"Sie ließ sich von niemandem den Schneid abkaufen"
Der Platz am Obelisken wird nach der Antifaschistin Resi Huber benannt
Resi Huber wollte nie eine Widerstandskämpferin genannt werden. Als 22-Jährige hatte sie den ins KZ Dachau Verschleppten geholfen; sie hat u.a. Briefe und Lebensmittel für die Gefangenen ins Lager geschmuggelt. Obwohl sie damit ihr Leben riskiert hat, hat sie später immer darauf hingewiesen, welche Opfer die "wirklichen Widerstandskämpfer" gebracht haben. "Aber objektiv gesehen war das, was Resi Huber damals gemacht hat, antifaschistischer Widerstand", sagte Ernst Antoni, als Resi Huber im März 2000 auf dem Waldfriedhof zu Grabe getragen wurde, "Widerstand gegen ein verbrecherisches Regime in seiner unmittelbaren Form: als praktizierte Solidarität mit den Schwächsten, den Opfern dieses Regimes".
Zwei Jahre auf der SS-Plantage
Resi Huber wurde am 13. Dezember 1920 in Dachau in einfachen Verhältnissen geboren. Nachdem ihr Bruder 1941 gefallen und ihr Vater wenig später gestorben ist, findet sie Arbeit in der Buchhaltung der "Plantage", einem SS-Wirtschaftsbetrieb, in dem Gefangene des Konzentrationslagers arbeiten. Zwei Jahre ist das "Wild-Reserl" hier beschäftigt. In ihren Erinnerungen erzählt sie über die Plantage: "Probiert hat man alles, was man mit Pflanzen hat machen können, damit man von Einfuhren aus dem Ausland unabhängig wird. Um Ernährung ist es gegangen und um Medizin. Da sind zum Beispiel Versuche gemacht worden im Hinblick auf den Krieg im Osten, wie man ganze Völker ernährungsmäßig mit einem Minimum versorgen kann. In den Konzentrationslagern haben sie auch medizinische Experimente an Menschen gemacht und dann so Naturheilmittel ausprobiert, an denen sie im Labor der Plantage gearbeitet haben".
"Ich hab nicht wegschauen können"
In der KZ-Plantage erfährt Resi Huber unmittelbar, was Leben und Sterben in einem Konzentrationslager bedeuten - auch wenn ihr ein SS-Mann versichert, der Gestank aus dem Krematorium stamme von einem Hasenstall. Dass Sie trotz des großen Risikos für sich selbst den Gefangenen half, war für Resi Huber eine Selbstverständlichkeit. "Ich hab da doch nicht einfach wegschauen können", meinte sie. "Sie ließ sich von niemandem den Schneid abkaufen", würdigte Ernst Antoni später ihre mutige Haltung. Resi Huber selbst schilderte es so: "Es ist mir immer so vorgekommen, dass ich in meiner Tasche zu wenig habe, um den Menschen etwas zu geben. Es ist einfach die große Not, die einem da begegnet ist. Einmal lag ein junger Mensch da, das Gesicht so weiß wie Kalk. Und ich hab nichts in meiner Tasche gehabt. Muss vorbei gehen und den da liegen lassen. Das ist mir mein Leben lang hängen geblieben, dass ich da nichts gehabt hab. Die haben die Graserl rausgetan und haben die Wurzeln gegessen".
"Für Resi war klar: Das muss man machen, da schaut man nicht weg", erzählt auch Helene Sinzinger, die Resi Huber bis zu ihrem Tod über viele Jahre freundschaftlich verbunden war, "aber sie war sich der Gefahr bewusst. Sie hat das nicht aus Naivität getan." Für ihren politischen Weggefährten Fred Schmid ist Resi Huber "ein Beispiel für Zivilcourage: dass man nicht wegsieht, dass man eingreifen muss. Wo sie helfen konnte, half sie. Sie hat immer Partei ergriffen".
Leben und streiten für den Frieden
Resi Huber trat nach dem Krieg der KPD, später der DKP bei und engagierte sich gewerkschaftlich. Vor allem aber wollte sie die Erinnerung an das Erlebte bewahren und weitergeben und sich für den Frieden einsetzen. Sie arbeitete daher u.a. in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes bzw. im Bund der Antifaschisten mit und suchte das Gespräch mit jungen Leuten, schilderte ihre Erlebnisse in der Sendlinger Kulturschmiede, an der Uni und gab sie vor allem in der Otto-Huber-Hütte am Ammersee weiter, die sie zu einem antifaschistischen Bildungszentrum und zur internationalen Begegnungsstätte ausbaute.
Helene Sinzinger beschreibt Resi Huber als eine bescheidene, warmherzige und lustige Frau. "Sie hatte ein großes Herz mit sehr viel Lebenserfahrung". Ihr Eintreten für den Frieden betrachtete Resi Huber als "ihre alles übergreifende Lebenslinie", meint Sinzinger. Da konnte die Antifaschistin auch streitbar sein. "Es gab harte politische Diskussionen" - etwa um den Krieg in Jugoslawien, erinnert sich Fred Schmid: "Sie war kein perfekter Mensch, sie war keine Heilige".
Vermächtnis an die Jugend weitergeben
"Mit ihrem ganzen Herzen setzte sie sich für das Nicht-Vergessen ein", so Helene Sinzinger, "sie wollte das unbedingt weitertragen und als Vermächtnis an die junge Generation weitergeben". Mit der in den 90er Jahren "wiedergefundenen Liste" veröffentlichte Huber die Namen von 60 von den Nazis ermordeten Münchner KPD-Mitgliedern und versuchte, ihre Geschichte zu bewahren. Doch noch immer gibt es auf der Liste Namen von Menschen, über die man so gut wie nichts mehr weiß.
Platzbenennung als Signal
Im März 2000 starb Resi Huber in Sendling. Der Stadtrat (Kommunalausschuss) hat am vergangenen Donnerstag beschlossen, den bisher namenlosen Platz am Obelisken über dem U-Bahnhof Brudermühlstraße nach ihr zu benennen. Das hatte der Sendlinger Bezirksauschuss vor einem Jahr beantragt. Für Helene Sinzinger ist die Benennung ein Signal gegen das Vergessen und wichtig in einer Zeit, in der rechtes Gedankengut wieder zunimmt.
Der Resi-Huber-Platz umfasst nur die gepflasterte Fläche rund um den Obelisken, so dass für die Bewohner der eigentlich am Platz liegenden Häuser Thalkirchner Straße 131 / 133 keine Adressänderung nötig wird.
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