Christlich wirtschaften - geht das?
Podiumsgespräch „Evangelisches Unternehmertum und ethisches Handeln“ in der Planegger Waldkirche
Beim Podiumsgespräch „Evangelisches Unternehmertum und ethisches Handeln“ in der Planegger Waldkirche diskutierten Pfarrer und Unternehmensberater Peter Lysy, Merkur-Verleger Dirk Ippen, Moderatorin Susanne Betz vom Bayerischen Rundfunk, David Schmitt vom DGB Bayern und Pfarrer Roland Pelikan (von links). (Foto: us)
Ist ethisches Unternehmertum möglich? Was bedeutet „gute Arbeit“? Was ist gerechter Lohn und inwiefern ist die soziale Marktwirtschaft von christlichen Werte geprägt? Diesen und noch mehr Fragen ging eine spannende Gesprächsrunde in der evangelischen Waldkirche in Planegg auf den Grund. Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde hatte dazu den Merkur-Verleger Dirk Ippen, den Pfarrer und Unternehmensberater Peter Lysy, den Pfarrer und Publizisten Roland Pelikan sowie David Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Bayern eingeladen. Unter der Moderation von Susanne Betz, Redakteurin beim Bayerischen Rundfunk, diskutierten die vier Experten und stellten sich anschließend den Fragen der interessierten Zuhörer.
Das Thema habe sehr viel mit Luthers Wirtschaftsethik zu tun und sei im Luther-Jahr aktueller denn je, wie Waldkirchen-Pfarrer Bernhard Liess die Diskussionsteilnehmer und Zuhörer begrüßte. Auf Luther bezog sich sogleich auch Pelikan in seinen Einleitungsworten. „Der Mensch ist zur Arbeit geboren, wie der Vogel zum Fliegen – das sagte Luther“, so Pelikan. Und was sonst assoziiere Fliegen als Freiheit? Im Arbeiten und im Wirtschaften werde Gott tiefer geehrt als im Beichten und Beten. Insofern habe auch „gute Arbeit“ eine ganz spirituelle Bedeutung.
Soziale Frage als Ausgangspunkt
Auch Ippen stimmte dem zu. „Die soziale Marktwirtschaft hat christliche Wurzeln“, meinte er, „denn die soziale Frage ist immer Ausgangspunkt für unternehmerisches Handeln.“ Er als evangelisch geprägter Mensch habe sich stets danach gerichtet. „Wer in der Wirtschaft handelt, muss verantwortlich handeln. Und zwar egal ob er vom Kreuz oder vom Halbmond geprägt ist! Jeder muss erst sein Gewissen prüfen, bevor er tätig wird.“ Luther sei für ihn ein durch und durch vorbildlicher Unternehmer im modernsten Wortsinn, betonte der Verleger. „Er war neugierig, ein großartiger Propagandist und hatte das Wohl seiner Umwelt und seiner Heimatstadt vor Augen. Man könnte ihn als den Steve Jobs der damaligen Zeit bezeichnen.“
Lutherisches Denken im Wirtschaftsalltag finde leider viel zu wenig Beachtung, meinte Pfarrer Lysy vom Arbeitskreis evangelischer Unternehmer. „Wir beraten Unternehmen, geben „Zurüstung“ und Orientierung in ethischer und moralischer Hinsicht“, so Lysy. „Unsere Zielgruppe sind die Manager in Führungspositionen. Dabei wandeln wir den Spruch „The Business of Business is Business“ ab in: „Das Geschäft des Geschäfts ist der Mensch“! Erst dann lässt es sich wirklich und wahrhaftig verantwortlich vor Gott und den Menschen handeln.“
Praxistauglich?
Ippen meinte: „Es müsste doch statt der vorherrschenden Tauschgerechtigkeit eine Verteilungsgerechtigkeit geben. Dem millionenschweren Unternehmer tut es nicht weh, einen Eisschrank zu kaufen. Dem Familienvater mit niedrigem Einkommen allerdings schon. Damit müssen wir umgehen.“ Darum sei Wettbewerb wichtig, damit der Reichtum des einen nicht in den Himmel wachse. Hier müsse die Verantwortung des Einzelnen gestärkt werden.
Doch David Schmitt winkte ab. In der Theorie höre sich vieles toll an, was später dem Praxisdruck nicht mehr standhalten könne, erklärte der DGB-ler. „Nicht nur das Machtgefälle nimmt zu, auch die Stärkung der Einzelverantwortung führt eher dazu, dass die sozialen Risiken abgewälzt sind. Jeder fühlt sich selbst verantwortlich für sein Scheitern und ist sich selbst der Nächste.“ Als Beispiel seien Leiharbeiter genannt. „Die Entwicklung führt derzeit leider in Richtung Entsozialisierung.“ Vor allem im globalen Zeitalter müsse man daher unsere Werte aufrechterhalten und auf Sozialpartner setzen. Und auch verträgliche Rahmenbedingungen für neue Arbeitsformen schaffen. „Auf positive Ergebnisse kommen wir nur, wenn wir auf kooperatives Miteinander setzen.“
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