"Widersinniges Vorhaben"
Wird die Unterführung am Waldfriedhof aufgegeben?
Sicher von einer Straßenseite auf die andere gelangen, egal ob als Fußgänger oder Radfahrer, ob gehbehindert oder auch nicht: das soll in München möglich sein. Die Landeshauptstadt möchte Barrieren in der Stadt abbauen und sowohl Fuß- als auch Radwegeverbindungen verbessern. Aus diesem Grund hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung eine Prioritätenliste für 123 bestehende und geplante Unterführungen sowie Brücken erstellt. Sie soll als Grundlage bei der weiteren Planung dienen. Mit auf der Liste: die Unterführung an der Fürstenrieder Straße am Haupteingang zum Waldfriedhof. Sie ist versehen mit der höchsten Priorität 1+. "Die Prioritätsklasse 1+ beinhaltet Standorte bzw. Bauwerke, die mit oberster Dinglichkeit behandelt werden sollen", heißt es dazu aus dem Baureferat. Aber: In der Anlage zu der Liste finden sich bei dieser Unterführung die Wörtchen "wird zurückgebaut". Dieser Hinweis sorgt nun für Aufregung.
"Schildbürgerstreich"
"Als völlig widersinnig stufen wir den Vorschlag ein, die wichtige Unterführung am Haupteingang Waldfriedhof rückzubauen", so Stadtrat Walter Zöller, planungspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion. Auch Alfred Nagel (CSU), Mitglied des Bezirksausschusses (BA) 7 kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Es ist unverständlich, eine wichtige, seit Jahrzehnten bestehende, funktionierende Unterführung für teures Geld rückzubauen. Wenn es Ziel des Münchner Stadtrates ist, Barrieren in der Stadt für Fußgänger und Radfahrer abzubauen und die Fuß- und Radwegverbindungen zu verbessern, so ist es ein Schildbürgerstreich, für teures Geld eine barrierefreie Unterführung zuzuschütten", so Alfred Nagel. Diese Unterführung werde nicht nur von den vielen Friedhofsbesuchern vom großen Parkplatz zum Haupteingang des Waldfriedhofs genutzt, sondern stelle vor allem eine wichtige, barrierefreie Querung der Fürstenrieder Straße für Radfahrer (ohne Ampel) in Richtung Südosten dar. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger für diese Maßnahme Verständnis haben werden", so Nagel.
"Lieber neue Toilettenanlagen"
Ebenfalls auf Unverständnis stößt das Vorgehen bei Werner Wolf, Seniorenvertreter im Stadtbezirk 7. "Als Seniorenvertreter war ich sehr bestürzt darüber, als ich erfahren habe, dass die Unterführung in der Fürstenrieder Straße beim Haupteingang zum Waldfriedhof für teures Geld zurückgebaut werden soll", betont Wolf. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine barrierefreie Unterquerung der sechsspurigen Hauptverkehrsader als langbewährte Sicherheitseinrichtung verschwinden müsse. Für Fußgänger, Radfahrer Schulkinder, die von und zur Bushaltestelle entweder den Weg zur Schule oder ihren Nachhauseweg, je nach Lage der Schule anträten, Friedhofbesucher sowie Trauergäste, die vom und zum Parkplatz gingen, bleibe dann nur die Möglichkeit die Straße an der Lichtzeichenanlage zu queren. "Ich bin der Meinung, dass der Stadtrat für Barrierefreiheit und Sicherheit seiner Bürger Verantwortung zeigen sollte. Diese Maßnahme sehe ich zudem als Steuer zahlender Mitbürger als kontraproduktiv. Das Geld wäre für neue Toilettenanlagen im nahegelegenen Friedhof besser angelegt."
Günter Keller (SPD), Vorsitzender des BA 7, sieht das Vorhaben ebenfalls kritisch. "Ein Rückbau kostet Geld. Es gibt derzeit keinen Grund, die Unterführung zurückzubauen." Im Moment werde die Unterführung sowohl von Passanten als auch Radfahrern genutzt. "Wenn die Tram-Westtangente kommt und die Gehwege an der richtigen Stelle sind, wird die Unterführung nicht mehr nötig sein", sagt er.
"Nur eine Empfehlung"
Thorsten Vogel, Sprecher des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, beschwichtigt: "Der Rückbau ist nur eine Empfehlung des Planungsreferarts", sagt er und verweist auf eine barrierefreie Querungsalternative unweit der Unterführung. "Da gibt es einen Übergang mit Ampel." Es sei aber noch nichts entschieden. "Das Ganze wird an das Baureferat zur Prüfung weitergegeben. Dabei wird auch der Bezirksausschuss mit eingebunden", so Vogel. "Dann entscheidet der Stadtrat."
Christian Müller vom Baureferat bestätigt: "Gemäß des Grundsatzbeschlusses soll die Unterführung zurückgebaut werden, da in zumutbarer Entfernung eine ebenerdige Verbindung mittels Lichtsignalanlagen vorhanden ist. Der Stadtrat wird im Frühjahr 2017 mit einem Grundsatzbeschluss des Baureferates befasst, in dem das weitere Vorgehen und Termine dargestellt werden."
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