"Deutlich ein Zeichen setzen"
Neuer Vorstoß des BA 8 in Sachen Sinti-Roma-Platz
„Es ist alles in allem eine recht deprimierende Geschichte“, resümierte Sarah-Maria Seeßlen (Grüne), Vorsitzende des Unterausschusses Integration und Kultur im Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA 8), bereits auf der Dezember-Sitzung des Gremiums. Anlass war der endgültige Beschluss des Kulturreferates vom November, dem Wunsch des BA nach einer Gestaltung des Sinti-Roma-Platzes am Bavariapark nicht nachzukommen. „Langsam bekomme ich wirklich den Eindruck, dass die Stadt ein Problem mit Gedenken hat“, so Seeßlen.
Kein Denkmal
Schon seit vielen Jahren fordert der BA 8 nämlich eine adäquate Gestaltung des im Herbst 2006 angelegten Sinti-Roma-Platzes. Im Rahmen der Stadtteiltage 2007 wurde hier als zunächst temporäres Denkmal ein Stelenkreis der im Viertel ansässigen Künstlerin Regine von Chossy aufgestellt. Aufgrund der positiven Resonanz auch von Seiten der Anwohner stellte der BA daraufhin den Antrag, das Denkmal dauerhaft stehen zu lassen und fest zu montieren. Dieser wurde allerdings negativ beschieden: Die so genannte „Arbeitsgruppe Gedenktafeln“ und der Ältestenrat bemängelten damals vor allem, dass bestimmte Verfahrensschritte nicht eingehalten worden seien.
Einen erneuten Anlauf in Sachen Denkmal am Sinti-Roma-Platz unternahm der BA 8 im Mai 2011 mit seinem Antrag im Rahmen des städtischen Projektes „Erinnerungsorte München“: Unter diesem Stichwort baut das Kulturreferat eine Datenbank mit Erinnerungsorten zur NS-Geschichte auf, bringt Namenserläuterungen an Straßenschildern an und klärt den Umgang mit weiteren Themenbereichen der NS-Geschichte im öffentlichen Raum. Die Bezirksausschüsse wurden in diesem Zusammenhang darum gebeten, die Eintragungen in der Datenbank zu korrigieren oder zu ergänzen. Der BA 8 erstellte daraufhin eine umfassende Liste möglicher Erinnerungsorte im achten Stadtbezirk und forderte das Kulturreferat erneut auf, sich mit dem Sinti-Roma-Platz zu beschäftigen und gegebenenfalls einen Wettbewerb zu dessen Gestaltung auszuschreiben.
Erneute Absage
Doch in seinem Beschluss vom November erteilt das Kulturreferat dem Vorhaben des BA erneut eine Absage: Die Frage einer möglichen Aufstellung eines Denkmals am Sinti-Roma-Platz könne erst abschließend erörtert werden, wenn die Neugestaltung des Platzes der Opfer des Nationalsozialismus am Oskar-von-Miller-Ring beendet sei. Dort befinde sich nämlich bereits eine gesonderte Gedenkplatte für Sinti und Roma.
Zugleich teilte das Kulturreferat dem BA 8 mit, dass seine Anregungen bezüglich weiterer Erinnerungsorte im achten Stadtbezirk an die verantwortlichen Redakteure der KulturGeschichtsPfade weitergeleitet worden seien. Die KulturGeschichtsPfade der Landeshauptstadt München sind Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte und Ereignisse in Münchner Stadtvierteln. Jeder KulturGeschichtsPfad ist als Broschüre erhältlich und im Internet abrufbar. Bislang existieren KulturGeschichtsPfade für 14 der insgesamt 25 Stadtbezirke Münchens. Die Schwanthalerhöhe ist nicht darunter: Ein Kulturgeschichtspfad für den achten Stadtbezirk könne frühestens 2014 realisiert werden, so das Kulturreferat.
„Eine Schande“
„Es ist eine Schande, dass das Verfahren um den Sinti-Roma-Platz so elendiglich verschleppt wird“, erklärte dazu BA-Mitglied Thomas Hofstätter (CSU). „Gerade jetzt, wo sich die rechtsradikalen Umtriebe im Viertel mehren, müsste deutlich ein Zeichen gesetzt werden.“ Die Künstlerin Regine von Chossy wäre jedenfalls sofort bereit, ihren magischen Kreis aus 16 graublauen Stelen, mit dem sie an die erste Deportation von Sinti und Roma am 16. Mai 1940 erinnern will, wieder aufzustellen: „Für eine dauerhafte Aufstellung würde ich die Säulen auch erheblich kräftiger gestalten und unzerstörbar fest einbetonieren“, so die Künstlerin. Auch heute noch werde sie immer wieder von Anwohnern darauf angesprochen, wie schön der magische Säulenkreis gewesen sei und dass er wieder installiert werden soll. „Eine solche Akzeptanz im Viertel muss man erst einmal erreichen“, betonte der BA-Vorsitzende Ludwig Wörner (SPD). Zudem werde das Denkmal auch vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma befürwortet, wie BA-Mitglied Daniel Günthör (Grüne) erklärte.
Der BA 8 will jetzt einen erneuten Vorstoß wagen und ein Bündel an Forderungen schnüren: „Wir fordern, dass für die Gestaltung des Sinti-Roma-Platzes ein Wettbewerb ausgeschrieben wird“, so Ludwig Wörner. Zudem soll der Ort in der Trappentreustraße, an dem 2005 der Grieche Theodorous B. von Mitgliedern der Neonazi-Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ ermordet wurde, in die Liste der Erinnerungsorte aufgenommen werden: „Wenn das kein Erinnerungsort ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter“, meinte Wörner dazu.
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