Eine Heimat im Westend
Das Evangelische Migrationszentrum im Griechischen Haus
"Wir haben uns von Anfang an bemüht, ein griechisch-deutsches Haus zu sein", sagt Constantinos Gianacacos, im Westend weithin bekannt als Costas. 1992 wurde er Leiter des Griechischen Hauses an der Bergmannstraße 46. Obwohl der Name es nahelegen könnte, ist es kein Haus nur für Griechen, sondern eine Kontaktbörse, ein Kulturort, ein informelles Stadtteilzentrum. Seit seiner Gründung im Jahr 1974 hat es sich erfolgreich weiterentwickelt: "Wir passen uns an die Notwendigkeiten an", sagt Costas Gianacacos.
Im Oktober 2003 wurden die bislang getrennt arbeitenden und an getrennten Orten untergebrachten Einrichtungen "Griechisches Haus" und "Beauftragter für die Arbeit mit ausländischen Mitbürgern" räumlich und inhaltlich zum "Evangelischen Migrationszentrum" zusammengeführt. Im laufenden Kurs-Programm gibt es interkulturelle Spielgruppen für Kinder, Deutsch- und Griechisch-Kurse, Gymnastik, Chor und Gruppen, die griechische Volkstänze üben - letztere sind beim alljährlichen Straßenfest immer ein besonderer Blickfang. Die Frauengruppe wurde bereits 1976 gegründet und besteht immer noch, die Seniorengruppe besteht seit Ende der 1980er Jahre - seit die erste Generation der griechischen Gastarbeiter in Rente ging. Hier in München.
Fantasie und Realität
"Auch ich war von der Sehnsucht geprägt zurückzugehen nach Griechenland", erzählt Gianacacos, der 1974 nach Deutschland kam. "Aber man macht sich da eine falsche Rechnung. Während wir hier um Integration kämpften, hat das Land seine eigene Entwicklung genommen. Mein Heimatgefühl für Griechenland hatte viel mit Fantasie zu tun - und dann holt einen die Realität ein. An einem Ort, mit dem man sich zunächst nicht identifiziert hatte, ist man plötzlich heimisch." Viele Einwanderer, sagt er, kennen München besser als die Münchner, weil sie die Stadt ganz bewusst kennen lernten und nichts von vornherein selbstverständlich war. Mit einem so genannten "Heimat"-Begriff allerdings, der sich dadurch definiert, andere abzulehnen, kommt Gianacacos nicht zurecht.
Heimat-Ersatz
Neben den Gruppen und Kursen bietet das Evangelische Migrationszentrum im Griechischen Haus auch Beratung an. Mit nur wenigen Mitarbeitern werde hier eine Menge geleistet, erklärt der Leiter. Auch finden Gruppen von Menschen verschiedenster Herkunft hier Räume für Zusammenkünfte. Eine Gruppe Äthiopier zum Beispiel treffe sich jeden Sonntag. "Wir müssen den Leuten den Raum bieten, um einen Heimat-Ersatz zu haben. Die Leute brauchen das", erklärt Gianacacos. "Vor allem die, die nicht die Möglichkeit haben, in ihre frühere Heimat zu reisen und sich emotional auszutoben."
Im Keller, da spielt die Musik. Und immer wieder wandern die Musiker aus den Proberäumen nach oben ins Café Philóxenos. Dieses liegt im Erdgeschoss, hat immer dienstags bis freitags von 17 bis 22 Uhr geöffnet und steht allen Besuchern des Hauses offen. "Kürzlich gab es hier ganz spontan eine Zusammenkunft von über 20 jungen Leuten, die ihre Instrumente mitbrachten, kretische und pontische Lyras und Ähnliches. Einer hat einfach eine bekannte Melodie angestimmt und die anderen spielten mit. Ich weiß nicht, wo so etwas sonst stattfinden könnte", schwärmt Costas Gianacacos.
Griechische Filmwoche
Gianacacos ist auch Mitbegründer und Kurator der Griechischen Filmwoche München, die nun schon zum 29. Mal stattfindet. Vom 12. bis 22. November geben 23 Veranstaltungen im Gasteig einen Überblick über das aktuelle griechische Filmschaffen. Ausführliche Infos stehen im Internet unter www.griechischefilmwoche.de. Im Mittelpunkt steht der bedeutende Komponist Mikis Theodorakis, der im Sommer 90 Jahre alt geworden ist. Der zweite Themenschwerpunkt sind neue Filme, mit denen das griechische Kino auf die veränderten Perspektiven (oder im Falle mancher Protagonisten auch Perspektivlosigkeit) im Land reagiert: voll furiosem Zorn wie die Heldin in „ A Blast – Ausbruch“ oder lakonisch-brutal wie der ansonsten langmütige Auftragskiller in „Stratos“.
Fast alle Filme der 29. Griechischen Filmwoche sind zum ersten Mal in München zu sehen, darunter auch die Höhepunkte des diesjährigen Kurzfilmfestivals von Drama. Prominente Ausnahme ist der Publikumshit des Vorjahres: „Hippie, Hippie, Matala, Matala!“, über das Aussteiger-Mekka der 1960er Jahre auf Kreta, wird auf vielfachen Wunsch nochmals gezeigt.
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