Weniger Brot und Kleidung
Wie sich die Nahversorgung im Waldfriedhofviertel verändert hat
Die Anzahl der Geschäfte für den täglichen Bedarf: abgenommen. Die Anzahl der Geschäfte für den häufigen Bedarf: abgenommen. Dieses ernüchternde Fazit zog Alfred Schmidt (SPD) in der Novembersitzung des Bezirksausschusses (BA) 7. Konkret ging es dabei um die Änderung der Infrastruktur in der Waldfriedhofstraße seit 1998 und die damit verbundene mögliche Sanierung.
Kaufentscheidung beeinflusst Infrastruktur
Alfred Schmidt legte dem Gremium eine ausführliche Auflistung vor, in der dargestellt ist, wie sich die Situation in der Waldfriedhofstraße verändert hat. Und zwar zum Schlechteren. Die von Schmidt gegründete Initiative "Lebendige Waldfriedhofstraße" hatte sich bereits in den Jahren 1996 bis 2000 gemeinsam mit Geschäftsinhabern des Einzelhandels sowie Bürgern für eine bessere Infrastruktur und mehr Lebensqualität eingesetzt. "Die Initiative sollte vor allem der Öffentlichkeit bewusst machen, welches Kleinod die Waldfriedhofstraße schon immer war und welchen Beitrag sie für die Lebensqualität des umliegenden Wohnviertels durch fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeiten leistete", heißt es in den Ausführungen von Alfred Schmidt. Damals sei es allen Beteiligten klar gewesen, dass jeder einzelne Bürger mit seiner Kaufentscheidung die Überlebensfähigkeit der Geschäfte unmittelbar beeinflusse und damit die Infrastruktur der Waldfriedhofstraße als Nahversorgungszentrum und "Geschäftsmeile" unterstütze oder eben vernachlässige und damit deren Zukunft gefährde.
"Gute Voraussetzungen"
Mit der Umgestaltung des Mittelstreifens von der einstigen aufgelassenen Trambahntrasse hin zu Bepflanzung mit Bäumen und Büschen sowie Grünflächen im Jahr 1999 sei die Waldfriedhofstraße deutlich aufgewertet worden. Die Einwohnerzahlen seien von etwa 5.000 auf 6.000 im Einzugsbereich angestiegen, und mit der Untertunnelung des Luise-Kiesselbach-Platzes sei die Stauhäufigkeit in der Waldfriedhofstraße zurückgegangen. "Diese Randbedingungen sind an sich gute Voraussetzungen für die Stabilität und den Erhalt der Infrastruktur", formuliert es Schmidt in seinen Ausführungen.
"Bequemlichkeit der Bürger"
In der Analyse zeigte er nun sehr detailliert auf, wie sich die Lage in der Waldfriedhofstraße seit 1998 verändert hat. Basis hierzu ist eine Liste von 72 Gewerbeobjekten wie Kneipen, Läden und Büros. Demnach sind die Geschäfte für den täglichen Bedarf (Lebensmittel, Bäcker, Metzger) von elf auf sieben und somit um 36 Prozent zurückgegangen. Um 43 Prozent abgenommen haben die Geschäfte für den häufigen Bedarf (Bekleidung, Blumen). Das bedeutet konkret: von einst 23 Geschäften gibt es heute noch 13. Um 38 Prozent zugenommen hat hingegen das Angebot von Dienstleistungen wie Friseur, Kosmetik und Versicherung. Hier stieg die Anzahl von 21 auf 29 Anbieter. Es sei zu vermuten, dass diese Steigerung teilweise durch prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnsektor möglich wurde, wie etwa bei Friseuren.
Als mögliche Ursachen für den Ist-Zustand nennt Alfred Schmidt allerdings auch die "Bequemlichkeit der Bürger und mangelnde Bereitschaft, durch persönliches Handeln für die Erhaltung der Lebensqualität durch eine attraktive urbane Nahversorgung einzustehen".
"Wir sind noch in der Findungsphase"
Gar nicht einladend sieht der Gebäudekomplex Waldfriedhofstraße 92 bis 96 aus, der seit längerer Zeit leersteht. Hier waren einst eine Bank, ein Café und eine Drogerie beheimatet. Ein geplanter Neubau, in dem Ladenflächen in ähnlichem Umfang angeboten werden sollen, werde seit mehr als zwei Jahren immer wieder verschoben, heißt es in Schmidts Ausführungen. Der Baubeginn sei auch jetzt noch unbekannt. Das Plakat mit dem Hinweis auf eine provisionsfreie Vermietung auf dem hohen Gebäude weist die Rock Capital Group aus Grünwald als Investor aus. Dort hält man sich allerdings mit Auskünften zurück. "Wir sind noch in der Findungsphase", tönt es aus der Zentrale der privaten Vermögensverwaltung. Das Plakat sei nicht mehr aktuell. Auf der Homepage der Rock Capital Group wird das Projekt unter dem Begriff "LENA" angepriesen – nebst ansprechender Grafik. Ein "neues Quartierszentrums mit hochwertigen Einzelhandelsflächen sowie studentischem Wohnen in den Obergeschossen" solle es werden.
Nun soll die Stadtverwaltung München Stellung dazu nehmen, wie es im Stadtviertel, insbesondere in der Waldfriedhofstraße, mit der Infrastruktur aussieht. Ein entsprechender SPD-Antrag wurde einstimmig angenommen.
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