"Verschworener Haufen im besten Sinne"
Ehemalige "Wackerianer" kehren jedes Jahr zum Blaustern zurück
Schlackeplatz, Holzbaracken und Milzwurst: Mit diesen Worten mag man heute vieles assoziieren, aber ganz bestimmt nicht Fußball. Und doch rufen die wenig glamourösen Begriffe bei einer Gruppe von Menschen wundervolle Erinnerungen hervor - so prägend, dass sie immer wieder gerne zur Bezirkssportanlage an der Demleitnerstraße zurückkehren. Dorthin, wo der Ball - trotz riesiger Kohlestücke auf dem Feld und Trainer, die es nach heutigen Kriterien höchstens zu Betreuern geschafft hätten - offensichtlich gut gerollt war.
"Wir sind die Jahrgänge 1947 bis 1951 des FC Wacker München", erklärt der ehemalige Jugendspieler Eberhard Schubert. "Gespielt haben wir in der Oberbayern-Liga, zu damaligen Zeiten war das die höchste Jugendliga." Der Verein stand mit dem FC Bayern und den Löwen auf Augenhöhe, die Jugendmannschaft mit dem Blaustern auf der Brust war ein "verschworener Haufen im besten Sinne". Das zeigt sich auch heute noch, denn die Jungs von damals treffen sich "nach vier Jahrzehnten Abstinenz seit nunmehr vierzehn Jahren einmal jährlich im Vereinslokal 'Zum Blaustern' in der Wackersberger Straße", so Schubert. Das letzte Treffen fand im April 2022 statt. Angereist wird von nah und fern, sogar aus den Niederlanden. Kein Alter scheint zu hoch, kein Weg zu weit, um zum Sendlinger Traditionsverein zurückzukehren.
"Wir waren froh und dankbar"
Es sind die alten Erinnerungen, die sie heute noch zusammenschweißen: "Der Trainingsaufwand beschränkte sich auf Ausdauerläufe vom Wackerplatz nach Hinterbrühl und zurück, Treppensteigen am Harras, dreimal aufs Tor schießen und Spiel aufs ganze Feld", erinnert sich Schubert. "Keiner der damaligen Trainer hatte Ahnung von Fußball. Die brauchte auch keiner zu haben, wir waren alle Straßenfußballer und Ballstreichler. Wir waren froh und dankbar, dass sich jemand um uns gekümmert hat."
So denken die damaligen Spieler heute immer noch gerne an den alten Schlackeplatz und die Holzbaracken zurück, die vor dem Bau des Vereinsheims Mitte der 80er Jahre dort standen. Sie schmecken immer noch die Milzwurst, die ihnen ab der A-Jugend nach dem Training serviert worden ist. Sie reden über gemeinsame Unternehmungen abseits des Vereinslebens und gedenken ihrer Sportskameraden, die nicht mehr unter ihnen weilen.
Die Zeiten scheinen sich geändert zu haben. Fußball, selbst im Amateurbereich, gilt inzwischen als leistungs- und profitorientiert. Vereinswechsel am Ende der Saison sind gang und gäbe. Es bleibt zu hoffen, dass dem Vereinssport unserer schnelllebigen Zeit die soziale und verbindende Komponente, wie Eberhard Schubert sie beschreibt, erhalten bleibt: "Heute, mehr als 50 Jahre nach unserer Jugendkarriere freuen wir uns Wochen vorher auf unser Zusammentreffen, haben dann irren Spaß und sind immer noch stolz, ein 'Wackerianer' gewesen zu sein."
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