„Es wäre ein schwerer Fehler, nicht zu bauen“
Droht Bürgerbegehren gegen Bauprojekt am Gautinger Bahnhof?
Im Frühjahr hatten die Vertreter der Gemeindeverwaltung und der Baufirma Sontowski & Partner als Investor die Baupläne für das ehemalige Grundschulareal neben dem Gautinger Bahnhof vorgestellt. Demnach soll auf den insgesamt 4.530 Quadratmetern Fläche ein kleines Stadtquartier mit drei fünfgeschossigen Wohngebäuden entstehen. Daneben soll es viel Platz für Supermarkt, Einzelhandel, Büro und Dienstleistungen geben. Dachbegrünung, Tiefgaragen, Spielflächen und Zuwegungen würden das Gebiet wohnlich und freundlich gestalten.
Zur Präsentation gab es Gesprächsrunden, eine abendliche Bürgerversammlung und anschließend die Auslegung der Pläne. Auf bisherige Kritikpunkte ist Sontowski eingegangen. Beispiel? Statt 52 gibt es nun 60 kleinere Wohnungen. Die Kritik am großen Bauprojekt ließ bis jetzt nicht nach, so dass das Gautinger Bürgerforum e.V. mittlerweile ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung anstrebt. Schon zur Bürgerversammlung kündigten Eckhard Müller-Guntrum und Angelika Siegmund vom Forum die weiteren Schritte gegen die „Baukolosse in Gauting“ an. Das Bürgerbegehren begründen sie damit, dass die Neubauten „unverträgliche Maßstäbe" hätten und „überdimensioniert und großstädtisch“ seien.
„Wir brauchen einen Frequenzbringer“
Die Sontowski-Geschäftsführung und die Gemeindeverwaltung stellten nun einige der Behauptungen des Bürgerforums richtig. Schon immer sei die Stelle mit einem Hochhaus bebaut gewesen, so Bürgermeisterin Brigitte Kössinger. „Und zwar schon 1896 mit der damaligen Tabakfabrik. Die Gebäude hatten eine Höhe von 21 Metern und war somit deutlich höher als die Grundschule oder das jetzt geplante Gebäude mit einer Höhe von 17,5 Metern.“ Es stelle sich immer die Frage, was eigentlich ortsprägend sei. „So gesehen war Gauting schon immer das sich entwickelnde Dorf.“
Kössinger nannte das bisherige Verfahren „transparent und sehr offen. Wir haben für das Projekt schon sehr viel Lob eingesteckt. Zum Beispiel nannte der inzwischen leider verstorbene Architekt Rainer Köhler das Projekt etwas Großartiges. Leute gratulieren uns dafür und freuen sich auf fußläufige Einkaufsmöglichkeiten. Und wir brauchen unbedingt einen Frequenzbringer! Diese Bebauung wäre ideal dafür.“ Zu lange hätten Gemeinderat und Verwaltung gründlich darauf hingearbeitet, als dass das Projekt nicht Hand und Fuß hätte.
Projekt mit Hand und Fuß!
Sollte das Bürgerbegehren tatsächlich auf den Weg kommen und sich womöglich noch durchsetzen, wäre die Arbeit umsonst gewesen und müsste die Gemeinde die Kaufsumme von neun Millionen Euro plus Zinsen plus Vorleistungen der Baufirma zurückzahlen. „Dann beginnen wir von vorn und hätten massive Konsequenzen zu tragen.“
Diese wären beispielsweise die absolute Schieflage des Haushalts, in dem dann keinen Platz für freiwillige Leistungen wäre. „Bosco, Sommerbad, Filmfest, Vereine könnten wir dann vergessen. Unser Haushalt wäre absolut notleidend“, betonte Kössinger. Doch die schlimmste Konsequenz wäre der erneute Stillstand am Gelände, eine weitere Brache im Ortskern und der Verlust der Glaubwürdigkeit der Gemeinde. „Aber wir wollen nicht an den worst case denken!“
„Zukunft statt Stillstand“
Gautings Standortförderer Fabian Kühnel-Widmann nannte das Projekt einen „Quantensprung für den Ort“. Und Johannes Pohl von Sontowski & Partner ist überzeugt, am richtigen Ort genau die richtigen Objekte zu realisieren. „Wir haben Nachfragen im dreistelligen Bereich“, betonte er. Die Firma habe deshalb bereits über eine halbe Million in den Abbruch investiert und vertraue auf das weitere Entgegenkommen im Ort. „Dafür bleiben wir im Gespräch.“ In diesen Tagen verschickt Sontowski eine Postsendung an alle Haushalte mit dem Titel „Zukunft statt Stillstand“, in dem sämtliche Informationen zum Bauprojekt gebündelt sind.
Im Moment sammelt das Bürgerforum Unterschriften für das Bürgerbegehren. Sollte das Bürgerbegehren gegen das Bauvorhaben für zulässig erklärt werden, dürften keine Entscheidungen bezüglich des Baus gefällt werden. Doch auch Kössinger erwägt ein Ratsbegehren für den Bau. „Es wäre ein schwerer Fehler, nicht zu bauen“, meinte sie. Auch die große Mehrheit im Gemeinderat werde dafür auf die Straße gehen und sich der Diskussion stellen. „Auch mit einem etwaigen Stillstand wegen der Verfahren könnte das Projekt Mitte 2018 starten und Ende 2019 realisiert sein.“
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