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"Unsere einzige Angst ist, dass das Wetter nicht passt!"

Angst schüren oder Fakten nennen: Sendling diskutiert über Verantwortung

Der Harras, Herzstück Sendlings. (Bild: job)

"Wenn es bleibt, wie es ist, sind wir auf einem guten Weg." So bewertet Christian Wittstadt, Leiter der Sendlinger Polizeiinspektion, die Sicherheitslage im Viertel. Er setzte im Bezirksausschuss Sendling die belegbaren Fakten der Polizei den Behauptungen des Internetforums "Angstraum-Melder" gegenüber, mit denen CSU-Bundestagskandidat Michael Kuffer "Unorte" in der Stadt benennen will.

"Zahlen sagen etwas anderes"

Die Beobachtungen der Polizei bestätigen die Angaben aus dem Internet nicht, sondern widerlegen sie. Beispiel Harras, den angeblich Jugendgruppen am Abend unsicher machen: "Der Harras ist keineswegs auffällig!" stellte Wittstadt richtig, ein "aggressives Auftreten von Jugendlichen ab 20 Uhr können wir nicht feststellen." Auch aus der Bevölkerung gebe es keine Meldungen, die ein solches Problem erkennen ließen. Natürlich komme es wie an anderen großen Plätzen auch auf dem Harras zu Straftaten. Aber: "Der Harras ist kein 'Angstraum'", hielt Wittstadt fest. Die Internet-Angaben zeichnen ein falsches Bild: "Die objektiven Zahlen sagen etwas anderes", meinte der Leiter der Polizeiinspektion. "Das deckt sich mit unseren Beobachtungen", ergänzte Bezirksausschussvorsitzender Markus Lutz, "die allermeisten Sendlinger fühlen sich auf dem Harras wohl."

"Ich fühle mich sicher"

Jens Erdmann (Grüne) sagte: "Angst ist ein subjektives Empfinden". Von Aktivitäten wie dem Angstraum-Melder halte er nichts. Dieses Kuffer-Projekt bewertete er als "gescheitert", da das Melder-Forum in der Millionenstadt offenbar nur 170 Einträge vorweisen könne.

Louisa Pehle (SPD) kritisierte den Angstraum-Melder als Wahlkampfelement: "Das ist Angstmacherei!" Die 170 Meldungen beträfen 20 Plätze, entsprechend wenige den Harras. "Ich bin oft am Harras", sagte sie, "ich fühle mich dort sicher."

"Die Polizei macht einen guten Job und wir sind stolz darauf, dass München zu den sichersten Großstädten gehört", räumte Manuela Olhausen (CSU) ein, verteidigte aber die Angstraum-Kampagne. Es gehe um die "subjektive Zunahme von Angst", erläuterte sie, und die müsse natürlich nicht als tatsächliche Kriminalität fassbar werden. Diese Angst wolle das Forum aufgreifen. 170 Einträge sind für sie eine "ordentliche Zahl", meinte sie. Repräsentativ sei das Forum aber auch für sie nicht.

"Wir haben die Verantwortung"

"Wir haben die Verantwortung, ob wir ein subjektives Gefühl anfeuern oder ob wir mit Fakten Sicherheit geben", brachte es Elisabeth Robles-Salgado (Grüne) auf den Punkt. Menschengruppen wirken auf manche Leute unangenehm. Aber: "Manche Menschen verwechseln eine unangenehme Situation mit einer gefährlichen." Sie erinnerte daran, dass die meisten Gewalt- und Sexualdelikte im engsten Familienkreis geschehen - ohne dass Menschen die eigene Familie als "Angstraum" benennen würden.

"Die C-Parteien schüren Angst", kritisierte Erdmann. Subjektive Empfindungen solle man ernst nehmen - aber nicht schüren. Diesen Vorwurf richtete Robles-Salgado an Kuffer: "Er macht Angst. Er macht die Menschen unsicher." Ihr Appell: "Lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass Sendling sicher ist!" Dazu rief auch PI-Leiter Wittstadt auf: "Wir sollten gemeinsam an einem Strang ziehen", legte er den Sendlingern nahe.

Deren Angst hält sich in Grenzen, wie Markus Lutz zeigte. Er sagte: "Die einzige Angst, die wir am Harras haben, ist, dass das Wetter bei unserem Fest nicht passt!"


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