Stadtrat soll Versorgung nicht gefährden
Großmarkt: Sendlinger wehren sich gegen Querschläger

Bunt, frisch, vielfältig und quicklebendig: der Großmarkt in Sendling. (Foto: Grossmarkt in Sendling Jetzt.)
Die Großmarkthalle München ist ein essentieller Faktor für die Versorgung der Landeshauptstadt München mit frischem Obst und Gemüse. Die Aufgaben der Markthallen München gehören zur wichtigen Daseinsvorsorge für die Stadtbevölkerung. Dort beziehen zahlreiche kleine und mittlere Händler und Gastwirte ihren Bedarf an diesen Lebensmitteln. Die alten Hallen müssen aber saniert werden, ein Neubau soll errichtet werden. Noch im Juli soll der Stadtrat entscheiden, wie es weitergeht.
Machtspiele gefährden das Viertel
Die Sendlinger stehen hinter "ihrem" Großmarkt, die allermeisten Händler wollen am bisherigen Standort bleiben. Der Stadtrat hat sich ebenfalls für den Verbleib des Großmarkts in Sendling ausgesprochen - und doch ist plötzlich wieder von einer Verlagerung des Großmarkts ins Umland die Rede. "Wir befürchten, dass die eigentliche Sache wegen politischer Machtspiele und Geplänkel in den Hintergrund tritt", sagte Hans Buchhierl, Standortinitiative "Großmarkt in Sendling. Jetzt." bei einer Führung vor Ort. Dabei wolle der überwiegende Teil der 400 Händler in Sendling bleiben. Sie müssen ber endlich wissen, wie es weitergeht. Sie wollen langfristig planen können. "In den letzten sechs, sieben Jahren ist für die Händler nichts Greifbares passiert", merkt er an.
Die Argumente für den Verbleib des Großmarkts in Sendling seien offenkundig, ergänzt Oliver Rob von der Standortinitiative. Der Betrieb sichere 2.500 meist wohnortnahe Arbeitsplätze, bringe Gewerbsteuer nach München und garantiere eine einzigartige Versorgung der Sendlinger und Münchner. "Der Standort funktioniert", unterstrich er. "Das Potential ist da. Der Wunsch zu bleiben ist da. Die Möglichkeiten dazu sind da." Bei einer Führung für Stadträte und Bezirksausschuss zeigte die Standortinitiative die aktuelle Bedeutung des Großmarktes und die Möglichkeiten, die sich durch einen Neubau in Sendling ergeben.
Petition für die Großmarkthalle
Auf der Plattform www.openpetition.de hat Markus Lutz, Sendlings Bezriksausschussvorsitzemnder, eine Petition an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter gestartet. Damit wollen die Unterzeichner dem Stadtrat und der Öffentlichkeit klar machen: Die Großmarkthalle muss modernisiert werden und in Sendling bleiben!
Der Münchner Stadtrat und die Sendlinger Bürgerschaft haben die Garantie – die Großmarkthalle bleibt in Sendling und wird saniert bzw. neu gebaut! - seit 2009 immer wieder bestätigt, erklärt Lutz. Warum sollten wir darauf 2017 verzichten? Warum sollten wir die Versorgung Münchens den Supermärkten und Discountern überlassen und uns deren Marktmacht unterwerfen? Warum sollten wir dafür die gewachsene Struktur vieler kleiner dezentraler Händler aufgeben, die unsere Wohnquartiere und die lokale Gastronomie versorgen? Kann der Münchner Stadtrat das wirklich wollen?
Eine Großmarkthalle 20 Autobahnkilometer östlich der Stadt gefährdet 2.500 Arbeitsplätze in der Halle, nochmal weitere 3.000 im großmarktnahen Gewerbe rund um die Halle in Sendling und München verliert jede Menge Gewerbesteuerzahler.
Zur Petition geht es hier.
Mitmachen unter: https://www.openpetition.de/petition/online/muenchen-braucht-die-grossmarkthalle.
Antrag im Bezirksausschuss
Sendling war immer ein zentrumsnaher Stadtteil mit einer guten Mischung aus Wohnen und Gewerbe. Diese Mischung und vor allem die Großmarkthalle sind für Sendling genauso identitätsstiftend wie der alte Ortskern. Die Bürgerversammlungen 2014 und 2015 haben dem Fortbestand der Großmarkthalle einstimmig unterstützt und einen Antrag auf Verlagerung einhellig abgelehnt. Die SPD Sendling will nächste Woche im Bezirksausschuss einen weiteren Antrag einbringen, der den Verbleib des Großmarkts am historischen Ort und die Freigabe der Mittel - noch in diesem Sommer - zum Neubau der Großmarkthalle in Sendling und zur Sanierung der alten Großmarkthalle fordert.
Ein Stadtrat, der 450 Millionen Euro für die Sanierung des Gasteig, 130 Millionen Euro für den Neubau des Volkstheaters und 100 Millionen Euro für eine kleinen Tunnel am Englischen Garten ausgeben kann, dürfe nicht wegen einiger zehn Millionen Euro durch eine Verlagerung des Großmarkts einen Schaden anrichten, der ein ganzes Viertel und sein Gewerbe betrifft, erklärt die Sendlinger SPD. Zudem seien ja seit mindestens neun Jahren mit Millionenaufwand Planungen und Studien für Sanierung und Neubau erstellt worden.
Händler wollen in Sendling bleiben
Händler, Erzeuger und Betreiber des Großmarktes in München haben sich zur Standortinitiative „Großmarkt in Sendling. Jetzt.“ zusammengeschlossen, um sich für den baldigen Neubau einer Großmarkthalle am traditionsreichen Standort in der Schäftlarnstraße auszusprechen. Die Standortinitiative möchte durch Aufklärungskampagnen auf die Bedeutung des Großmarktes für den Stadtteil Sendling und München hinweisen. Dabei ist der Großmarkt in Sendling nicht nur regionale Vermarktungsplattform, sondern auch Integrationsmotor, Wirtschaftsfaktor und Kulturgut mit mehr als 300 Firmen und über 2.500 Arbeitsplätzen aus mehr als elf Nationen. Der Großmarkt in Sendling ist seit 105 Jahren Umschlagplatz zwischen Erzeugern aus südeuropäischen und anderen Ländern sowie Einzelhändlern, Hotels oder Gastronomen und ermöglicht dadurch die Vielfalt an Obst, Gemüse und Blumen.
Bürger für ihre Halle
Das sagen die Sendlinger:
"Die Kirche bleibt im Dorf"
"Seit über hundert Jahren ist die Großmarkthalle ein Teil von Sendling. Das soll so bleiben! Die Halle ist ein gewachsenes und erfolgreiches Netzwerk zwischen Erzeugern, Händlern, Kunden und dem Stadtteil. Sie ist ein Teil der Daseinsvorsorge für München. Schlechte Erfahrungen mit der Verlagerung von Großmärkten ins Umland haben bereits Paris, London und Frankfurt am Main gemacht. Die Kirche bleibt im Dorf, der Bauch von München in der Mitte."
Claudia Platter-Götting (SPD), Bezirksausschuss Sendling
"Viele Arbeitsplätze"
"Für mich als gebürtigen Sendlinger gehört die Großmarkthalle einfach zu Sendling! Nicht zuletzt wegen des historischen Wertes und auch wegen der vielen Arbeitsplätze!"
Philip Fickel (SPD), Bezirksausschuss Sendling
"Warum sollten wir darauf verzichten?"
"Ich unterstütze die Petition 'München braucht die Großmarkthalle'. Seit über hundert Jahren garantiert die Großmarkthalle in Sendling die Versorgung Münchens mit frischem Obst und Gemüse - eine städtische Leistung der Daseinsvorsorge wie die Sorge um frisches Wasser, Kindergärten oder Trambahnen. Warum sollten wir darauf verzichten? Die Landeshauptstadt muss sich nun positiv für den Standort entscheiden, um diese Versorgung nicht zu gefährden."
Ernst Dill (SPD), Bezirksausschuss Sendling
"Alle schätzen die kurzen Wege"
"Die Großmarkthalle in Sendling versorgt durch ihre zentrale Lage die gesamte Stadt München und deren Umland (ca. 5 Mio. Menschen) mit frischem Obst, Gemüse, Blumen und Pflanzen. Sie ist nach Paris und Barcelona die drittgrößte Markthalle Europas. Ca. 400 Unternehmen bieten ihre Produkte dort für Viktualen-, Elisabethmarkt, Hotels, Restaurants, Großküchen, Kantinen und Blumenhändlern an; sogar Großkunden wie Aldi, Rewe usw. nutzen die Angebote, deren Qualität durch die durchgängige Kühlkette unübertroffen ist. Auch das Stadtbild wird durch die Großmarkthalle Sendling geprägt, nämlich mit der Standlfrau an der U-Bahnstation, an der Straßenecke, auf dem Harras. Denn diese Standlfrau bezieht ihre Ware ausschließlich aus der Großmarkthalle Sendling.
Waren, die dem hohen Qualitätsanspruch nicht mehr genügen, werden an die Münchner Tafel abgegeben. Nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignete Ware wird dann an den Tierpark weitergegeben. In der Großmarkthalle Sendling finden auch Menschen mit geringem Bildungsstand Arbeit und Lohn. Alle Beteiligten dieser Gemeinschaft schätzen besonders die kurzen Wege.
Besonders hervorheben möchte ich den geplanten Anschluss an das Fernkühlungsnetz der Stadtwerke München vom Gelände des Heizkraftwerks auf der gegenüberliegenden Seite in der Schäftlarnstraße. Die gesamte Kühlung wird dann von dort aus bezogen. Die geplante Großmarkthalle würde damit zum größten Kunden der Stadtwerke München für Fernkühlung werden.
Die Großmarkthalle war und ist ein kulinarischer Kosmos, der seit 105 Jahre den Stadtteil Sendling prägt, auf den die Sendlinger Bevölkerung und alle Parteien des Bezirksausschusses nicht verzichten wollen und mit allen Möglichkeiten dafür werben, dass es so bleibt!"
Ilse Holzbauer (SPD), Bezirksausschuss Sendling
"Für Sendling wichtig"
"Der Münchner Großmarkt ist für Sendling wichtig: Er gibt dem Stadtviertel durch seine über 100-jährige Traditionsgeschichte eine kulturelle Identität. Er gibt aber auch über 2.500 Menschen einen Arbeitsplatz . Die Vielfalt der Münchner Gastronomie lebt von hier aus. Auch für sie ist der zentrale Standort wichtig, denn man kommt aus allen Stadtvierteln gut hierher!"
Kunsthistorikerin Constanze Lindner Haigis
"Hier ist schon alles da"
"Die Sendlinger stehen hinter ihrem Großmarkt. Die Anwohner an einem möglichen neuen Standort wissen nicht, was bei einer Großmarkt-Verlagerung auf sie zukäme. Hier in Sendling ist schon alles vorhanden und miteinander vernetzt!
Jetzt muss für Sendling endlich eine Entscheidung kommen, was wann hier passiert. Der Stadtrat soll im Juli eine Entscheidung für Sendling treffen, damit die Händler endlich langfristig planen können!"
Hans Buchhierl, Standortinitiative "Großmarkt in Sendling. Jetzt."
"Alternative wäre keine"
"Jeder braucht den Großmarkt. Wir wollen zeigen, was auf diesem Gelände passiert, wir wollen die Stimme für den Großmarkt sein. Ein alternativer Standort außerhalb der Stadt wäre lediglich eine große Halle mit 20 oder 30 Händlern, aber niemals eine gewachsene und kleinteilige Struktur, wie wir sie brauchen und wie sie hier in Sendling da ist!"
Oliver Rob, Standortinitiative "Großmarkt in Sendling. Jetzt."
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH