Wie fühlt sich "Älterwerden" an?
Schnuppertag im Ev. Pflegezentrum
Seit fast sechs Jahren gibt es das Evangelische Pflegezentrum Sendling auf der "Südseite". Bei einem Schnuppertag lud die Einrichtung in dem markanten Rundbau dazu ein, die Ausbildung zum Altenpfleger und den dualen Studiengang "Pflege dual" kennenzulernen. Fast 300 Teilnehmer kamen in die Baierbrunnerstraße.
Dieses "Get togehther" wurde von den Schülern und Lehrern gemeinsam geplant. Neben breit gefächerten Workshops, die von sozialen und medizinischen Themen bis hin zu kreativer Arbeit und Alterssimulation reichten, bekamen die Schüler auch eine Führung durch den hellen Rundbau. Die Besonderheit an dem Komplex ist die enge Kupplung des Lehr- und Lernhauses mit dem Heim: die Gebäude stehen direkt nebeneinander - ähnlich wie bei einem Uniklinikum, wie Florian Walter, der Leiter des Pflegezentrums, erklärte.
Auf 214 Bewohner kommen hier über 100 Pfleger, welche sich in drei Schichten rund um die Uhr für die älteren Damen und Herren kümmern. Für die Verpflegung war am Schnuppertag auch gesorgt: im sogenannten Erinnerungscafe - dem Stil der 50er Jahre und der Rock'n'Roll-Zeit nachempfunden - gab es Hotdogs und Waffeln.
Die Besuchern konnten dabei erfahren, wie sich "Älterwerden" anfühlt. In Workshops konnten sie viel über das Altern erfahren; Lehrer und Fachkräfte des Zentrums informierten über die Ausbildung zur Pflegekraft und zum Studium "Pflege dual".
"Gar nicht so einfach"
Mit einem "Altersanzug" konnte jeder die Effekte hohen Alters am eigenen Leib spüren: Mit dem gerontologischen Simulators "GERT" werden steife Gelenke, Hör- und Sehschwäche sowie die "Schwere" von Bewegungen - mit Gewichten an den Armen, Beinen und dem Torso - nachgeahmt. Pflegepädagoge Norbert Hermes führte die Teilnehmer in diesem Anzug durch verschiedene Alltagsaufgaben: Ein Telefonat annehmen, die Wäsche aufhängen oder Essen und Tabletten zu sich nehmen - durch die etlichen Einschränkungen gar nicht so einfach!
Bei einem Erste-Hilfe-Workshop zeigte Sedef Ölmez (Lehrerin an der Pflegeakademie), dass es in einer Notfallsituation wichtig ist, Initiative zu ergreifen. Sie demonstrierte die stabile Seitenlage mit Mike Heumann und führte eine Herz-Lungen-Wiederbelebung an einer Puppe vor. "Ruhe bewahren ist das wichtigste", so Ölmez. "Sei kein Gaffer" rief ihr Workshop auf.
"Man muss Fragen stellen"
Im "Kreativ-Workshop" lernen die Interessierten, wie feinmotorisches und kognitives Training mit Pflegebedürftigten wirkt, zum Beispiel beim Origamifalten. Zudem wurde das sogenannte Sinneskisten vorgestellt: Mit verschiedenen Reizen wie Gerüchen, Bildern und Gegenständen sollen positive Erinnerungen bei älteren Menschen geweckt werden. Pädagogin Birgit Schneider erklärte: "Hierbei ist es wichtig, dass der Pfleger aktiv mit der Person an der Sinneskiste arbeitet. Man muss Fragen stellen und langsam vorgehen. Außerdem ist es entscheidend, die Älteren wieder sanft ins Hier und Jetzt zu bringen."
Im medizinischen Workshop "Lebendige Anatomie" wurden Schweineorgane und Rinderherzen seziert und dabei die Funktion jedes einzelnen Organs erklärt. "Die Anatomie der Tierorgane sind mit denen von Menschen nahezu deckungsgleich, nur die Größe stimmt nicht ganz", erklärte die Gruppenleiterin.
"Pflege ist mehr als 'satt und sauber'"
An der Station "Basale Stimulation" zeigte Ursula Schneider-Demmerle (Lehrerin für Pflegeberufe), wie man mit Wahrnehmungsstörungen umgehen kann. Die Kommunikation findet auch hier über Gerüche, Musik und Berührung statt. "Basale Stimulation fördert das Ich-Gefühl, was oft mit langer Bettlägigkeit und Einsamkeit verkümmert", so die Pädagogin, "Pflege ist mehr als 'satt und sauber', Pflege ist ganzheitlich." Es ist ein wichtiges Ziel, Vertrauen aufzubauen.
"Es ist schön, mit Menschen zu arbeiten und ihnen zu helfen", sagte Florian Walter, "uns ist wichtig, das zu zeigen."
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