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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Sie wird kein Problemkind!"
In Sendling gerät die Utting in stürmisches Gewässer
Nur drei Tage: Länger brauchte die Stadtverwaltung im Februar nicht, um den Bauantrag für die Aufstellung der MS Utting auf der Eisenbahnbrücke über der Lagerhausstraße zu genehmigen. In dieser Baugenehmigung sind indes wesentliche Fragen für den Bezirksausschusses Sendling offen. So fehlt zum Beispiel eine Betriebsbeschreibung für die geplanten Veranstaltungen auf der Utting. Dabei hatte Daniel Hahn vom Verein Wannda, der die Utting nach Sendling brachte, schon vor dem spektakulären Umzug des Ammerseedampfers dem Bezirksausschuss (BA) Sendling Pläne für Veranstaltungen und Cafebetrieb auf dem Schiff vorgestellt. Der BA selbst möchte seine August-Tagung an Bord abhalten. Das alles ist laut Baugenehmigung vom Februar nicht möglich. Dieser Genehmigung zufolge darf das Schiff nicht einmal für Führungen betreten werden, sondern ist lediglich ein Kunstobjekt, hieß es im BA.
Ärger im Bezirksausschuss
"Dann ist ja alles nichtig, was Herr Hahn uns im Februar gesagt hat", zeigte sich BA-Mitglied Elisabeth Robles-Salgado (Grüne) verärgert. BA-Vorsitzender Markus Lutz (SPD) vermutet, dass es neben der Baugenehmigung mündliche Zusagen der Stadtverwaltung für einen entsprechenden Kulturbetrieb auf dem Schiff gibt. "Die Selbstverständlichkeit, mit der Herr Hahn von weiteren Genehmigungen ausgeht, ist eine Verarschung", ergänzte Robles-Salgado.
"Was sollen wir noch aushalten?"
Beunruhigt zeigte sich auch Silvia Haas, die für die Grünen im benachbarten Bezirksausschuss Ludwigs- und Isarvorstadt sitzt. Sie berichtete dem Sendlinger BA von einem Ortstermin am Schiff und gab ihre Bedenken gegenüber einem Kultur- und Gastrobetrieb auf der Utting weiter. Besucher auf dem Schiff könnten mangels Schutz leicht Gegenstände wie Flaschen von der Brücke auf die Straße fallen lassen; vor allem aber eine mögliche Lärmbelästigung durch Veranstaltungen auf der Utting macht Haas Kopfzerbrechen. Das Schiff habe keinerlei Lärmisolierung; die Anwohner im Dreimühlenviertel bekämen schon jetzt den Lärm aus dem Viehhof mit. Immer wieder gebe es Beschwerden über den Bahnwärter Thiel dort, der ebenfalls von Daniel Hahn bzw. Wannda verantwortet wird. Haas fürchtet u.a., dass die Utting um einen Wirtsgarten ergänzt wird. "Was sollen wir noch alles aushalten?" fragte sie im Namen der Anwohner. Nahe der Utting gebe es schließlich auch Wohnhäuser - und an denen rausche die ganze Nacht die Bahn mit 120 Dezibel vorbei. "Langsam ist es zuviel!" so Haas.
Kritisch sehen auch die Sendlinger Grünen einen Wirtsgarten. "Von einem Wirtsgarten war nie die Rede", sagte Rene Kaiser. Der Schall aus einem solchen Wirtsgarten gelange direkt in die Wohnungen der Anwohner.
Gefahr im Gleisbereich
Michael Kaiser (CSU) wies zudem darauf hin, dass es bereits mehrfach gefährliche Ereignisse im Gleisbett gab, seit die Utting auf der Bahnbrücke steht. Das Schiff sei ein Besuchermagnet, viele Leute halten sich dort auf und laufen mitunter einfach über die Gleise, um zur Schiffsbrücke zu kommen. Hier müsse man dringend für mehr Sicherheit sorgen.
Informationen fehlen
Ernst Dill (SPD) kritisierte, dass der Sendlinger Bezirksausschuss nicht zu der im Februar erteilten Baugenehmigung für die Utting gehört und unterrichtet worden sei. Er forderte die Vorlage von Bauplänen und Betriebsbeschreibung. "Wir brauchen vollständige Informationen", unterstrich er und teilte die Lutzsche Vermutung, dass es möglicherweise bereits einen weitergehenden Bauantrag für die Utting gebe.
"Sorgen sind unbegründet"
Ein solcher Antrag ist bereits eingereicht, bestätigte Daniel Hahn dem Sendlinger Anzeiger. "Wir stehen in engem Kontakt mit den Behörden und arbeiten mit Hochdruck an der Fertigstellung", schildert er die aktuelle Situation der Utting. Wann genau das Kulturschiff eröffnet werden kann, sei aber noch nicht abzusehen. Hahn erklärt die "lückenhafte" Baugenehmigung vom Februar mit dem damals herrschenden Zeitdruck. Die Utting musste schließlich sehr schnell aus dem See geholt werden, weil ihr Nachfolgeschiff bereits im April in den Ammersee gelassen wurde. "Wir hatten diesen Ablauf so festgelegt", erklärt er, "zunächst wurde nur die Aufstellung des Schiffs auf der Brücke - mit den nötigen statischen Nachweisen - beantragt." Es sei der Kürze der Zeit geschuldet, dass die Genehmigungen für den Aufenthalt von Personen auf dem Schiff und den Veranstaltungsbetriebin einem zweiten Schritt eingereicht wurden.
Silvia Haas Bedenken hält Hahn nicht für gerechtfertigt. Die Utting sei 150 Meter von den nächsten Wohnhäusern entfernt. "Ich habe bisher noch keine kritischen Stimmen außer ihrer gehört", sagt er. "Wir haben uns bemüht, Einblick zu gewähren und zu zeigen, dass hier etwas Schönes entsteht." Noch sei unklar, welche Veranstaltungen an Bord der Utting stattfinden werden, aber: "Es gibt klare gesetzliche Regelungen wegen Lärm - daher sind Sorgen wegen der Lautstärke unbegründet", sagt Hahn. Die Utting werde "kein wilder Nachtclub", verspricht er, "sie wird kein Problemkind!"
Grüne uneinig
Ganz anders als die Grünen im BA bezog Peter Heilrath, Bundestagskandidat der Grünen im Münchner Süden, Stellung zur Utting. Er kritisierte insbesondere seine Parteifreundin Haas: "Für den Vorstoß von Silvia Haas habe ich kein Verständnis", sagte er, "das ist das beste Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte, wenn man die Aufgabe hat, widerstrebende Interessen aufzulösen." Die Politik solle Initiativen wie die von Daniel Hahn mit offenen Armen aufnehmen und mit ihm gemeinsam Hürden überwinden und Lösungen für mögliche Konflikte suchen, statt Knüppel zwischen die Beine zu werfen, so Heilrath. Seine Vermutung: "Daniel Hahn bekommt hier offensichtlich Prügel für eine allgemein zu geringe Einbindung der BAs an anderen Stellen."
Alles, was auf dem Schiff passieren wird, müsse die normalen Genehmigungswege und Sicherheitsvorschriften und insbesondere die bestehenden Lärmimmissionsregeln einhalten, räumte aber auch Heilrath ein. Im Gegensatz zu Silvia Haas, die auf die wiederkehrenden Messungen am Viehhof verwies, hat er "wenig Zweifel, dass Daniel Hahn das genau weiß und sich daran halten wird."
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