für Frauen. Toni Pfülf hielt im Jahr 1905 in einem Münchner Lokal eine Rede auf einer SPD-Versammlung daher in Männerkleidung. Toni Pfülf engagierte sich im Reichstags-Wahlkampf 1912 für die politische Gleichberechtigung der Frauen und forderte das Frauenwahlrecht, das in Deutschland erst mit der Weimarer Verfassung eingeführt werden sollte. Sie teilte diese Ziele mit den beiden Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, mit denen sie später das Haus in der Kaulbachstr. 12 bewohnte. Anfang 1919 wurde Pfülf in die Verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar und 1920 in den Reichstag gewählt. Toni Pfülf ihren Schwerpunkt auf die Schul- und Bildungspolitik, sie sprach sich für eine Abschaffung der Todesstrafe aus und engagierte sich für die Gleichberechtigung der Frauen. Vielfach vertrat sie dabei Forderungen, die erst im Grundgesetz der Bundesrepublik verwirklicht wurden - oder immer noch politische Ziele sind.
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