"Die Stadt muss neue Wege gehen!"
Josef Schmid im Westend: Erbärmliche Schulen,
45 Patienten: So viele meist alte Menschen sucht eine Pflegekraft der Diakoniestation Westend in einer normalen Acht-Stunden-Schicht auf. "Das ist hart", weiß Geschäftsführerin Petra Hoffmann-Dax - für ihre Mitarbeiter, aber auch für die Pflegebedürftige, für die viel zu wenig Zeit bleibt. Das Team der Diakoniestation, die vom Ev. Verein der Auferstehungskirche getragen wird, versucht, sich so gut wie möglich gegen den Zeitdruck zu stemmen. "Wir wollen die Menschen würdig versorgen", unterstreicht Hoffmann-Dax. Doch während immer mehr Nachfragen nach Plätzen eingehen, fehlt es an Personal. "Das Fachkräftepersonal ist meine Hauptsorge", erklärt sie dem OB-Kandidaten Josef Schmid (CSU), der seine Schmidsprechen-Tour durchs Westend bei der Diakonie beginnt. Seit einem Jahr versucht Petra Hoffmann-Dax, zwei Mitarbeiter, die in Rente gehen, zu ersetzen - vergeblich. "Wie soll das weitergehen?" fragt sie sich. "Wir haben eine permanente Überlastung bei unseren Touren!" Während die Ausbildungskosten für künftige Pflegekräfte ab Herbst niedriger werden (der Freistaat zahlt Zuschüsse an die Schulen, damit diese kein Schulgeld verlangen), bleiben die hohen Mieten in München eine Hürde, die für angehende Pflegekräfte kaum zu überwinden ist.
Wohnungskontingente für Sozialberufe?
"Genau das will ich wissen. Ich will erfahren, was vor Ort passiert", meint Schmid. Er warnt schon lange vor dem Pflegenotstand und dem Fachkräftemangel, der bei den Menschen im Viertel mehr und mehr zu spüren ist. "Die Stadt muss neue Wege gehen!" In der Diakoniestation hat Schmid, der bei seiner Rundfahrt u.a. von MdL Georg Eisenreich begleitet wird, eine Idee: Können die städt. Wohnungsbaugesellschaften Sonderkontingente an Menschen vergeben, die in Sozialberufen arbeiten? Pflegekräfte und Erzieher fänden dann leichter Wohnungen, die auch mit ihrem niedrigen Gehalt bezahlbar sind. "Wir werden prüfen, ob das generell möglich ist", verspricht Josef Schmid und dankt dem Diakonie-Team für seine Arbeit. "Es beeindruckt mich, was hier geleistet wird!"
Auch die Bürger, die sich am Abend mit Josef Schmid, MdB Hans-Peter Uhl und Georg Eisenreich im Jack Rabbit treffen, sprachen die Situation der Pflegekräfte an: Zwischen hohen Lebenshaltungskosten und niedrigen Gehältern gefangen, sei ihre Lage skandalös.
Männliche Rolle fehlt
Das Westend ist für den Stadtrat ein Viertel mit ganz spezifischen Problemen und zugleich mit Einrichtungen, die für die ganze Stadt bedeutsam sind. Zwei davon, die Schmid besuchte, sind das Selbsthilfezentrum und die Väterinitiative: Der Verein steht geschiedenen Vätern zur Seite, die Umgang mit ihren Kindern suchen. "Selbst in Familien, wo alles funktioniert, fehlt oft die Zeit, die ein Kind braucht, um eine männliche Rolle zu erleben", so Schmid. In diese Bresche können weder Kindergärten noch Grundschulen springen, denn hier arbeiten vor allem Frauen. "Diesem Thema müssen wir uns widmen", fordert Schmid.
Schulen brauchen eine Milliarde Euro
Wie bei fast allen seiner bisher 14 Schmidsprechen-Touren beklagten die Bürger die erbärmlichen Zustände in den Schulen ihres Viertels. "Nirgends gibt es in Bayern so marode Schulen wie in München", meinte auch Georg Eisenreich, "da muss ein Wechsel her!" Wollte man alle Schulen der Stadt auf einen den Kindern zumutbaren Stand bringen, müsse man eine Milliarde Euro investieren, sagte Josef Schmid. "Dieser Herausforderung will ich mich widmen!" Die Schulen bräuchten aber nicht nur anständige Gebäude (dafür ist die Stadt zuständig), sondern man müsse auch Chancen nutzen, das Ganztagesangebot auszubauen. "Wir brauchen eine Ganztagesschule im Westend!" bekräftigte Eisenreich.
Priorität für die Kinderbetreuung
Als eine "echte Fehlleistung" bewertete Schmid, der Vater zweier Kinder ist, dass auch im siebten Jahr der "Ausbauoffensive" noch nicht jedes Kind einen Betreuungsplatz finde. Der Grund dafür liege im Detail: "Es gibt in unserer dicht besiedelten Stadt nicht mehr die idealen Areale für Kitas." Daher müsse man zwischen den Interessen - etwa denen von Anwohnern und denen von Eltern, die ohne Kita-Platz ihren Job aufgeben müssen - abwägen. Das Ergebnis ist für Josef Schmid klar: "Wir müssen jeden einzelnen Fall zugunsten der Kinderbetreuung entscheiden!"
"Platz für Ganztagsschule reservieren!"
MdL Georg Eisenreich (CSU): "Lehrer und Eltern berichten seit Jahren, dass es an den Schulen in der Schwanthalerhöhe zu wenig Ganztagsangebote gibt. Gerade in einer Großstadt wie München sind viele Eltern aber darauf angewiesen und schätzen dieses pädagogische Angebot. Ein großes Hindernis ist, dass die dafür notwendigen zusätzlichen Räume fehlen. Hinzu kommt, dass an den Realschulen und Gymnasien die Zahl der Schüler in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Zuständig für die Schaffung von ausreichenden Räumen – also den Bau und die Erweiterung von Schulen - ist die Stadt München. Es bleibt also eng, wenn die Stadt nicht endlich genug Räume schafft. An der Eisenbahnbrücke an der Ganghoferstraße wäre noch ein städtisches Grundstück frei. Dieses muss aus meiner Sicht unbedingt für eine Schule reserviert werden. Diese könnte dann von Anfang an als Ganztagsschule gebaut werden.
Der Freistaat Bayern genehmigt jeden Antrag auf Einrichtung von Ganztagsangeboten und fördert den Bau von entsprechenden Räumen mit erhöhten Zuschüssen. Die Stadt München ist daher aufgefordert, mehr Geld in die Bildung zu investieren, die notwendigen Räume für Ganztag und den Schülerzuwachs zu schaffen und dann auch die entsprechenden Anträge zu stellen."
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