Alte Bekannte und frische Ideen
Bürgerversammlung: 33 Anträge für mehr Lebensqualität
Zwei Stunden lang traten Bürger ans Mikrofon, um ihre Ideen und Wünsche vorzubringen: wie man den Autoverkehr aus dem Viertel heraushalten, die Luft verbessern, das Radeln angenehmer und das Feiern möglich machen könnte. Politisch ist die Schwanthalerhöhe auch, deshalb waren Plädoyers für das – mittlerweile wohl jedem bekannte – "Haus mit der roten Fahne" sowie gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz zu hören. Eindeutig war die Solidarität mit den Anliegen von Menschen mit geringem Einkommen und Rollstuhlfahrern, knapp war dagegen die Zustimmung für die Hundefreunde. Entmutigen lassen sich die Bürger hier nicht, auch nicht von jahrelangen Wartezeiten.
Gut 30.000 Menschen leben im Stadtbezirk 8 Schwanthalerhöhe. Rund 130 davon kamen zur Bürgerversammlung ins Wirtshaus am Bavariapark. 28 von ihnen meldeten sich zu Wort und, da manche mehrere Anliegen hatten, kamen 33 Anträge zusammen. "Das zeigt, dass wir ein lebendiges Stadtviertel sind und Demokratie leben", bilanzierte Sibylle Stöhr, Vorsitzende des Bezirksausschusses.
Auslauf für Hunde
Immer wieder hatte Seniorenbeirätin Monika Obermeyer in der Bürgersprechstunde des Bezirksausschusses nach einer eingezäunten Freilauffläche für Hunde gefragt. Sibylle Stöhr machte auch bei der Bürgerversammlung keinen Hehl aus der ablehnenden Haltung des Gremiums: "Wir haben so wenige Grünflächen im Viertel, da setzen wir einfach andere Prioritäten." Obermeyer ist seit drei Jahren Frauchen von "Filou" und möchte ihr schwarzes Energiebündel auch mal ohne Leine laufen lassen, ohne dabei mit Radfahrern oder Kindern zusammenzustoßen. Und ohne von Kontrolleuren des Gartenbaureferats zur Kasse gebeten zu werden, denn mittlerweile gibt es im Stadtbezirk kaum mehr eine Grünfläche ohne grüne Poller, die auf die Leinenpflicht hinweisen.
Auf der Suche nach einer Lösung ist Monika Obermeyer das ehemalige Parkwächterhäuschen ganz im Eck des Bavariaparks an der Theresienhöhe 16, Ecke Oda-Schaefer-Weg, aufgefallen. Es liegt seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf – der letzte Antrag des Bezirksausschusses auf eine Nutzung als Haus für Künstler stammt aus dem Jahr 2015. "Das Gelände ist bereits eingezäunt. Man könnte es doch zumindest als Zwischennutzung als Spiel- und Übungsplatz für Hunde öffnen", so Obermeyers Antrag, der mit 66 Ja- zu 56 Nein-Stimmen angenommen wurde. Zwei weitere Bürgerinnen beantragten eine Freilauffläche für Hunde. "Bei den Hundebesitzern hat sich in den letzten zehn Jahren viel getan", plädierte eine Antragstellerin, "es ist inzwischen wirklich eine Selbstverständlichkeit, dass man die Hinterlassenschaften wegräumt." Obwohl sich die Anträge ähnelten, wurde einer von der Mehrheit der Stimmberechtigten abgelehnt, der andere mit 75 zu 54 Stimmen angenommen. Monika Obermeyer sieht einen Teilerfolg und setzt sich weiterhin für ihr Anliegen ein: "Für viele ältere Leute ist ihr Zamperl Freund und Sozialgefährte", betont sie. Gut 400 Hunde leben im Stadtviertel, das macht einen Hund pro 75 Einwohner. Das ist die geringste "Hundedichte" in ganz München (Quelle: Statistisches Amt München).
Demokratie kann dauern
Deutlich wurde bei der Bürgerversammlung einmal mehr, dass es sehr lange dauern kann, bis sich etwas tut. So kamen zwei Anträge zu Radwegverbindungen zur Sprache, die schon vor Jahren gestellt wurden. Einmal ging es um die bessere Verbindung zwischen Grasser- und Holzapfelstraße, zum anderen um die Westendstraße stadtauswärts. Hier soll an der Trappentreustraße das kurze Stück zum Zebrastreifen für beide Richtungen ausgebaut werden und eine legale Querungsmöglichkeit geschaffen werden. Geplant war das schon für 2017, in Kürze sollen die Bauarbeiten tatsächlich beginnen. "Der erste Antrag dazu ist von 2010. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, wird das nichts mit der Verkehrswende", sagte der Antragsteller in Richtung Politik und Stadtverwaltung.
Was tun am Stöpsel?
Jede Menge Vorschläge hat der Bezirksausschuss der Stadtverwaltung bereits gemacht, wie das Durchfahrtsverbot der Trappentreustraße auf Höhe Gollierplatz, der so genannte Stöpsel, wirklich durchgesetzt werden kann. Kontrollen, Ampel, Schranke, Poller – alles wurde diskutiert und verworfen. Nun drehte ein Antragsteller den Spieß um: Er bitte die Stadtverwaltung, selber aktiv zu werden und eine praktikable Lösung für die gefährliche Situation zu finden.
Mehr Kontrollen
Stärkere Kontrollen wurden für einige Themenfelder gefordert. Verstärkt abgeschleppt werden sollen Falschparker, die nicht nur zur Wiesnzeit, sondern auch während Gottesdiensten und Fußballspielen beobachtet wurden. Ebenso wurde von nächtlichen Autorennen zwischen Westend-, Ganghofer-, Tulbeck- und Bergmannstraße berichtet. Am Gollierplatz fordert ein Bürger häufigere Kontrollen und Platzverweise für Leute, die im Bereich der Tischtennisplatten Alkohol konsumieren, damit die Kinder den Spielplatz nebenan unbeeinträchtigt benutzen können. Auch beim Zebrastreifen in der Trappentreustraße Höhe Westendstraße baruche es mehr Kontrollen, weil Radfahrer den Vorrang der Fußgänger missachten und parkende Autos die Sicht versperren.
Raus mit den Autos
Mit 53 Ja- und 51 Nein-Stimmen angenommen wurde der Antrag auf ein Durchfahrtsverbot für alle älteren Fahrzeuge, die noch nicht der Euro-6-Norm für Diesel und der Euro-5-Norm für Benziner entsprechen. Vor allem von der Donnersbergerbrücke, der Landsberger Straße, der Ridlerstraße und der Theresienhöhe sollen die Autos verbannt werden. Für Anwohner soll eine Ausnahmeregelung für maximal fünf Jahre gelten. Die Antragstellerin verwies auf Fahrverbote in Hamburg.
Um kreative Lösungen der Verantwortlichen bat ein Anwohner, um den Berufs- und Einpendelverkehr aus der Ridler- und Kazmairstraße herauszuhalten. Eine Einbahnregelung für die Kazmairstraße entgegen dem Verkehrsstrom halte er für ein probates Mittel. Er appellierte an die Stadt: "Schieben Sie nicht die Zuständigkeiten hin und her. Mehr Mut! Andere Städte machen es einfach." Die Mehrheit stimmte seinem Antrag zu.
Vorfahrt für Radler
Mehrheitlich abgelehnt wurden zwei Anträge zur Fahrradstraße Gollierstraße: Einen Modellversuch Vorfahrtsstraße statt Rechts-vor-Links-Regelung unterstützte nur eine Minderheit. Auch Absperrungen, um Autos von der Gollierstraße fern zu halten, wollte die Mehrheit nicht haben.
Mehr Grün für bessere Luft
Der Efeubewuchs am Ausgang des Trappentreutunnels sei ja schon mal ganz gut, meinte ein Antragsteller. Einen noch größeren Effekt für bessere Luft verspreche er sich aber von einer mit Moos begrünten Lärmschutzwand zwischen dem Tunnelportal und der Landsberger Straße. Die große Mehrheit stimmte der Idee zu.
Mehr Grün will ein Anwohner auch in der Barthstraße: Die Längsparkplätze sollen senkrecht oder schräg umgestaltet werden, die Straße damit verkehrsberuhigt und die gewonnene Fläche begrünt werden.
Beantragt wurde auch die Nachpflanzung von gefällten Bäumen – das sei sowieso schon der Fall, versicherte Sibylle Stöhr.
Feiern auf dem Schneckenplatz
Ein familienfreundlicher Weihnachtsmarkt auf dem Schneckenplatz – diese Initiative droht daran zu scheitern, dass der Bodenbelag zu empfindlich für verschütteten Glühwein und Frittierfett ist. Kurzerhand beantragte eine Bürgerin, dafür eine technische Lösung zu finden. Neben der Mehrheit der Anwesenden war auch Sibylle Stöhr der Meinung, dass auf dem größten Platz im Viertel gefeiert werden können muss. Auch ein Antrag auf Fahrradstellplätze fand die Zustimmung der Mehrheit.
Kostenlose PC-Nutzung
Einen PC mit Internetzugang und Drucker zu haben, ist für viele Menschen selbstverständlich. Für andere aber ist das nicht finanzierbar. Der Antrag, die Rechner im Bildungslokal Schwanthalerhöhe außerhalb der Kurszeiten bei Bedarf auch mal privat nutzen zu können, wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen.
Bitte barrierefrei
Die rollstuhlgerechte Toilette gehöre zur Kongresshalle und sei häufig geschlossen, erklärte ein Anwohner, der im Rollstuhl nach vorne gekommen war. Er beantragte deshalb ein behindertengerechtes WC auf dem Gelände des Bavariapark-Wirtshauses und wurde einstimmig unterstützt. Genauso wie sein Antrag auf Rollstuhl-Rampen am Bahnsteig in den U-Bahnhöfen des Stadtbezirks.
Schulbau kommt
Der Antrag auf Neubau eines Schulgebäudes auf dem städtischen Gelände an der Ganghoferstraße an der Bahnlinie, im Viertel bereits seit langem bekannt als "MK 2", hat sich erledigt. Wie Bürgermeisterin Christine Strobl berichtete, ist dazu eine Machbarkeitsstudie bereits in Arbeit. "Wir wollen das Baurecht so gut wie es geht ausnutzen", versicherte sie. Während es in früheren Jahren hieß, das Gelände sei zu klein für einen Schulbau, klingen die aktuellen Pläne ganz anders: Auf dem Areal sei eine vierzügige Mittelschule geplant mit Zweifach-Sporthalle, Freisportanlage, Verwaltungsräumen für das Referat für Bildung und Sport sowie Wohnungen für städtische Beschäftigte. Die Mittelschule an der Ridlerstraße soll in den Neubau ziehen und die Carl-von-Linde-Realschule die frei werdenden Räume bekommen. Bis zum Baubeginn hat der Verein "Rad und Tat" eine Zwischennutzung des Geländes für einen Wagenpark beantragt.
Rote Fahne
Julian Mühlbauer trat ans Mikrofon und verlas noch einmal seinen Antrag auf Erhalt des Hauses mit der roten Fahne, der bei der Bürgerversammlung vom April 2017 mit überwältigender Mehrheit angenommen worden war. Was sich seither getan habe? Nichts, abgesehen von einem Schreiben des Planungsreferats, das ihn auf den 27.10.2017 vertröstet habe. "Das einzige was läuft, ist die Verhandlung der Räumungsklage vor Gericht", informierte er die Anwesenden. Die nächste öffentliche Verhandlung vor dem Landgericht beginne am 9. Juli um 10.30 Uhr.
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